Autor Thema: Brrrrrr-exit  (Gelesen 154546 mal)

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dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1335 am: 14. Juli 2019, 09:52:37 »
Soweit man das anhand der Videos einschätzen kann, wurde im HoC in der vergangenen Woche ziemlich emotionslos über den sich abzeichnenden Plan diskutiert, daß sich die zukünftige Regierung rechtzeitig vor dem 31. Oktober des Störenfriedes Parlament entledigen werde, um vollendete Tatsachen zu schaffen. Die dagegen gerichteten Anträge wurden überwiegend abgelehnt bzw. vom Speaker gar nicht erst zur Abstimmung gestellt (Amendment 14). Daß das Passieren des Antrages "Amendmend 15" mit einer einzigen Stimme Mehrheit purer Zufall gewesen sein dürfte, hatte ich schon geschrieben. Die Abstimmungen danach fielen wieder deutlicher aus.

Also wird man die frühere Willenserklärung gegen einen No-Deal-Brexit als inzwischen überholt betrachten müssen, wenn das Parlament jetzt nicht (mehr) bereit ist konkrete Maßnahmen zu ergreifen, die der Umsetzung des damaligen Entschlusses dienen könnten. Ein anderer Aspekt ist die Frage, weshalb May die Session nicht nach den Abstimmungen der Tories über die der Mitgliedschaft zur Auswahl gestellten Kandidaten von der Königin beenden ließ. Damit wäre es der neuen Regierung wenigstens formaljuristisch möglich gewesen, über den mit der EU ausgehandelten Vertrag noch einmal diskutieren zu lassen. Doch von den drei Übeln "No-Deal", "EU-Deal" und "No Brexit" scheint einer Mehrheit das erste immer noch das Verlockendste zu sein.
 

dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1336 am: 15. Juli 2019, 20:12:42 »
 

Offline Happy Hater

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1337 am: 15. Juli 2019, 20:35:29 »
Doch von den drei Übeln "No-Deal", "EU-Deal" und "No Brexit" scheint einer Mehrheit das erste immer noch das Verlockendste zu sein.

Genau für diese Annahme sehe ich überhaupt keine Basis. Labour ist so gut wie geschlossen gegen einen "no deal", wahrscheinlich noch geschlossener als in ihrer Ablehnung des von der Regierung May ausgehandelten Withdrawal Agreement, das zumindest von einer Handvoll Labour-Abweichlern entgegen der Parteilinie unterstützt wurde.

Die Tories haben nicht etwa eine starke Mehrheit, sondern eine Mehrheit von gerade 4 Abgeordneten und das bereits inklusive den widerspenstigen DUP-Abgeordneten. Bei einer Nachwahl in Bälde könnten die Liberaldemokraten den Tories noch einen weiteren Sitz abnehmen.

Nun gibt es aber auch noch eine wahrscheinlich zweistellige Anzahl von vernünftigen Tory-Abgeordneten, die ihr Land vor einem "no deal" Brexit retten wollen und im Notfall wahrscheinlich sogar einen Misstrauensantrag gegen die eigene Regierung unterstützen würden um den "no deal" zu verhindern.

Dass bisher nichts dergleichen passiert ist, verwundert nicht, gibt es doch starke politische Gründe für die Anti-"no deal" Tory-Abgeordneten, nicht zu rebellieren, bis es komplett unvermeidlich geworden ist.

Und dass der neue PM das Parlament in die Pause schicken könnte, bis der Brexit vollzogen ist? Theoretisch möglich, aber da droht ihm vorher eher noch ein Misstrauensvotum, wenn er das versucht.
 

Offline califix

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1338 am: 15. Juli 2019, 20:51:19 »
Umso länger das Gezänk anhält, umso gleichgültiger wird mir das Thema. Worum soll ich mich sorgen, wenn die Briten selbst nicht wissen, was sie wollen, wenn es sogar Vorbehalte gibt, die Bürger per Abstimmung an der Entscheidung zu beteiligen?
Einzig und alleine die Zeit läuft mehr oder weniger ungenutzt davon. Derzeit macht wohl der beste Tatsachenverdreher das Rennen.
 

dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1339 am: 15. Juli 2019, 20:59:47 »
Und dass der neue PM das Parlament in die Pause schicken könnte, bis der Brexit vollzogen ist? Theoretisch möglich, aber da droht ihm vorher eher noch ein Misstrauensvotum, wenn er das versucht.

... welches er dann genauso - mehr oder weniger galant - überstehen dürfte, wie Frau May. Schließlich wird man in der Kürze der dann zur Verfügung stehenden Zeit keine Regierung zusammenbekommen. Tories und Labour haben sich schon im Januar nicht in der komfortablen Lage gesehen, es auf Neuwahlen ankommen lassen zu können, dann noch viel weniger.

... Worum soll ich mich sorgen, wenn die Briten selbst nicht wissen, was sie wollen, wenn es sogar Vorbehalte gibt, die Bürger per Abstimmung an der Entscheidung zu beteiligen?

Nun tu doch bitte nicht so, als ob unsere Politelite diese Vorbehalte nicht teilen würde.

Einzig und alleine die Zeit läuft mehr oder weniger ungenutzt davon.

Das kommt auf den Blickwinkel an. Die Herrschaften im HoC feiern jeden Tag, den sie dort noch absitzen dürfen. Folglich werden sie im Gegensatz zu des geschätzten @Happy Hater 's Meinung letztlich einen Teufel tun, wenn es darum geht, zusammen mit der soeben gebildeten Regierung sich selbst davonzujagen. 

Derzeit macht wohl der beste Tatsachenverdreher Hütchenspieler das Rennen.

Schaun wir mal. Vielleicht sind die Tories auf dem Lande dann doch nicht so blöd, so einen Clown zum Kopf ihrer Partei- und Staatsführung zu machen. Das Zentralkommitee läßt grüßen ...

« Letzte Änderung: 15. Juli 2019, 21:16:22 von dtx »
 
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1340 am: 16. Juli 2019, 08:28:39 »
Nun tu doch bitte nicht so, als ob unsere Politelite diese Vorbehalte nicht teilen würde.

Na ja, die Briten hatten ja ein Referendum. Da die Büchse der Pandora nun mal offen ist, wäre ein zweites Referendum als Abschluss des Brexit-Prozesses eigentlich nur logisch.

In Deutschland ist ein Referendum auf Bundesebene ja gar nicht vorgesehen.
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1341 am: 16. Juli 2019, 11:57:03 »
Und jetzt kommt der ganz besonders besondere Gag.
In England auch nicht.
Das Volk wurde nur befragt, weil irgendein besonders Schlauer dachte, zu wissen was das Volk abstimmen wird, wozu es dann nicht kam, weil noch Schlauere das gleiche dachten und veröffentlichten und viele noch viel Schlauere dachten, daher nicht mehr abstimmen zu müssen.
Und seitdem macht dieses ach so schlaue Volk und deren schlaues Parlament weiterhin nur Unsinn.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann pfuschen sie noch weiter.
Fällt Dir nur Unsinn ein und immer,
erzähle nichts, sonst wird es schlimmer.
 
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1342 am: 16. Juli 2019, 12:52:13 »
Und seitdem macht dieses ach so schlaue Volk und deren schlaues Parlament weiterhin nur Unsinn. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann pfuschen sie noch weiter.

können sie gerne tun, solange sie es ausserhalb der EU machen.
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1343 am: 17. Juli 2019, 19:16:57 »
Good Morning Sunshine.

Schon die Beitrittsgründe und -verhandlungen in den 70ern haben gezeigt, dass die Britten den Eiropäischen Gedanken schon damals nicht verstanden haben. Wenn ich mir dazu die Berichterstattung zu den entsprechenden Befindlichkeiten weitet Teile der britischen (wohl eher englischen und walisischen) Bevölkerung anschaue, so bin ich mittlerweile auch der Meinung, dass ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorzuziehen ist.
Ich möchte nicht wissen, was die ständige Verschiebung des Austrittsdatums die europäische Wirtschaft schon gekostet hat.
GB braucht die EU, die EU braucht GB nicht ganz so zwingend.
Und wenn BoJo die britische Wirtschaft dann komplett ruiniert hat, kann man ja gerne Wiederbeitrittsverhandlungen ohne Rosinenpickereien führen.

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dtx

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1344 am: 17. Juli 2019, 21:41:15 »
Was ich schon vermutet hatte:

https://www.buryfreepress.co.uk/news/jo-churchill-mp-forgot-to-cast-vote-on-key-no-deal-brexit-amendment-9076209/

Zitat
The amendment, which could make it harder for the next Prime Minister to suspend Parliament and force through a no-deal Brexit, was passed by a single vote (294-293).

Footage of the result being read out shows Mrs Churchill covering her face with her hand.

MPs told The Times that Mrs Churchill had acted as a proxy for Chloe Smith, MP for Norwich North, but had forgotten to cast her own vote.

One added that the chief whip Julian Smith tried to rectify the mistake but 'had to give up'.



Zitat
Am 17.07.2019 veröffentlicht
While giving evidence to the House of Commons Brexit Committee, Brexit secretary Steve Barclay today hinted that a no-deal Brexit was more likely than people assume.

Barclay was responding to Tory MP Jonathan Djanogly's question on whether he would put the chances of a no-deal Brexit at one million to one (Boris Johnson's figure).
 

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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1345 am: 18. Juli 2019, 10:36:43 »
 :cyclops:


Zitat
EU-KOMMISSION
Brexit-Dilemma wird "aus guten Gründen" prolongiert
Neo-Kommissionspräsidentin von der Leyen signalisiert London Gesprächsbereitschaft

Gianluca Wallisch  18. Juli 2019, 08:51

Raunen, Buhrufe und Applaus gab es am Dienstagvormittag, als Ursula von der Leyen, Kandidatin der 28 EU-Staats- und -Regierungschefs für den Posten der Kommissionspräsidentin, im Plenarsaal des EU-Parlaments auf die Zukunftsaussichten der Briten in der EU zu sprechen kam. Ja, sie könne sich vorstellen, den Brexit – den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union – noch ein weiteres Mal zu verschieben. Allerdings nur "aus guten Gründen".
Spoiler
Die heftige Kritik von Brexit-Hardliner Nigel Farage konterte die wenige Stunden später zur Kommissionspräsidentin Gewählte schlagfertig: "Auf Reden wie Ihre können wir in Zukunft gut verzichten!" Sie betonte auch, das Ergebnis des Referendums von 2016 zu bedauern – aber es sei zu respektieren.

Der ursprünglich für 29. März 2019 terminisierte Brexit soll – so der aktuelle Stand – am 31. Oktober über die Bühne gehen. Doch in Stein gemeißelt ist wohl auch dieser Termin nicht. Nicht, nachdem von der Leyen die Tür wieder einen Spalt weit aufgemacht hat.

Große Töne
Zwar hat Boris Johnson, wahrscheinlich der nächste britische Premier, in den vergangenen Wochen immer wieder groß getönt, Ende Oktober den Ausstieg zu vollziehen, nötigenfalls auch ohne Deal mit Brüssel. Doch gleichzeitig geistert in London noch immer – oder schon wieder – die Hypothese eines zweiten Brexit-Referendums herum.

Und dieses wäre wahrlich ein "guter Grund" im von-der-Leyen’schen Sinn, den Austritt der Briten noch einmal zu verschieben oder sogar auf Eis zu legen. Denn Vorbereitung und Durchführung eines solchen Referendums würden etliche Monate in Anspruch nehmen.

Als innerparteilicher Oppositions-Leader zu Premierministerin Theresa May hat Johnson eine zweite Volksabstimmung bisher immer abgelehnt. Doch das könnte sich ändern, sollte er tatsächlich in die Downing Street einziehen. Als Premierminister müsste er nicht nur auf die Stimmungslage im eigenen Lager, der konservativen Partei, Rücksicht nehmen, sondern auf jene der ganzen Nation. Schließlich gilt es, in Zukunft – irgendwann zwischen 2020 und 2022 – auch Wahlen zu gewinnen. Die harte Linie beim Brexit könnte da hinderlich sein.

Ruf zur Vernunft
Arbeitsministerin Amber Rudd rief Johnson und Jeremy Hunt (er hat zumindest formell noch Chancen auf die May-Nachfolge) zur Vernunft auf. "Sie werden mit der Wirklichkeit kollidieren und Kompromisse eingehen müssen", sagte sie bei einer Diskussionsveranstaltung des Magazins Politico, denn das Parlament lehnt einen No-Deal-Brexit kategorisch ab. (Gianluca Wallisch, 17.7.2019)
[close]
https://www.derstandard.at/story/2000106399174/brexit-dilemma-wird-aus-guten-gruenden-prolongiert?


Es werden sich doch wohl gute Gründe finden lassen ...?
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1346 am: 18. Juli 2019, 15:01:13 »
Einstweilen bleibt es so.

Zitat
"Großbritannien wird die Konsequenzen tragen": EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagt in einem BBC-Interview, beim Vertrag werde nicht nachverhandelt - die Europäische Union fürchte einen No-Deal-Brexit nicht.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/michel-barnier-eu-von-no-deal-brexit-drohung-unbeeindruckt-a-1277866.html
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1347 am: 18. Juli 2019, 17:03:35 »
Und das eigene Parlament ist wohl auch ein rechter Widerporst und mag nicht so wie der Boris will:


Zitat
GROSSBRITANNIEN
Brexit: Parlament stimmt gegen Zwangspause

Niederlage für Theresa Mays möglichen Nachfolger Boris Johnson

18. Juli 2019, 15:37

London – Das britische Parlament hat am Donnerstag Boris Johnson noch vor seinem erwarteten Antritt als Premierminister einen herben Dämpfer verpasst. Die Abgeordneten stimmten mehrheitlich für einen Gesetzeszusatz, der eine Zwangspause des Parlaments rund um den geplanten EU-Austritt am 31. Oktober erheblich erschwert

Damit könnte sich Johnson wohl nicht wie befürchtet über das Parlament hinwegsetzen, um einen Brexit ohne Abkommen zu erreichen. (APA, dpa, 18.7.2019)
https://www.derstandard.at/story/2000106436053/brexit-parlament-stimmt-gegen-zwangspause
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1348 am: 18. Juli 2019, 18:49:49 »
Good Morning Sunshine.

Ich hoffe nur, das HoC hat nicht vergessen, dass es nicht von ihm abhängt, ob sich bei weiterer Ablehnung des Vertragspaketes ein Hard-Brexit vermeiden lässt.
Nach der etwas seltsamen Vorstellung mit Flinten-Uschi wäre zumindest ich als eines der EU-Staatsoberhäupter vorsichtig, mein Wahlvolk noch mehr vor den Kopf zu stoßen.

Greetz
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« Letzte Änderung: 18. Juli 2019, 18:53:47 von Mad Dog »
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Re: Brrrrrr-exit
« Antwort #1349 am: 18. Juli 2019, 18:57:53 »
Vielleicht sollte ich doch noch schnell etwas bestellen …



Zitat
No-Deal-Angst erfasst die Märkte – Pfund stürzt ab

Nach den jüngsten Äußerungen Boris Johnsons wird ein Austritt aus der EU ohne Abkommen immer wahrscheinlicher. Die britische Währung rutscht daraufhin unter eine wichtige Marke. Und ein Ende der Talfahrt ist nicht abzusehen.

Spoiler
Eine „dramatische Wende“ sieht die „Irish Times“. Die Zeitung kommentierte damit die jüngsten Äußerungen von Boris Johnson, dem wahrscheinlichen neuen Vorsitzenden der britischen Konservativen und damit neuen Premierminister, äußerst pessimistisch. Der schließt inzwischen einen sogenannten Backstop aus, der ursprünglich zwischen der EU und der britischen Regierung vereinbart wurde, um eine neue Grenze zwischen Nordirland und Irland zu verhindern. Und er will auf keinen Fall eine Verlängerung der Verhandlungen über den 31. Oktober hinaus. „Das macht einen No-Deal-Brexit wahrscheinlicher“, folgert die „Irish Times“.
Und nicht nur sie. An den Finanzmärkten greift diese Befürchtung ebenfalls um sich – mit harschen Konsequenzen für das britische Pfund. Das befindet sich bereits seit Monaten im Sinkflug, doch jetzt hat es eine weitere Schwelle nach unten durchbrochen. Ein Euro kostet nun mehr als 90 Pence, umgekehrt kostet das Pfund nur noch knapp über 1,10 Euro. Und der Absturz dürfte noch weitergehen.

Johnson hatte sein Nein zu einem Backstop bei einer Fernsehdebatte mit dem Gegenkandidaten Jeremy Hunt geäußert. Und was das Ganze noch dramatischer macht: Auch Hunt, der eigentlich als gemäßigter im Hinblick auf den Brexit gilt, stimmte ihm zu. Gleichzeitig hat die EU jedoch immer wieder klargemacht, dass sie keinem Vertrag zustimmen wird, der nicht eine offene Grenze auf der irischen Insel vorsieht.

„Die Brexit-Debatte in Großbritannien bleibt selbstbezogen und ohne Bezug zur bestehenden EU-Position, dass das Austrittsabkommen nicht neu verhandelt wird“, kommentiert Kamal Sharma, Devisenstratege bei der Bank of America Merril Lynch, das Gezerre. Er werde daher vor genau den gleichen Problemen stehen wie seine Vorgängerin Theresa May.

Nur dass Johnson, und möglicherweise auch Hunt, gewillt zu sein scheinen, das alles abzuwerfen und Großbritannien eben ohne Abkommen aus der EU zu führen. Das jedoch hätte enorme Konsequenzen für die britische Wirtschaft. So geht Mark Phelps, Chef-Anlagestratege beim Asset-Manager Alliance Bernstein, davon aus, dass die britische Wirtschaft dann langsamer wachsen werde als die Konkurrenz.

Aber fast noch schlimmer: „In einer Welt von zunehmenden Zöllen und Handelskriegen hat Großbritannien als kleines Land außerhalb eines der großen Handelsblöcke möglicherweise nicht die stärkste Verhandlungsposition“, so Phelps. Sprich: Die britische Wirtschaft könnte zum Spielball eines Donald Trump oder anderer werden. Daher werde sich ein harter Brexit auch negativ auf das Pfund auswirken.

Davon geht auch Kit Juckes, Währungsexperte bei der Société Générale, aus, und er wird noch deutlicher: Ein No-Deal-Brexit werde die britische Währung auf ein Niveau von 0,91 bis 0,97 Pfund je Euro sinken lassen, also nahe an die Parität. Auch zum Dollar seien dann neue Tiefststände zu erwarten – hier hatte das Pfund schon vor einigen Tagen den tiefsten Stand seit Anfang 2017 erreicht.

Ein No Deal scheint immer wahrscheinlicher zu werden
Und die Investmentbank Morgan Stanley geht sogar noch weiter. Sie glaubt, dass das Pfund bei einem harten Brexit auf Parität sinken könnte – und zwar nicht nur zum Euro, sondern sogar auch zum Dollar. Derzeit das Pfund noch 1,25 Dollar.
Umgekehrt könnte die britische Devise aber auch stark zulegen, wenn es doch noch zu einem Soft Brexit kommt, also ein Abkommen zwischen der EU und Großbritannien den Austritt regelt. Dann könne es auf 0,82 bis 0,88 Pfund je Euro hochgehen, glaubt Juckes. Doch darauf setzen solle nur, wer daran glaubt, dass das britische Parlament einen No-Deal-Brexit noch verhindern kann.

Genau das scheint jedoch immer unwahrscheinlicher. Vor einer Woche hat der Sprecher des Parlamentes, John Bercow, im Parlament die Debatte über den Entwurf eines Gesetzes verhindert, das den neuen Premierminister daran gehindert hätte, einen No-Deal-Brexit mit einem Trick am Parlament vorbei möglich zu machen.
[close]
https://www.welt.de/finanzen/article196988153/Brexit-Angst-vor-No-Deal-schickt-Pfund-auf-Talfahrt.html


(Durch den Brexit wird es jedem Briten besser gehen, nur damit das klar ist!)
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