Belltower arbeitet sich an Heiko Schrang ab...wirklich lesenswert.
Leider lassen sie unter den Tisch fallen, dass sein erstes Buch ja voll und ganz "geklaut" war. Geschrieben hat das ja ein anderer unserer "Köpfe" (der zwischenzeitlich total von der Bildfläche verschwunden ist) und Schrang sollte es ursprünglich nur vorlesen. Teil 1 war ja ursprünglich von Holger Fröhner in Zusammenarbeit mit dem Honigmann verfasst worden. Schrang sollte es nur für Youtube vermarkten und hat es dann als sein Werk herausgegeben. Irgendwann hatten wir irgendwo auch mal den Versuch von Fröhner gegen das Plagiat zu klagen.
Spoiler
Rechtsalternative Medien Wie Heiko Schrang sich als „friedlicher Kämpfer“ der rechten Esoterik inszeniert
Auf der Corona-Demonstration in Berlin liefen einige Menschen mit einem Kreis und Punkt auf der Brust herum. Das Symbol steht für die Schnittmenge zwischen Esoterik, Verschwörungsglauben und rechtsextremer Ideologie, die die Proteste so problematisch machen. Und sie zeigen die Geschäftstüchtigkeit des Alternativmedien-Phänomens Heiko Schrang.
Von Simone Rafael| 5. August 2020
Wer sich die Frage stellt, wie es passiert, dass angesichts der Coronavirus-Pandemie so viele Menschen auch absurdesten Verschwörungserzählungen hinterherlaufen, sogar gemeinsam mit offenen Neonazis, der kommt aktuell nicht an Heiko Schrang vorbei.
Wer ist Heiko Schrang?
Heiko Schrang ist einer der großen Social-Media-Gewinner der rechtsoffenen „Alternativmedien“-Szene Deutschlands in der Coronavirus-Pandemie. Das Wachstum seiner Kanäle ist rasant. Auf den ersten Blick erschließt sich kaum, warum dies der Fall ist. Der bullige, berlinernde 51-Jährige wirkt auf all seinen vielen Social Media-Kanälen vor allem schlicht – und dies sowohl bei seinen simplen esoterischen Inhalten wie auch in seiner verschwörungsideologischen und teilweise verblüffend offen rechtsradikalen Weltsicht. Aber die Anmutung des „einfachen Manns“, der auch mal was zu schimpfen hat, gepaart mit seinem eigenen, großäugig vorgetragenen und angeblich vom Buddhismus beeinflussten Verbalergüssen von „Liebe“ und „Freiheit“ und gepaart mit der Aggressivität eines durch Ideologie und Sendungsbewusstsein elektrisierten Rechtsalternativen, das kommt offenkundig an. Damit können sich unter anderem die Menschen identifizieren, die auf der „Tag der Freiheit/Ende der Pandemie“-Demonstration in Berlin auf der Straße stehen, und das heißt: Die Erzählungen wirken weit über eine rechtsextreme Szene hinaus. Weil Heiko Schrang sich über die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus nach dem Mord in Chemnitz 2018 unter dem Motto #wirsindmehr ärgert, heißt sein Schlachtruf für die Coronademo leicht bockig und wenig kreativ #wirsindnochmehr. Seinen Anhänger*innen verkündet er in einem Video: „Seht’er die Kerze hier. Die is det Lischt, det Lischt der Wahrheit. So wie wir det Lischt sind. Stell ma die Kerze in ein‘ dunklen Raum, schon wird er erleuschtet. So sollt ihr auch erleuschten.“
Mit rechter Esoterik antisemitische Chiffren als “Erleuchtung” verkaufen
Die Kerze, die Schrang in einem Video so anpreist, gibt es in seinem Onlineshop. Sie hat einen goldfarbenen Kreis aufgedruckt, in dessen Mitte ein Punkt ist. Für Schrang und seine Anhänger*innen ist dieses Symbol das „Wahrheitszeichen“. Das „Wahrheitszeichen“ gibt es auch auf „Schutzamuletten“, auf Basecaps und T-Shirts – hier mit dem Zusatz „erkennen | erwachen | verändern“. Auf der „Tag der Freiheit/Ende der Pandemie“-Demonstration in Berlin am 01.08.2020 haben das “Wahrheitszeichen” so viele Teilnehmer*innen getragen, dass Schrang, der auch Redner war, sich wie ein Star der von der Stuttgarter Gruppe „Querdenken 711“ initiierten Demonstration fühlen konnte – und fühlte. Stolz teilt er auf zahlreichen Social Media Kanälen Fotos von Demo-Teilnehmenden in Schrang-Shirts. Noch stolzer ist er darauf, dass Deutschlands aktueller Top-Verschwörungsfan Xavier Naidoo sein T-Shirt auch trägt – das Foto von Naidoo im Shirt verwendet Schrang praktisch überall. Wenn andere ihn als „Verschwörungsinfluencer“ bezeichnen, mag er das. Geld verdient er so auch: rund 29 Euro für jedes Shirt, jede Basecap. Die Kerzen sind „Meditationskerzen Licht der Wahrheit“ für 13,99 Euro. Schrang inszeniert sich da allerdings auch pragmatisch: „Aber ihr könnt auch jede andere Kerze nehm‘, Hauptsache, ihr seid det Lischt, ihr seid der Schpirit.“
Welche Erleuchtung ist hier gemeint? Heiko Schrang hat als „Querdenker“ das „System“ verstanden und will nun die nichtwissenden Teile der Gesellschaft erreichen. Zu dieser Erleuchtung gehört, grob und in eigenen Worten zusammengefasst, vor allem Hass auf die Regierung und noch mehr auf die Medien, aber auch auf Demokratie an sich, verschwörungsideologisch verklausulierte, antisemitische Chiffren („Hochfinanz“, „Bilderberger“, „Rothschilds“ usw.), Nationalismus (hier: „Patriotismus“), Reichsbürgerideologie (Deutschland nicht souverän, kein Friedensvertrag usw.) – aber verpackt als „Wahrheitssuche“, als Einsatz für „Gerechtigkeit“, damit es in Deutschland keine „neue Diktatur“ gebe.
2014 trat Heiko Schrang auf „Montagsmahnwachen“ in Berlin als Redner auf (vgl. Psiram). Ab 2013 hat er Bücher geschrieben, die sich an diversen klassischen Narrativen der verschwörungsideologischen Truther-Szene abarbeiten (u.a. „Neue Weltordnung“, „GEZ-Lüge“, „Souveränitätslüge“ [1]), und weil die keiner drucken wollte, hat er halt einen eigenen Verlag aufgemacht, indem er inzwischen auch ein Buch des „neurechten“ Autoren Benedikt Kaiser und eines des IB-nahen YouTubers Niklas Lotz („Neverforgetniki“) veröffentlicht. Nach eigenen Angaben war Schrang, bevor er sich hauptberuflich der rechtsesoterischen Agitation widmete, in der Immobilienbranche tätig. Für seine Verschwörungsideologien fand er Abnehmer bei rechtsalternativen Medien der ersten Stunde wie „Hartgeld.com“ oder „MMNews“. In einem Instagram-Frage-Antwort-Video bekennt er freimütig: „Ich hatte in der Schule immer Probleme mit Rechtschreibung. Trotzdem hat mir eine innere Stimme gesagt, du musst das aufschreiben. Da hab ich das gemacht, oder meiner Sekretärin diktiert.“
Vom Selbstverleger zum “Verschwörungsinfluencer”
Heiko Schrangs Mitteilungsbedürfnis ist größer, die Bücher reichen nicht für den „Querdenker“ mit dem „Spirit“. Er verschickt einen Newsletter an seine Anhänger*innen. Er entdeckt die Sozialen Medien. Heute bespielt Heiko Schrang eine ganze Batterie von Netzwerken: YouTube (176.000 Abonennt*innen), Telegram (76.000 Abonennt*innen), Instagram (15.300 Abonennt*innen), Facebook (14.000 Fans), Twitter (8.400 Follower), aber auch auf bei der rechtsalternativen Szene beliebten Plattformen wie Bitchute (2.500 Fans) oder VK (3.700 „Freunde“). Dort hören ihm inzwischen Hunderttausende zu, wenn er gegen die „Merkeldiktatur“ wettert, gegen die „Mainstreammedien“ schimpft und keinen Rundfunkbeitrag mehr zahlt (Prozess war im Juli 2020, vgl. Tagesspiegel), Islamfeindlichkeit verbreitet und Verschwörungserzählungen mit antisemitischen Chiffren über „Strippenzieher“ und „Eliten“ spinnt. Grenzen gibt es hier keine. Schrang lädt nicht nur andere Verschwörungsideologen als Interviewpartner ein, sondern auch Rechtsextreme wie Martin Sellner von der „Identitären Bewegung“ – den er bezeichnenderweise im Juni 2019 genau deshalb einlud, wie er selbst im Video erläutert, weil dieser Kontakt mit dem Attentäter von Christchurch hatte und damit mit Rechtsterrorismus in Verbindung gebracht wurde. Denn er, Schrang, wolle sich eben selbst ein Bild machen von Sellner, der nun „Repressionen“ ausgesetzt sei. Sellner ist begeistert: „Ja, wir gehören ja auch zur alternativen Medienmacht – Hagen Grell, [Tim] Kellner, Du, ich. Wir sind denen [„dem Mainstream“ aka Demokrat*innen] eben ein Dorn im Auge.“
Schrang und Sellner verstehen sich als Teil einer gemeinsamen „patriotischen Gegenöffentlichkeit“ (wie sie sich immer wieder im Gespräch versichern), auch wenn es zwischen beiden durchaus Unstimmigkeiten gibt. Etwa, als es um die Sperrung „patriotischer“ Kanäle im Frühjahr 2019 auf YouTube geht. Schrang, der Verschwörungsideologe, vermutet: „Hat das nicht was damit zu tun, dass zwei Tage vorher die Bilderberger-Versammlung war?“ [antisemitische Chiffre]. Der rechtsextreme Sellner antwortet: „Nein, ich glaube, das hing eher mit dem ‚Pride Month‘ zusammen.“ [der Einsatz für LGBTIQ*-Rechte wird in den USA als „Pride Month“ weit mehr zelebriert als hierzulande]. Also: Rechtsextreme Feindbilder waren’s, aber doch verschiedene.
Ähnlich verläuft das Gespräch über den Christchurch-Attentäter. Schrang: „Dass mit der Spende von Brenton T. an Dich – war das nicht vielleicht doch gestellt, inszeniert?“ Sellner (eher verblüfft): „Nein, ich glaube nicht. Es gibt islamistische Terroristen, es gibt kommunistische Terroristen, es gibt auch rechtsextreme Terroristen. […] Unfair ist nur, dass wenn so etwas passiert, alle Patrioten verantwortlich sein sollen.“ Schrang: „Aber das Attentat kam doch wie gerufen für die Verstärkung des ‚Kampfes gegen rechts‘.“ So funktioniert rechtsextreme Verschwörung.
Flauschige Drohungen in Berlin
Was Heiko Schrang in seinen sozialmedialen Ergüssen perfektioniert hat, ist die Verschränkung von vorgeblicher Liebe und Aggression zu seinem eigenen argumentativen Vorteil. In seinem Video nach der Coronavirus-Demonstration in Berlin am 01.08.2020 ist exemplarisch zu sehen, wie er Drohbotschaften verbreitet unter dem Mantel der vorgeblichen Menschenfreundlichkeit. „Das hat Angst, das verlogene System, weil es plattgemacht wird von uns – aber natürlich friedlich.“ In Analogie bezeichnet er sich in einem anderen Video auch als „friedlicher Krieger“. Er berichtet weiter, dass am Samstag eine Gruppe von Polizisten neben der Rednerbühne eine Gruppe von Leuten mit Pfefferspray gekesselt hätten – für Schrang eine Erzählung von der Friedlichkeit der Bewegung: „Drumherum war so eine Masse Menschen, die hätten die Polizisten einfach wegdrücken können. Die hätten keine Chance gehabt! […] Die hätten sich freischießen müssen!“ Aber das ist natürlich keine Drohung gegen Polizist*innen bei weiteren Demonstrationen, sondern wird berichtet im Geist von Ghandi: „Wenn sich eine Million Menschen da im Schneidersitz auf die Straße setzen, wie sollen die alle weggetragen werden?“ Später führt er aus: „Wir lassen uns nicht mehr den Mund verbieten von den zeitungsbeschäftigten Schriftführern der Pharmaindustrie und der Hochfinanz. Wir bringen Licht in der Dunkelheit. […] Wir haben heute Selbstbewusstsein erlangt und die Familiengemeinschaft gespürt. Wir sind wie eine Armee, wenn wir jetzt ins Tun kommen. T. U. N. Und davor haben die Angst.“ An anderer Stelle spricht er von „Tag X“ – wie rechtsextreme Attentäter und Prepper es auch gern tun. Über seine Anhänger*innen sagt Schrang: „Die Medien sagen, wir sind die Bösen, wir sind Spinner, Hooligans, Rechtsextreme, Nazis. Aber denen hört ihr nicht mehr zu. Medien: Die erreicht ihr nicht mehr!“ Umso bitterer, dass Schrang hier vermutlich recht hat.
[1] Etwa in seinem Buch „Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen“ (2013) geht es u.a. um die Themen: Wer regiert eigentlich die Welt? Wer sind diese Interessengruppen, die im Hintergrund die Fäden ziehen? Was passiert mit Politikern, die nicht mitspielen wollen? Regiert Goldman Sachs die Welt? Wer finanzierte die Nazis und den zweiten Weltkrieg? Wer waren die Hauptprofiteure? Wie beeinflussen die Bilderberger und der CFR die Geschehnisse der Welt? Welche Politiker, die sich der neuen Weltordnung entgegen stellten, starben eines mysteriösen Todes? uvm.