Autor Thema: Brrrrrr-exit  (Gelesen 154567 mal)

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dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1590 am: 4. September 2019, 23:56:28 »
Bannon hatte schon im Juli erklärt, Bobbele werde auf einen No-Deal-Brexit setzen:
https://www.bbc.com/news/av/world-us-canada-49169829/steve-bannon-the-brexit-turmoil-is-only-just-beginning
 
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1591 am: 5. September 2019, 00:48:46 »
Frau Sturgeon soll sich zwar nach dem Live-Blog darüber zufrieden geäußert haben, weil man Bobbele nicht in No. 10 sitzen lassen könne - mir ist aber unklar, woher sie die Gewißheit nimmt, daß die Tories unter Bobbele nicht wieder stärkste Kraft würden.

Frau Sturgeon hat gut lachen. Die SNP wird gewiss kein Mandat verlieren. Für ihr Fernziel der Unabhängigkeit dürfte es nach dem nicht enden wollenden Dauer-Drama jetzt schon eine Mehrheit in Schottland geben. Und ein Premier Johnson ist eher die Garantie dafür, dass das so bleibt.
"Teurer als die bittere Wahrheit ist uns der erhabene Wahn." (Alexander Puschkin)
 
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Syssi

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1592 am: 5. September 2019, 02:02:44 »
In den letzten Tagen habe ich mir nahezu die gesamte Debatte im Unterhaus angeschaut/angehört - schlimmer als andere hier Rüdi-Videos gucken - und es war wirklich erschreckend.

Die ganze Diskussion war ein einziger Kreis und bestand zu weiten Teilen nur aus "ad hominem". Opp fragt nach Transparenz und wie denn die Lösung aussehen aussehen soll, Regierung antwortet: "Wir werden eine Lösung finden, wir werden sicherstellen, wir sind die Geilsten überhaupt. Es wurde keine einzige Frage beantwortet, immer nur mantraartig wiederholt: "Wir werden sicherstellen dass..." + 20.000 Polizisten und all die altbekannten Brexiteers-Lügen. Alles wird soooo toll, es wird keinerlei Probleme geben, wir werden sicherstellen, dass...  "Ja, aber wie wollt ihr das genau machen?" "Wir werden sicherstellen, dass/Wir werden eine Lösung finden... - und außerdem seid ihr alle doof!"
Interessant war die immer wiederkehrende Frage: "Mr. Prime Minister, will you act wie es das Gesetz verlangt?" "Ja aber natürlich, aber ich werde niemals nach Brüssel gehen und um Aufschub bitten!"
Ebenso häufig kam die Frage danach, was die Regierung denn der EU vorgelegt habe. Antwort: "Wir haben der EU neue Ideen vorgelegt, die wir auch durchkriegen." "Ja, aber welche Ideen?" "Wir haben der EU Ideen vorgelegt...aber die sind geheim. "Schön, aber wir haben nachgefragt: Es wurde gar nichts vorgelegt, hier die Beweise..." "Wir haben der EU Ideen vorgelegt, die geheim sind..." "Mr. Prime Minister, wir glauben ihnen nicht!"
Überhaupt wurde regelmäßig deutlich gemacht: "Mr. Prime Minister, we don´t trust you!"

Als legendär dürften die Schlachten zwischen BJ und dem SNP-Meister Ian Blackford in die Geschichte eingehen. Während Blackford immer wieder auf die autonomen Rechte Schottlands hinwies und sich kampfbereit gab, kam als Erwiderung seitens der Regierung eigentlich nichts weiter als "Fuck you Schottland, ihr in eurem verrottetem Drecksland könnt hier einfach mal gar nichts und eure Meinung interessiert uns einen feuchten Kehricht!"
Wenn man mich fragt, könnte das noch richtig heiß werden, auch Gewalt würde ich nicht mehr ausschließen.

Stichwort Gewalt: Seitens der Regierung fand sich zumeist Kriegsrhetorik. Kapitulation, Unterwerfung, Zurückeroberung der schottischen Fischgründe - als wäre die EU ein mächtiges Imperium wie das alte Rom, dass GB in einem (militärischen) Würgegriff hält. Viel lieber wolle man mit guten Freunden wie Trump ganz tolle Deals abschließen, das wird GB wieder groß machen und alles wird ganz großartig! Es fehlten eigentlich nur Hitler-Vergleiche.

Befremdlich auch, mit welcher ökonomischen Perspektive die meinen ein Land regieren zu können. Da wurde doch tatsächlich ein so komplexes Unterfangen mit dem Kauf eines Gebrauchtwagens verglichen - sei ja das Gleiche. Das eine entwickelte Volkswirtschaft eventuell etwas komplizierter sein könnte, ist für die intellektuell nicht mehr greifbar, das geht über deren Verständnis weit weit hinaus. Tragisch eigentlich, erinnert aber irgendwie an unsere Reichis, die meinen, dass die wichtigste Aufgabe eines Staates darin besteht, Frei-Führerscheine zu erteilen. Es scheint, als wären die wirklich zu dämlich.
Corbyn hat wiederum Sternstunden gehabt - seine Redebeiträge waren hart, präzise, gut vorbereitet und sachlich schlüssig, er hat BJ regelmäßig regelrecht zerlegt. Antwort: Ad hominem. Nichts anderes.

Insgesamt wirkte das wie Realsatire. Die Brexiteers haben keinerlei Argumente, sie sind ausschließlich emotional, voller Wut, Verachtung und Dummheit unterwegs, zu denen dringt gar nichts durch, nichts. Das ist wie in einer Sekte - oh, kennen wir sowas evtl. von hier? Durch die Johnson-Regierung wird hier so dermaßen das Parlament miss- und verachtet - ja, eigentlich wie damals im Kaiserreich, völlig aus der Zeit gefallen. Naja, wohl eher die Vorboten einer neuen Zeit.
Es scheint mir nicht unmöglich, dass die Johnson-Regierung zu handfesten Mitteln greifen wird um das HoC zu entmachten, wenn sie ihre Neuwahlen nicht kriegt. Die sind so wahnsinnig fürchte ich, die schrecken vor gar nichts zurück. Auch ein Austritt Schottlands aus dem UK dürfte nun im Bereich des Hochwahrscheinlichen liegen. Und wenn sich die Spaltung der ganzen Gesellschaft durch nochmal weiter polarisierende Wahlkämpfe fortsetzt, dürften sogar die Grundlagen für einen Bürgerkrieg geschaffen werden. Auf der einen Seite fanatisierte Johnson-Anhänger in rasender Wut, auf der anderen Seite die jüngeren und gebildeteren Leute. Wenn das militärisch werden sollte, wird das ein kurzer Kampf, den die Doofen sehr schnell gewinnen werden. Und damit ist dann die nächste große Demokratie tot.

 
 

Offline Neubuerger

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1593 am: 5. September 2019, 07:29:45 »
Stichwort Gewalt: Seitens der Regierung fand sich zumeist Kriegsrhetorik. Kapitulation, Unterwerfung, Zurückeroberung der schottischen Fischgründe - als wäre die EU ein mächtiges Imperium wie das alte Rom, dass GB in einem (militärischen) Würgegriff hält. Viel lieber wolle man mit guten Freunden wie Trump ganz tolle Deals abschließen, das wird GB wieder groß machen und alles wird ganz großartig! Es fehlten eigentlich nur Hitler-Vergleiche.

In einem hat er bereits in der kurzen Zeit die Regierung May grandios übertroffen: Als schlechtester Premierminister aller Zeiten. Das ist schon eine Leistung, da May da ordentlich vorgelegt hatte.
Sebastian Leber über Rüdi: Hoffmanns Beweisführung ist, freundlich ausgedrückt, unorthodox. Es geht in seinen Filmen drunter und drüber wie bei einem Diavortrag, bei dem der Vortragende kurz vor Beginn ausgerutscht ist und alle Dias wild durcheinander auf den Boden flogen.
 
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1594 am: 5. September 2019, 07:32:06 »
Bobbie tut so, als müsse die EU nachgeben, wenn sich das UK in den Abgrund stürzt. Das ist die ganze Verhandlungstaktik von ihm. Das geht nicht mehr, wenn das Restparlament sich weigert, den Sprung in den Abgrund mitzumachen.

Natürlich kann man mit dieser großartigen Strategie im Hinterkopf nicht mehr sachlich diskutieren.

Im Grunde ist das ganze auf dem Niveau eines Zweijährigen, der sich an der Supermarktkasse schreiend auf den Boden wirft, weil er keinen Lutscher bekommt.
soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
˙uǝllǝʇsɹoʌ uǝɥɔsuǝɯ uǝɥɔılʞɔülƃ uǝuıǝ slɐ soɥdʎsıs sun uǝssüɯ ɹıʍ ˙uǝllüɟnzsnɐ zɹǝɥuǝɥɔsuǝɯ uıǝ ƃɐɯɹǝʌ lǝɟdıƃ uǝƃǝƃ ɟdɯɐʞ ɹǝp

P.S.: Cantor became famous by proving it can't be done.
 
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dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1595 am: 5. September 2019, 08:23:28 »
Der Vergleich mit Enten-Videos hat was. Rüdi, Morlock und der Teichfolioen-Schrat haben gegenüber Bobbele allerdings den Vorteil, daß man sich deren Machwerke bei Youtube in psychisch verträglichen Dosen geben kann.

Was die inhaltlaltliche Zusammenfassung von @Syssi betrifft, hätte man es besser nicht ausdrücken können:
Frage an Bobbele: "was wird das die Steuerzahler kosten?"
Bobbeles Antwort: "Ich habe hart gearbeitet."
Und so ging das die ganze Zeit.

Da kann man dem schläfrigen Brontosaurus Rex nur noch Recht geben, wenn der von Corbyn verlangt, doch nun endlich ein Mißtrauensvotum einzubringen. Doch die Tatsache, daß das schon May schadlos überstanden hat und daß auch Neuwahlen nicht wirklich etwas bringen werden, zeigt die ganze Tragik dieses Landes. Das UK ist von Bobbele und Farage so gespalten worden wie die USA von Trump.
Die Schotten, die im Grunde weder eine Grenze im Meer, noch auf dem Land haben wollen, werden sich für letzteres Übel entscheiden müssen, wenn sie in das Schlamassel nicht mit reingezogen werden wollen. Die Bevölkerung Schottlands beträgt etwas mehr als 5% der des Vereinigten Königreiches, so daß deren Belange für den ausschließlich in Wahlkategorien denkenden Johnson ebenso wenig eine Rolle spielen, wie die Nordirlands.

Phoenix hat gestern nicht nur Rüdi-Videos aus dem Unterhaus, sondern auch eine Sendung namens "Das irische Dilemma" gebracht. Die sollte gesehen haben, wer von einer schnellen Wiedervereinigung träumt. Da bleibt nur die Hoffnung, daß das Gericht in Dublin einen Nö-Deal-Brexit als mit sämtlichen Punkten des Karfreitagsabkommens unvereinbar und folglich rechtswidrig hält, solange sich Großbritasnnien daran gebunden fühlt und es nicht im Grunde schon aufgekündigt hat - was Bobbele vermutlich ganz gerne tun würde, wenn ihn das Thema tangieren würde.
Nordirland hat soviel Einwohner wie Hamburg, das Vereinigte Königreich etwas weniger als Frankreich - nimmt man dazu die Tatsache, daß die Ulster-Leute den Tories im HoC nach der letzten Wahl den Allerwertesten gerettet haben, kann man die Machtverhältnisse auf dem kleinen Flecken fernab des Londoner Politibetriebes und die Aversion der Iren, sich den Ärger ins eigene Land zu holen, vielleicht etwas erahnen.

In einem hat er bereits in der kurzen Zeit die Regierung May grandios übertroffen: Als schlechtester Premierminister aller Zeiten.

Bobbele kann nichts außer Wahlkampf, das haben alle gewußt. Trotzdem Gerade deshalb haben die Tories ihn zum PM gemacht. Im Grunde könnte ihre Fraktion geschlossen zur Brexit-Party übertreten, wenn Farage nur bereit wäre, den Parteivorsitz im Austausch gegen einen Kabinettsposten an Bobbele zu übergeben.
 
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1596 am: 5. September 2019, 08:37:58 »
guter Economist Artikel zu dem Thema. vom 29.08.2019, also VOR den Ereignissen diese Woche.

https://www.economist.com/leaders/2019/08/29/how-parliament-can-stop-boris-johnsons-no-deal-brexit

Zitat
ONE BY ONE, the principles on which the Brexit campaign was fought have been exposed as hollow. Before the referendum, Leavers argued that victory would enable them to negotiate a brilliant deal with the European Union. Now they advocate leaving with no deal at all. Before the vote they said that Brexit would allow Britain to strike more free-trade agreements. Now they say that trading on the bare-bones terms of the World Trade Organisation would be fine. Loudest of all they talked of taking back control and restoring sovereignty to Parliament. Yet on August 28th Boris Johnson, a leading Leaver who is now prime minister, announced that in the run-up to Brexit Parliament would be suspended altogether.

Zitat
Mr Johnson insists that his intention is to get a new, better agreement before October 31st, and that to do so he needs to threaten the EU with the credible prospect of no-deal. Despite the fact that Mrs May got nowhere with this tactic, many Tory MPs still see it as a good one. The EU wants a deal, after all. And whereas it became clear that Mrs May was bluffing about walking out, Mr Johnson might just be serious (the fanatics who do his thinking certainly are). Angela Merkel, Germany’s chancellor, said recently that Britain should come up with a plan in the next 30 days if it wants to replace the Irish backstop, the most contentious part of the withdrawal agreement. Many moderate Tories, even those who oppose no-deal, would like to give their new prime minister a chance to prove his mettle.

They are mistaken. First, the effect of the no-deal threat on Brussels continues to be overestimated in London. The EU’s position—that it is open to plausible British suggestions—is the same as it has always been. The EU’s priority is to keep the rules of its club intact, to avoid other members angling for special treatment. With or without the threat of no-deal, it will make no more than marginal changes to the existing agreement. Second, even if the EU were to drop the backstop altogether, the resulting deal might well be rejected by “Spartan” Tory Brexiteers, so intoxicated by the idea of leaving without a deal that they seem ready to vote against any agreement. And third, even if an all-new deal were offered by the EU and then passed by Parliament, ratifying it in Europe and passing the necessary laws in Britain would require an extension well beyond October 31st. Mr Johnson’s vow to leave on that date, “do or die”, makes it impossible to leave with any new deal. It also reveals that he is fundamentally unserious about negotiating one.
« Letzte Änderung: 5. September 2019, 08:44:33 von mork77 »
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1597 am: 5. September 2019, 08:56:14 »
Ich sehe da zwar keinen Bürgerkrieg aufziehen, aber die Borniertheit beim blonden Wirrkopf und seinen Freunden ist schon bemerkenswert. Was mich entsetzt, ist Johnsons Gesichtsausdruck und Körpersprache, das spricht Bände. Darum traue dem inzwischen keinen  Meter über den Weg. Er hat meine Annahme bestätigt, dass er die EU um jeden Preis ohne ein Abkommen verlassen will. Sein Verhalten lässt außerdem darauf schließen, dass er die EU und viele damit verbundenen Werte zutiefst verachtet, und das betrifft eben auch Pluralismus und Demokratie im eigenen Land.
Von daher sehe ich Cornyn bestätigt, der einem Antrag auf Neuwahlen erst zustimmen will, wenn das No-Deal-Gesetz auch wirklich umgesetzt wird. Nicht dass Bobbele einfach "vergisst" es bei der Queen fristgemäß vorzulegen oder ähnliche Manöver einlegt.
Das Parlament ist jedenfalls gut beraten, jeden seiner Schritte kritisch zu beobachten und ihm auf demokratischem Weg Fesseln anzulegen. Wie schnell eine "Machtergreifung" geht und was dann von einer Demokratie übrg bleibt, ist aus unserer Geschichte leider nur zu gut bekannt.
 
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dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1598 am: 5. September 2019, 09:06:29 »
@mork77

Wobei der "economist" zu erwähnen vergaß, daß es auch nach dem Austritt kein Abkommen mit der EU geben wird, solange das UK seine Schulden nicht zahlt und daß Bobbele nichts sehnlicher wünscht, als die angeblich "zurückgewonnene" Kontrolle über das Schicksal des Landes an Trump weiterzugeben, auf daß sie dann tatsächlich weg sei.

Ich sehe da zwar keinen Bürgerkrieg aufziehen, ...

Das Begriff "Bürgerkrieg" wird sicher überspitzt und polemisch verwendet. Die Unruhen in London 2011 oder die Krawalle in Hamburg sind es deshalb nicht, weil man keine organisierten bewaffneten Kampfhandlungen und keine Kriegsziele erkennen kann. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb die im "Project Yellowhammer" in Aussicht gestellten Segnungen eines No-Deal-Brexits nicht zu gewaltsamen Plünderungen führen sollten.

... Sein Verhalten lässt außerdem darauf schließen, dass er die EU und viele damit verbundenen Werte zutiefst verachtet, und das betrifft eben auch Pluralismus und Demokratie im eigenen Land.

Haß gegen die EU ist Bobbeles Lebensinhalt, damit und davon ist er groß und wohlhabend geworden.

Von daher sehe ich Corbyn bestätigt, der einem Antrag auf Neuwahlen erst zustimmen will, wenn das No-Deal-Gesetz auch wirklich umgesetzt wird.

Wenn Corbyn einen No-Deal-Brexit verhindern wollte, dürfte er vermutlich nie einer Neuwahl zustimmen, weil die - nach derzeitigem Dafürhalten - das Bobbele ohnehin wieder in die Downing Street befördert. Der No-Deal-Brexit käme dann eben erst drei Monate später oder 2022 mit der turnusmäßigen Wahl, nur mit dem Unterschied, daß dem Lügenbold dann keiner mehr in den Arm fällt.

Wie ich weiter oben schon schrieb, wird das (jetzige) Parlament nur Zeit schinden können, damit die Iren auf der grünen Insel noch eine Lösung finden (an der sich das UK nicht mehr beteiligen wird) und damit britische Unternehmer ihre Geschäfte, die sich nach dem Brexit nicht mehr betreiben lassen, noch mit geringsmöglichen Verlusten abwickeln (Viehbestände regulär verkaufen, anstatt notzuschlachten und dgl.).


« Letzte Änderung: 5. September 2019, 09:32:36 von dtx »
 
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Offline A.R.Schkrampe

Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1599 am: 5. September 2019, 11:37:17 »
Nach dem ganzen realsatirischen Brexitgekasper wollen wir uns nun wieder ernsthaften Themen zuwenden:

https://www.bbc.com/news/uk-scotland-highlands-islands-49495145
 
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1600 am: 5. September 2019, 12:09:32 »
Nach dem ganzen realsatirischen Brexitgekasper wollen wir uns nun wieder ernsthaften Themen zuwenden:

Auch Raptoren brauchen eine Kinderstube...
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1601 am: 5. September 2019, 12:13:22 »
Wenn Bobbele nicht reich geboren wäre und - augenscheinlich nicht kostenlos, aber umsonst - in Eton zur Schule gegangen wäre, würde er ob seiner (um mit den Worten eines Gutachters zu sprechen) leicht überdurchschnittlichen Intelligenz, im Volksmund Bauernschläue genannt, irgendwo zwischen Eichelburg, dem Honigmann und Fitzek zu verorten sein. Er ist zwar nur Regierungschef geworden (als Reichi hätte ihm dagegen eine Karriere als Staatsoberhaupt offen gestanden), aber er nimmt durchaus eine Sezession des Staates billigend in Kauf.

Im Übrigen stellte sich bei meiner Nachfrage in einem Abgeordnetenbüro des HoC nach dem tatsächlichen Zeitpunkt, zu dem das Unterhaus "suspendiert" werde (es war ja der Zeitraum zwischen dem 9. und 12. September im Gespräch), soeben heraus, daß es sich dabei um kein unwesentliches Detail handeln dürfte. Schließlich hat die Frage, ob die vor Abschluß des jetzt anhängigen Gesetzgebungsverfahrens erfolgt, Konsequenzen für dessen Schicksal.

Edith hat eine Quelle gefunden, wonach Bobbeles Mannschaft im Streit um das anhängige Gesetz nachgeben wolle:
https://www.gmx.net/magazine/politik/gro%C3%9Fbritannien-brexit/brexit-drama-britische-regierung-widerstand-no-no-deal-gesetz-33991424#.homepage.hero.Regierung%20Johnson%20gibt%20klein%20bei.5

Ich bin da sehr skeptisch.

Es mag ja sein, daß Bobbele eine Nacht Schlaf gebraucht hat um zu realisieren, daß er als derjenige PM in die Geschichte eingehen könnte, der kein einziges Gesetzesvorhaben durchs Parlament brachte. Möglicherweise wurde ihm angeseichts seines rüden Vorgehens gegen eine ganze Reihe verdienter Parteimitglieder auch klargemacht, daß er den Parteivorsitz nicht auf Lebenszeit verliehen bekam.
Und schließlich scheint auch Cummings das Kabinett nicht mehr im Griff zu haben, denn Amber Rudds Auftritte passen nicht so recht zu den Ansagen, die die Ministerriege vom Großen Meister eingangs der Regierungsperiode bekommen haben soll.

In dem von @A.R.Schkrampe verlinkten Artikel war aufgeführt, daß Bobbele kaum noch Auswege hat, wenn Jeremy Corbyn vernünftig wird und hart bleibt. Neben dem Rücktritt, mit dem er wie Theresa May vom Fenster weg wäre und Hinterbänkler würde, bliebe demnach nur ein konstruktives Mißtrauensvotum, um das Parlament aufgelöst zu bekommen. Der Schritt scheint selbst Rees-Mogg zu heiß zu sein, sonst hätte er nicht gestern Abend so intensiv versucht, dafür Corbyn vors Loch zu schieben.

Nun kann man sagen, okay, es war ja abzusehen, daß es im September und Oktober heiß hergehn wird. Bobbeles Strategie ist, in den zwei Monaten irgendwie die Zeit totzuschlagen, so daß der Brexit von allein einträte. Falls die gestern bei Phoenix aufgetretene Fachfrau in ihrer Einschätzung Recht behielte, könnte das Gericht in Dublin übernächste Woche Bobbeles Strategie (und damit auch die Farages) wie ein Kartenhaus zusammenstürzen lassen. Kriegt man den Brexit nur hin, indem man die Probleme auf der grünen Insel definitiv angeht, dann wird das noch zehn Jahre dauern.

Möglicherweise haben die jüngsten Entwicklungen damit zu tun, daß Cummings keine Antworten hat. Er und Bobbele sind keinesfalls so geläutert, daß sie alle ihre Ziele über Nacht einfach fahren ließen. Da kann man nur hoffen, daß sich Labour nicht doch noch einwickeln läßt.
« Letzte Änderung: 5. September 2019, 13:28:37 von dtx »
 
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Offline kairo

Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1602 am: 5. September 2019, 14:15:16 »
Neben dem Rücktritt, mit dem er wie Theresa May vom Fenster weg wäre und Hinterbänkler würde, bliebe demnach nur ein konstruktives Mißtrauensvotum, um das Parlament aufgelöst zu bekommen.

Das gibt es aber nicht im UK. Es gibt nur die Möglichkeit, dass das Unterhaus mehrheitlich erklärt, es habe kein Vertrauen mehr zu Ihrer Majestät Regierung. Nur ist der PM dann nicht automatisch gefeuert - innerhalb von 14 Tagen kann er versuchen, eine neue Regierung bzw. eine neue Vertrauensbasis zu kriegen. Dann ist man aber schon weit in der Prorogationsperiode. Das kostet alles Zeit, und genau die hat man nicht. Die Politiker müssen jetzt innerhalb von Stunden zusammennageln, was die mehr als zwei Jahre lang verpennt haben.

Eine Vertrauensfrage wie bei uns, wo der Prozess also vom PM ausgeht und nicht von der Opposition, ist mir von Insulanien auch nicht bekannt.
 
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dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1603 am: 5. September 2019, 15:08:24 »
Nun, ich wüßte jetzt nicht, weshalb - wie das in dem von @A.R.Schkrampe verlinkten Artikel ja auch steht - der Antrag auf ein "Vote of no confident" nicht auch von einem Tory-Mitglied gestellt werden könnte. Und wenn die Tory-Fraktion darauf geimpft wäre, das Ding zu unterstützen, dann müßten sich nur noch ein paar Leute von den anderen Parteien finden, die dabei mitmachen und die Sache wäre durch.

Daß für so einen Schachzug kein besonderer Terminus geprägt wird, weil er so gut wie nie vorkommt, heißt ja nun nicht, daß er per se unzulässig wäre. Der Antrag auf Neuwahlen würde eine Zweidrittelmehrheit brauchen, das Mißtrauensvotum ginge mit einfacher Mehrheit durch. Es dauert dann eben zwei Wochen länger, bis gewählt werden kann.

Edith findet, daß es Nachschlag gebe: Bobbeles Bruder, Jo Johnson, habe seine Ämter als Staatssekretär und Tory-Abgeordneter niedergelegt. Zum Rest habe ich mich schon weiter oben geäußert. Neuwahlen wären, wenn überhaupt, erst dann diskutabel, wenn die EU der Verlängerung zugestimmt hat.
https://www.sueddeutsche.de/politik/brexit-johnson-deal-neuwahl-1.4588667

Unausweichliche Neuwahlen? Nun, ich finde, Bobbele hat sich abgrundtiefes Mißtrauen redlich erarbeitet (wenn auch sonst nichts), so daß man nicht nur darüber skeptisch sein kann, daß er das Zustandekommen des Gesetzes nicht doch noch verhindert, sondern auch darüber, ob er dem dann auch nachkommt. Alternativ könnte man ihm auch eine Abstimmung in der ersten Oktoberwoche anbieten, nachdem er berichtet hat, was er auf Merkels freundliche Aufforderung in die Wege leitete. Ansonsten hat Springer natürlich Recht, daß ein No-Deal auch nach dem 31.10. nicht vom Tisch ist.
https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/debakel-fuer-boris-johnson-im-parlament-7-fragen-zum-brexit-drama-64432270.bild.html

Der Focus hat damit Recht, daß das Gesetz ein zahnloser Tiger bliebe, wenn Bobbele frech grinsend und mit leeren Händen in Brüssel aufschlüge, um die vorgeschriebene Austrittsbitte vorzutragen.
https://www.focus.de/politik/ausland/brexit-im-news-ticker-johnson-gibt-blockade-gegen-anti-no-deal-gesetz-auf_id_11095898.html
« Letzte Änderung: 5. September 2019, 17:11:50 von dtx »
 
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1604 am: 6. September 2019, 00:08:39 »
Johnson meint, die Opposition weiter ungeniert verarschen zu können:

https://www.tagesschau.de/ausland/johnson-brexit-131.html

Zitat
Spätestens am Montag könnte in Großbritannien das Gesetz gegen einen ungeregelten EU-Austritt endgültig verabschiedet werden. Premierminister Boris Johnson weigert sich jedoch weiterhin, bei der EU eine Fristverlängerung für den bislang zum 31. Oktober terminierten Brexit zu beantragen. "Ich würde lieber tot im Graben liegen", sagte er beim Besuch einer Polizeiakademie, den er dazu nutzte, seine Sicht der Dinge darzulegen.
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