Es wäre interessant zu wissen, ob der Verfasser Anstalten unternommen hat, diese Informationen den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist Missbrauch, welcher in der Vergangenheit stattgefunden hat, nicht anzeigepflichtig. Nur zukünftiger - also quasi angekündigter - wäre das. In der Vergangenheit stattgefundener Mißbrauch
darf angezeigt werden,
muß es aber nicht.
Der Gesetzgeber will das so und es ist nicht einzusehen, warum für Kleriker ein anderes Recht gelten sollte wie für jeden anderen Bundesbürger auch.
Zu den Erfolgen des Gutachtens einer der besten Kolumnisten des Landes:
„Etwas erstaunt nehmen wir freilich zur Kenntnis, dass die überaus zahlreich »aufgedeckten« Fälle fast durchweg längst verjährte Taten und/oder schon viele Jahre verstorbene Täter betreffen. So recht will sich daher das allgegenwärtige Bild der (katholischen) Kirche als »strukturelle« Missbrauchsorganisation nicht in die empirischen Befunde zum Hier und Jetzt einordnen.“
„Vielmehr geht es fast durchweg um Verstöße gegen innerkirchliche Regeln und ausdrückliche Pflichten, mit fließenden Grenzen zu moralischen Postulaten. Das ist es, was sich hinter den Vorwürfen von »Vertuschung«, »Verschweigen«, Opferfeindlichkeit und Gleichgültigkeit meist verbirgt.“
„Hier setzt nun ein äußerst merkwürdiges Phänomen ein: Folgt man den üblichen Gemütsaufwallungen, Populäranalysen und Foren-Hysterien, ist die Antwort klar: Diese Kirche ist danach, meint eine Mehrheit, sowieso eine obskure Parallelgesellschaft, deren Funktionsträger sich vielfach an diejenigen Moralvorschriften nicht halten, welche sie zugleich ihren Mitgliedern als allerhöchst verbindlich predigten. Eine klassische Schein-Heiligkeit also, die, sobald sie erkannt ist, Zorn, Enttäuschung und Verachtung erzeugt und zu der Intuition führt, denjenigen, die kein Mitleid hatten, solches auch nicht zu gewähren. Für den rechtsstaatlichen Schutz solch angeblich zweifelsfrei »Schuldiger« einzutreten, ist daher unpopulär und gilt oft sogar als Förderung der möglichen fremden Schuld.“
„Das führt zu so absurden Lagen wie im Erzbistum Köln, wo sich der beauftragende Kardinal jahrelang gegen den durch nichts belegten Vorwurf wehren muss(te), es werde von ihm ein Privatgutachten deshalb »zurückgehalten«, weil es mutmaßlich irgendwelche »Täter« belaste. Sein vielmaliges Vorbringen, er werde das Gutachten deshalb nicht veröffentlichen, weil es Persönlichkeitsrechte von Betroffenen verletze, wird bis heute mit Unglauben geschmäht. Je mehr er versucht, rechtsstaatliche Grundsätze wenigstens nachträglich einzuhalten, desto wüster werden die Vorwürfe gegen ihn wegen angeblicher Gerechtigkeitsverhinderung.“
„Aus welchen Hüten die Kanzleien gezaubert werden, die als »Gutachter« für Jahrzehnte umfassende kircheninterne Regelverstöße oder Abläufe kirchenrechtlicher Verfahren auftreten, unterliegt keinerlei öffentlicher Kontrolle. »Ausschreibungen« und Qualifikationen sind nicht bekannt geworden. Und wer ein Gutachten zu kritisieren wagt, darf sich schon einmal in den Kreis der angeblichen »Vertuscher« eingereiht fühlen. Wer »so einem« zu einem rechtsstaatsgemäßen Verfahren verhelfen will, möchte gewiss auch »die Opfer verhöhnen« (Lieblingsvorwurf der dauererregten Empörten).“
Und endlich:
„Es gibt, so will mir scheinen, keine Rechtsgrundlage dafür, dass kirchliche Amtsträger von privaten Rechtsanwaltskanzleien öffentlich und unter Namensnennung beschuldigt werden dürfen, schwere Dienstpflichtverletzungen und Verstöße gegen innerkirchliches Recht begangen zu haben. Legitim wäre dies allenfalls dann, wenn entsprechende kirchenrechtliche Verfahren, die rechtsstaatlichen Anforderungen genügen, rechtskräftig abgeschlossen sind.“
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/katholische-kirche-und-missbrauchsaufklaerung-urteil-ohne-richter-a-f7a79837-808d-4e4b-bfec-e10f179982f7weitere lesenswerte Artikel von Fischer zum Thema:
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