Heute gibt es erneut "Zuschriften" und WE-Kommentare, die deutlich machen, in welche Richtung das Denken bei Hartherz geht:
[9:20] ET: Umstrittene Umwelthilfe klagt: Köln droht ein Diesel-Fahrverbot – obwohl die derzeitige Stickoxidbelastung ungefährlich ist
Warum sperrt man diesen Verein nicht einfach zu? Die Politiker dürfen wohl nicht.WE.
[11:00] Leserkommentar-DE:
Das Vereinsrecht ist in D und erst recht in CH ein wenig anders als in Österreich. In Österreich kann wie ich hörte ja schon die örtliche Polizei einen Verein auflösen. Das geht in D nicht so einfach.
Wenn man wollte und dürfte, würde man diesen Verein auflösen, denn er schadet der Politik schwer.WE.
WE möchte also einfach die Umwelthilfe auflösen bzw. verbieten. Der Leserkommentar-DE weist auf die Rechtslage hin. Ich erinnere ans GG:
Art 9
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Das Recht, einen Verein zu bilden (und zu betreiben) ist also ein Grundrecht und durch die Verfassung geschützt. Verboten werden können Vereine, deren Zwecke den Strafgesetzen zuwiderlaufen. Da Vereine in Deutschland üblicherweise der Eintragung ins Vereinsregister bedürfen und bei dieser Gelegenheit auch die Satzung mit dem Zweck geprüft wird, sollte es in der Regel gar keine (eingetragene) Vereine geben, die einen Zweck verfolgen, der den Strafgesetzen zuwiderläuft. Die Tätigkeit, die ein Verein tatsächlich (ggf. am Zweck vorbei) ausübt, darf den Strafgesetzen ebenfalls nicht zuwiderlaufen. Weiter darf sich ein Verein auch nicht gegen die Ordnung richten, die das Grundgesetz aufstellt, oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten.
Im Grunde gibt es also vier Fragen, die sich bei einem Vereinsverbot stellen:
1. Hat ein Verein einen strafbaren Zweck? - Umweltschutz ist m. W. nirgendwo verboten oder strafbar, im Gegenteil gibt es Gesetze, die Umweltschutz in verschiedenen Bereichen vorschreiben.
2. Begeht der Verein Straftaten? - Die Umwelthilfe betreibt Klagen vor Gerichten. Eine Klage einzureichen, ist keine Straftat. Sofern bei der Prozessführung nicht eine andere Straftat - z. B. Prozessbetrug - begangen wird, handelt es sich sicher nicht um strafbares Handeln.
3. Richtet sich der Verein gegen die grundgesetzliche Ordnung? - Ein Verein, der ein (grund)gesetzlich anerkanntes Ziel auf dem Rechtsweg verfolgt, richtet sich zweifellos nicht gegen die grundgesetzliche Ordnung.
4. Richtet sich der Verein gegen den Gedanken der Völkerverständigung? - Zunächst einmal betrifft die Tätigkeit der auf Deutschland beschränkten Umwelthilfe diesen Gedanken gar nicht.
Prima facie ist also nicht erkennbar, dass die Umwelthilfe Anlass zu einem Verbotsverfahren böte. Dass ihre Tätigkeit der Regierung lästig sein mag, stellt keinen Grund für ein Verbot dar. Im Rahmen der Rechtsordnung darf jedermann andere Ansichten als die Regierung vertreten. Das nennt sich Opposition und gehört zum politischen Pluralismus.
Wenn übrigens die Sache so eindeutig ist, wie WE und seine "Zuschreiber" angeben, droht ja auch keinerlei Gefahr von den Klagen der Umwelthilfe. Denn deutsche Gerichte können nicht einfach so Dieselfahrverbote erlassen, sondern brauchen dafür eine gesetzliche Grundlage und entsprechende Beweise, die ein solches Verbot rechtfertigen. Wenn es zutrifft, dass keinerlei Beweise für eine Gefährdung durch Dieselemissionen vorliegen, darf ja ein Gericht auch kein entsprechendes Verbot verfügen. Wenn WE&Co. ihre eigenen Voraussetzungen ernst nähmen, müssten sie einem Gerichtsentscheid eigentlich gelassen entgegen sehen, denn dieser kann ja nur ergeben, dass die Klagen der Umwelthilfe völlig unbegründet sind. (Es scheint aber beinahe, dass WE&Co. sich bezüglich der Begründetheit dieser Klagen selbst nicht ganz sicher sind.)
Man sieht hier aber wieder deutlich:
- Grundrechte sind WE&Co. schnuppe.
- Die Einhaltung der Rechtsordnung ebenfalls.
- Staatliches Handeln soll sich rein nach Opportunität richten, letztlich schwebt ihnen ein Willkürstaat vor.
- Opposition, eine andere Meinung, Pluralismus sind ihnen unerträglich. Sie wünschen sich eine Uniformierung der Bevölkerung.
- Ein ergebnisoffener Prozess, z. B. in einem kontradiktorischen Gerichtsverfahren, ist ihnen unerträglich. Sie bestimmen autoritär, was als richtig, wahr bzw. gut zu gelten habe.