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Wer in den USA einen soliden und günstigen Haarschnitt benötigt, der geht zu Great Clips. Die Friseurkette verspricht nicht die Exklusivität und den Glamour von teuren Salons - man braucht nicht einmal einen Termin. Aber vielleicht ist die Geschichte der mehr als 4400 Great Clips-Läden in Nordamerika gerade deshalb eine Erfolgsgeschichte. Sogar in der Coronakrise, in der es Friseursalons während des Lockdowns überall schwer hatten, liefert Great Clips positive Nachrichten.
Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus: Im Städtchen Springfield im US-Bundesstaat Missouri hatten zwei Friseure mit einer unerkannten Coronainfektion in einem Great Clips-Salon mehr als 140 Kunden die Haare geschnitten. Mitte Mai wurde der Fall bekannt, damals hatten auch US-Medien darüber berichtet.
Als eine der beiden Stylistinnen erste Symptome zeigte, durften die Geschäfte dort gerade wieder öffnen. Weil es in der Region nur sehr wenige Fälle gab, dachte sie nicht an eine Infektion mit Corona und schob Husten und Fieber auf eine normale Erkältung. Einige Tage später zeigte ein Kollege ebenfalls Symptome. Aber beide arbeiteten noch eine Woche weiter und kürzten Haare oder richteten Dauerwellen.
Ein Friseursalon, zwei infizierte Mitarbeiter und ein Handwerk, bei dem man bei seinen Kunden mit den Händen nah am Gesicht wirkt - eine bessere Ausgangslage für die Verbreitung des Virus kann es eigentlich nicht geben. Als der Fall vor einigen Wochen bekannt wurde, erwartete die Gesundheitsbehörde von Springfield-Greene County folgerichtig eine Welle an Infektionen im Ort. Aber glücklicherweise kam es nicht zu einem Superspreader-Event. Die beiden trugen vorsorglich einfache Masken aus Stoff, genau wie es die Stadt Springfield angeordnet hatte. Und auch die Kunden hatten Nase und Mund bedeckt, heißt es in einem Bericht der "New York Times".
Die Gesundheitsexperten der Centers for Disease Control and Prevention haben den Fall ausführlich untersucht und nun einen Bericht vorgelegt. Nachdem die beiden Friseure positiv getestet und in Quarantäne geschickt wurden, ermittelten sie alle 139 Kunden und schickten sie ebenfalls für zwei Wochen in Quarantäne. Keiner berichtete, dass er sich in dieser Zeit krank gefühlt habe. Die Forscher boten den Kunden auch kostenlose Corona-Tests an. Siebenundsechzig ließen sich untersuchen - alle waren negativ. In Interviews erfragten sie zudem, ob die Masken für die Dauer der Behandlung, die mindestens 15 Minuten in Anspruch nahm, vorschriftsmäßig getragen wurden. Das war nahezu immer der Fall. Auch die Kollegen in dem Salon haben sich offenkundig nicht angesteckt.
Die Episode aus Springfield, Missouri zeigt, dass schon einfachste Masken aus Stoff einen schützenden Effekt haben können. Zwar dürften auch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben. Aber die "konsequente Umsetzung von Richtlinien zur Gesichtsbedeckung könnten die Ausbreitung von Infektionen in der Allgemeinbevölkerung verringern", heißt es in dem Bericht. Manchen Kunden trugen sogar nur einfache Baumwolltücher, andere schützende medizinische Masken.
Weniger Infektionen durch Masken
Noch immer zweifeln Menschen am Sinn von Masken zur Eindämmung des Coronavirus. Sogar die Weltgesundheitsorganisation (WHO) war lange skeptisch und änderte ihre Postion erst vor wenigen Wochen. Selbstgemachte Masken aus Stoff oder medizinischer Mund-Nasen-Schutz (MNS) seien durchaus empfehlenswert in öffentlichen Verkehrsmitteln, Läden und anderen Einrichtungen, wo ein Abstand von mindestens einem Meter nicht eingehalten werden könne, heißt es in den aktuellen Empfehlungen. Zuletzt deuteten immer mehr Untersuchungen auf einen positiven Effekt hin - zumindest bei richtiger Anwendung.
In Jena, der ersten Stadt in Deutschland, die eine Maskenpflicht einführte, fanden Forscher starke Hinweise darauf, dass konsequent getragene Masken die Covid-19-Fallzahlen tatsächlich reduzieren und eine Schutzwirkung besteht. Nach dem ermutigenden Fall von Springfield können die Menschen also wieder beruhigt zum Friseur gehen, wenn alle eine Maske tragen und umsichtig miteinander umgehen.
joe