Könnten die vorherigen Morddrohungen in den Videos als Nachweis der Tötungsabsicht herangezogen werden?
Als ein nicht unwichtiges Indiz sicherlich, zumal die Drohungen ja zum Teil noch kurz vor der Tat ausgesprochen wurden. In erster Linie geht es aber um das, was der Täter unmittelbar bei der eigentlichen Tat selbst wusste bzw. in Kauf nahm. Man muss halt immer wirklich alle Umstände des jeweiligen Falles berücksichtigen. Dabei wird man hier am Ende möglicherweise ein versuchtes Tötungsdelikt annehmen können, so ganz eindeutig ist es aber nicht. Bei so einer Entscheidung tun sich Gerichte in der Praxis wirklich schwer, meiner persönlichen Meinung nach zu schwer. Ich hatte das früher schon einmal erwähnt: als Verteidiger des Ur-Tiers würde ich darauf abstellen, dass mein Mandant zum Tatzeitpunkt wegen des sich nun manifestierenden drohenden Existenzverlustes für sich und seine Familie emotional so extrem belastet war, dass dies alle Gedanken daran, dass man andere Menschen töten könnte, hierdurch sozusagen komplett überlagert und verdrängt worden sind. Klingt für normale Menschen wahrscheinlich ziemlich gekünstelt und ist es wohl auch, aber Juristen und die sie unterstützenden psychologischen bzw. psychiatrischen Sachverständigen müssen sich bei solchen Gelegenheiten auch mit sowas beschäftigen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt an die Feststellung des Tötungsvorsatzes bei versuchten Tötungsdelikten schon traditionell sehr hohe Anforderungen. Und im Moment laufen da beim BGH obendrein teilweise Vorsitzende und Richter in den Strafsenaten rum, die zwar vom Alter her nicht mehr ganz zu der gerade von uns beiden so sehr geschätzten Alt-68er-Fraktion gehören, aber in ihren Köpfen offenbar immer noch die Ideen eben dieser Fraktion vertreten und dann am Ende gern zu Gunsten des vom Staat tyrannisierten Bürgers entscheiden. So ist insbesondere der strafrechtliche Schutz von polizeilichen Maßnahmen in den letzten 20 Jahren einfach nur durch geänderte Auslegung der geltenden Vorschriften aufgeweicht worden. Finde ich auch nicht gut, weil das am Ende zu weniger Sicherheit für alle Bürger führt, aber so isses nunmal.