Sollte es sich um einen Gegenstand handeln, von dem keine tödliche Gefahr ausgeht, wäre der etwaige Vorwurf einer Tötungsabsicht vom Tisch.
Das ist nicht richtig.
Nur weil eine unternommene Handlung (oder gar ein Unterlassen) objektiv unwahrscheinlich (oder sogar unmöglich) zum Taterfolg führen kann, bedeutet das nicht, dass eine Versuchsstrafbarkeit ausscheidet. Denn der Strafgrund des Versuchs ist allein die böse Absicht und ihre Manifestation im Ansetzen zur Tat.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
Der objektive Teil des strafbaren Versuchs ist das unmittelbare Ansetzen zur Tat, wie sie in der Vorstellung des Täters verwirklicht werden soll. Stellt sich also der Täter vor, dass ein Taterfolg (bspw. der Tod eines anderen Menschen) durch eine konkrete Handlung bewirken lässt und setzt er zu eben dieser Handlung an, ist das die Definition eines strafbaren Versuchs. Maßgeblich ist die Vorstellungswelt des Täters. Dass diese möglicherweise kaum bis gar keine Schnittmengen mit der Realität aufweist, ist zunächst unerheblich.
Selbst wenn also die Waffe lediglich geeignet war, leichtere Verletzungen hervorzurufen, muss das nicht gegen einen Tötungsvorsatz sprechen. Denn der Vorsatz als zielgerichteter Wille hat mit den Mitteln sie umzusetzen ersteinmal nichts zu tun.
Lediglich der sog. "grob unverständige" Versuch (das wäre das Beispiel mit dem abgebrochenen Ast als Schusswaffe) kann(!) dazu führen, dass die Strafe gemildert wird, oder sogar von Strafe abgesehen wird (auch als "♥♥♥enprivileg" bezeichnet, § 23 Abs. 3 StGB). Der ist aber kein Automatismus; auch nicht, wenn ein Mitbürger mittlerer Art und Güte angesichts des Tatplans spontan "Das dass nicht klappt, hätte ich Dir gleich sagen können!" ausruft.
Ein sehr plakatives Beispiel
Vorbemerkung: Das Beispiel ist nicht von mir. Der Dank gebührt einem hier nicht zu nennenden Richter, der inzwischen am BGH in einem Strafsenat sitzt.
Der Sachverhalt (fiktiv und vom Original leicht abgewandelt):
Ein Ehepaar verbringt den Urlaub am Meer. Sie finden eine Bucht, die ansonsten offenbar völlig unberührt ist (sie sind völlig allein dort). Er legt sich auf sein Handtuch und döst vor sich hin. Sie geht ins Wasser, will dass er nachkommt, spritzt ihn zunächst nass und beginnt dann, als er nicht reagiert, laut um Hilfe zu schreien und das Ertrinken zu simulieren. Von den Hilfeschreien, die er für echt hält, geweckt denkt er, dass dies die perfekte Gelegenheit wäre, sie loszuwerden, da er der Ehe ohnehin seit Jahren überdrüssig ist und zudem an die Lebensversicherung der Frau kommen will. Er lässt die Augen geschlossen, hält seine Eheprobleme aufgrund des bevorstehenden Ablebens der Ehefrau für endgültig gelöst und döst weiter. Die Ehefrau, die nie in Lebensgefahr war, entsteigt irgendwann frustriert den Fluten, was der Ehemann zwar bemerkt, aber eher resignierend zur Kenntnis nimmt, ohne etwas Weiteres zu unternehmen. Weil er Reichsbürger ist und alles, was er so tut, auf YouTube herumerzählt, bekommt die Staatsanwaltschaft Wind von der Sache.
Die Lösung (stark verkürzt)
Ein vollendetes Tötungsdelikt steht sehr offensichtlich nicht in Rede, da die Ehefrau ebenso offensichtlich überlebt hat. Es bleibt also nur eine Versuchsstrafbarkeit.
Diese setzt voraus (siehe oben), dass es einen Tatplan gibt, nach dem das strafbewehrte Unrecht einträte und dass der Täter unmittelbar ansetzt, diesen Plan in die Tat umzusetzen.
Der Plan des Mannes: Er wollte die Ehefrau (die zu Retten er als Ehemann bei Zumutbarkeit verpflichtet gewesen wäre) ertrinken lassen.
Er hatte auch Vorsatz hinsichtlich eines Mordmerkmals, namentlich der Habgier (da er an ddie Lebensversicherung wollte).
Er hat auch unmittelbar angesetzt. Er ging nämlich davon aus, dass der Tod der Frau unmittelbar bevorstehe und er lediglich nicht eingreifen (d.h. die gebotene Handlung unterlassen) müsse, um den Tod herbeizuführen.
Dass der Versuch objektiv untauglich war (die Frau war schließlich nie in Gefahr), spielt keine Rolle. Nach dem Wortlaut des Gesetzes reicht ein unmittelbares Ansetzen "nach der Vorstellung des Täters von der Tat" für die Strafbarkeit aus. Zum gleichen Ergebnis führt ein Umkehrschluss aus § 23 Abs. 3 StGB (s.o.), der nur den Täter eines untauglichen Versuchs, der die Untauglichkeit "aus grobem Unverstand" verkannt hatte, privilegiert – eine Strafbarkeit für Täter, die sich "einfach nur" geirrt haben, bestehen lässt.
Rechtswidrig (keine Notwehr etc.) und schuldhaft (keine Schuldunfähigkeit etc.) war die Angelegenheit auch.
Der Vollständigkeit halber: Der strafbefreiende Rücktritt scheitert daran, dass ein Rücktritt vom fehlgeschlagenen Versuch nicht möglich ist. Fehlgeschlagen war der Versuch in dem Moment, als die Frau den (für sie völlig ungefährlichen) Fluten entstieg; in diesem Moment erkannte der Mann nämlich, dass er mit den bisher eingesetzten Mitteln (umdrehen und weiterdösen) den Erfolg (den Tod der Frau) nicht mehr herbeiführen konnte.
Bei einem untauglichen Versuch gilt: Solange der Täter in seiner Vorstellungswelt bleibt und glaubt, dass er mit den eingesetzten Mitteln den Erfolg noch herbeiführen kann, ist ein Rücktritt möglich. In dem Moment, in dem dem Täter die Untauglichkeit des Unterfangens bewusst wird, ist der Versuch fehlgeschlagen.
Strafbarkeit im Ergebnis: Mordversuch durch Unterlassen.
Strafrahmen: Drei Jahre bis lebenslänglich.
So schnell kann's gehen.
Edit: Es wird natürlich schwieriger, ihm den Tötungsvorsatz nachzuweisen, wenn(!) es tatsächlich eine objektiv ungefährliche "Waffe" sein sollte. Was nicht bedeutet, dass der Vorwurf von vorn herein vom Tisch ist; immerhin ist Ursache () für das Verfahren ein Schuss auf den Hals des Beamten. Es sinkt in einem solchen Falle aber lediglich die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Vorwurf hält, nicht die, dass er erhoben wird.