Gerüchten zu Folge ist es ja eine Erfindung von Bannon und Alex Jones. Jetzt wollen die "Qler" ihrem großen Guru ganz nahe sein und auch ins Weiße Haus einziehen.
Da sind doch wirklich nur noch die total denk-, merk- und bildungsbefreiten Vollhonks unterwegs.
Spoiler
07.07.2020, 20:05 Uhr
Verschwörungstheoretiker haben ein neues Ziel: Das US-Parlament
Anhänger der QAnon-Verschwörungstheorie glauben, dass Donald Trump einen heimlichen Kampf gegen eine satanische Loge aus Kinderschändern führt. Lange verbreiteten sie das nur im Internet. Im November werden einige von ihnen auf dem Wahlzettel stehen.
Am Wochenende wählte der Amerikaner KW Miller eine ungewöhnliche Strategie für seinen Wahlkampf. Der konservative Geschäftsmann, der sich in seinem Wahlkreis in Florida um einen Sitz im US-Repräsentantenhaus bewirbt, griff auf Twitter aus dem Nichts Beyoncé Knowles an.
In mehreren Tweets beschuldigte er die weltberühmte Sängerin, in Wahrheit keine schwarze Texanerin zu sein, sondern eine Italienerin namens Ann Marie Lastrassi. Außerdem arbeite sie im Dienste des Milliardärs George Soros und trage "satanische Symbole" mit sich herum. Und all das habe, natürlich, mit "QAnon" zu tun.
QAnon-Anhänger wollen in den Kongress
Beyoncé, die in Texas aufgewachsen ist und nie Ann Marie Lastrassi hieß, äußerte sich -wenig überraschend - nicht zu der bizarren Verschwörungstheorie. Stars müssen in den sozialen Medien schon seit Jahren weit Schlimmeres erdulden. Der Unterschied ist, dass diese zusammenhangslosen Ausbrüche auf einmal von Menschen kommen, die schon nächstes Jahr Teil des amerikanischen Kongresses sein könnten.
Am 3. November wählen die Amerikaner nicht nur einen Präsidenten, sondern auch einen Großteil der 535 Kongress-Mitglieder in den zwei Kammern des amerikanischen Parlaments. Und der Beyoncé-besessene KW Miller ist nur einer von vielen neuen Kandidaten, die in ihrem Wahlkampf explizit auf die Verschwörungsideologie "QAnon" verweisen.
QAnon - zwischen Verschwörungsideologie und Sekte
Der Mythos von QAnon bezieht sich auf einen angeblichen Insider im amerikanischen Geheimdienst, der seit 2017 anonyme Online-Posts veröffentlicht und in dieser Zeit eine weltweite Gefolgschaft angehäuft hat. Die Posts sind dafür bekannt, Vorhersagen zu treffen, die nicht eintreten (dazu gehören etwa eine Verhaftung von Hillary Clinton 2018 oder ein klarer Erfolg für die Republikaner in den Parlamentswahlen im gleichen Jahr).
Im Kern verbreitet die QAnon-Ideologie den Glauben daran, dass fast sämtliche Medien und politische Institutionen der Welt von einer globalen Elite aus pädophilen Satanisten kontrolliert werden, und lediglich US-Präsident Donald Trump sich gegen diese Elite stellt. Anhänger der Verschwörungstheorie sind in der Regel Anhänger von Trump und haben häufig rechtsextreme Gesinnungen. Bei vielen von ihnen handelt es sich um fundamentale Christen, welche in ländlichen Gebieten der Vereinigten Staaten oft politisch den Ton angeben.
Viele Anhänger von QAnon isolieren sich von ihren Familien. Manche, wie ein Attentäter in einer Synagoge in Pittsburgh 2018, greifen zur Waffe. Doch nun, da im November die US-Wahlen bevorstehen, sehen Teile der sektenartigen Bewegung darin eine Chance, auch politisch vertreten zu sein.
US-Politik wird zum Spektakel
Ein knappes Dutzend offizielle Kandidatinnen und Kandidaten der Republikaner hat bereits öffentliche Sympathie für QAnon bekundet. Anders als der parteilose KW Miller hat von ihnen noch keiner öffentlich behauptet, Beyoncé sei Italienerin. Dennoch legen einige nahe, dass sie zumindest an Teile der Verschwörungstheorie glauben. Die Senatskandidatin Jo Rae Perkins aus Oregon etwa verwies in einer Rede im Mai explizit auf den angeblichen Insider Q, und die Kandatin Marjorie Taylor Greene aus Georgia sprach in einem Video von einer “einmaligen Gelegenheit, diese weltweite Kabale von Satan-verehrenden Pädophilen auszuschalten”.
Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass einige Anhänger der Verschwörungstheorie ein Teil des neuen amerikanischen Kongresses werden könnten - ob unter Donald Trump oder unter dessen Herausforderer Joe Biden. Und es scheint ebenso möglich, dass man sich in den USA schnell an diesen Zustand gewöhnen wird. Spätestens seit 2016 ein TV-Star zum Präsidenten gewählt wurde, betrachten viele Amerikaner die Politik ohnehin vor allem als Show-Spektakel. Dass Rapper Kanye West zuletzt angekündigt hat, selbst Präsident werden zu wollen, wirkt bei all dem, was dort gerade vor sich geht, fast wie eine Nebensache.