Zur Erinnerung: Phoenix (Arizona) ist der Verwaltungssitz des Maricopa County, das seine Berühmtheit den seltsamen Methoden eines Sheriffs namens Joe Arpajo verdankt ...
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Wie ernst die Lage in Arizona ist, lässt sich an dem Schild vor einem Buchladen in Phoenix erkennen: "Das Tragen von Masken im Laden ist jetzt Pflicht", steht dort. Bis vor wenigen Tagen war es lediglich eine Empfehlung.
Arizonas Gouverneur Doug Ducey hätte es gern dabei belassen, aber die Zahl der Neuinfektionen mit Covid-19 ist in seinem Staat so dramatisch gestiegen, dass Städte und Landkreise schon seit Längerem auf eine schärfere Regelung gedrängt haben. Seit vergangener Woche dürfen sie nun selbst entscheiden, wie streng sie gegen die Ausbreitung des Virus vorgehen wollen.
Das hat die Ausbreitung von Corona bislang nicht stoppen können. Arizona hat eine der höchsten Raten an Neuinfektionen im ganzen Land. Die Zahl der Patienten mit Covid-19 in den Krankenhäusern ist auf einem Rekordstand, noch nie mussten so viele Patienten an Beatmungsgeräte angeschlossen werden.
Für einen ist das eine besonders schlechte Nachricht: Während Corona in Phoenix wütet, will Donald Trump dort am Dienstag vor Studenten auftreten. 3000 Zuschauer sollen in einer Megachurch im Norden der Stadt dem Präsidenten zujubeln.
Desaster mit Ansage
Das sei ein "Gesundheitsdesaster mit Ansage", kritisiert die Zeitung "AZ Central". Trump dagegen verkündete, er sei "überhaupt nicht besorgt", was die Folgen seines Auftritts angehe.
Es ist bereits die zweite Kundgebung des Präsidenten in einem Staat, der als Corona-Hotspot gilt. In der vergangenen Woche hatte Trump in Tulsa in Oklahoma auf einer Wahlkundgebung geredet. Auch dort steigt die Zahl der Infektionen.
Das könnte sich in nächster Zeit noch häufiger wiederholen. In zahlreichen US-Staaten infizieren sich wieder mehr Menschen mit Covid-19. Neben Arizona registrierten Texas und zuletzt Florida Höchststände bei den Neuinfektionen. Das gilt auch für Georgia, South Carolina, Utah und Arkansas. Sie haben eine Gemeinsamkeit: Sie werden alle von republikanischen Gouverneuren regiert. Eine der wenigen Ausnahmen ist das demokratisch dominierte Kalifornien, das ebenfalls Höchstwerte meldet.
Diese Entwicklung macht es Trump unmöglich, das Virus aus dem Wahlkampf herauszuhalten, wie er es eigentlich vorhatte. Das Weiße Haus hat eingeräumt, dass es mit einer neuen Welle an Infektionen im Herbst rechnet.
Bislang sind Republikaner sorgloser
Bislang hat Trump versucht, seinen Anhängern weiszumachen, das Coronavirus sei weniger gefährlich, als es die Demokraten mit ihrer Panikmache behaupteten. Mit einigem Erfolg: Umfragen zeigen, dass republikanische Wähler sich weniger Sorgen um eine Corona-Erkrankung machen als ihre demokratischen Mitbürger.
Das könnte sich nun ändern. Die von Demokraten regierten Großstädte wie New York, Chicago oder Washington verzeichnen seit einiger Zeit sinkende Zahlen. Dagegen breitet sich Covid-19 nun auch in ländlichen Regionen aus, die mehrheitlich republikanisch wählen.
Trump behauptet, es liege daran, dass mehr getestet werde. Das allein aber, darin sind sich die Experten einig, ist nicht der Grund. Tatsächlich haben Forscher schon vor Monaten prognostiziert, dass Covid-19 nach den Städten auch die Provinz heimsuchen werde. Zudem sind besonders Staaten betroffen, die wie Texas und Florida erst spät mit landesweiten Regelungen gegen das Virus vorgegangen sind. Oder die, wie Georgia und South Carolina, gegen den Rat von Experten die Wirtschaft früh geöffnet haben.
Es hat auch nicht geholfen, dass Trump das Tragen von Masken zu einer politischen Frage gemacht hat. Dass seine glühenden Anhänger seltener Masken tragen, erhöht die Infektionsgefahr.
Statt nach dem Ende des Lockdowns in einem Triumphzug durchs Land zu ziehen, muss Trump sich wieder wegen seiner Corona-Politik rechtfertigen. Die hat von der Bevölkerung durchweg schlechte Noten bekommen und entscheidend zu seinem Umfragetief beigetragen.
Der Präsident schätzt die Lage als sehr ernst ein. Er habe seine Leute angewiesen, die Zahl der Tests herunterzufahren, sagte er am Wochenende auf der Kundgebung in Tulsa. Eine Sprecherin erklärte hinterher, das sei nur ein Witz gewesen.
"Das war kein Witz, das war ein Geständnis", erklärte Trumps demokratischer Gegenspieler Joe Biden. Trump hat das Gegenteil von dem erreicht, was er beabsichtige. Er hat gegen eine schnelle Schließung und für eine verfrühte Öffnung der Wirtschaft plädiert. Damit wollte er das Problem schnell lösen und aus dem Wahlkampf heraushalten. Stattdessen ist es wieder mittendrin.