Das nicht, aber viele der Reaktionen vom Kontinent sind völlig daneben. Wie kann man als mindestens durchschnittlich intelligenter Mensch - Politiker, Journalist - vom Unterhaus eine Abstimmung über Gesetze und Verträge erwarten, die noch gar nicht ausgearbeitet bzw. den Abgeordneten nicht zur Verfügung gestellt wurden?
Allerdings, das ist gegen jede Logik. Erst soll das Unterhaus das Ratifizierungsgesetz verabschieden und danach das Abkommen billigen, um das es dabei geht?
Normalerweise (ich setze jetzt mal unsere Verhältnisse als normal voraus) findet sowieso keine Abstimmung über den Vertrag selbst statt, sondern nur über das Transformations- und das Ratifizierungsgesetz. Aber das Unterhaus hat sich ja vorbehalten, dass es in diesem Fall auch dem Vertrag selbst zustimmen muss.
Johnsons Spielchen mit dem nicht unterschriebenen Brief, in dem er um Aufschub bittet, könnte aus der Küche unserer werten Kundschaft stammen. Immerhin (aus SPIEGEL online):
Kurz nach dem unsignierten Brief folgte ein klärendes Schreiben des britischen EU-Botschafters Tim Barrow, der darauf hinwies, dass der Antrag auf Verschiebung von Johnson bewusst nicht unterzeichnet worden war, da die britische Regierung "vom Gesetz her" zu dem Antrag verpflichtet war.
In einem zweiten Brief wandte sich Johnson indes persönlich an Tusk und drückte sein Bedauern über die gescheiterte Abstimmung zum neuen Brexit-Abkommen im britischen Unterhaus aus.
Es besteht also kein Zweifel daran, dass auch der erste Brief von Johnson kam.