Ich war noch nie in dieser Situation, wie muss man sich das denn vorstellen?
Ehepaare handeln gesamtschuldnerisch - gleichzeitig ist der eine nach Privatinsolvenz schuldenfrei, der andere hat alles an der Backe. Das klingt nicht logisch.
Haben wir noch den Familienrechtler im 82. Untergeschoss?
Da es beim intraforalen Austausch zum Thema Ossis und Wessis
gerade etwas weniger interessant wird, geben wir im Rahmen unserer Konferenzschaltung zurück in die Abteilung "Familienrecht und Insolvenz".
Der Familienrechtler ist ins 107. Untergeschoss strafversetzt worden und fristet dort sein Dasein als Forenbezahltroll. Mein letztes Scheidungsverfahren ist schon ein paar Jahre her, wobei ich Gott sei Dank noch nie als Partei an einem solchen Verfahren beteiligt war. Dennoch sind da letzte Erinnerungsfragmente hinsichtlich der Rechtslage vorhanden:
Beim Normalfall der Zugewinngemeinschaft (einen anderen Güterstand muss man ehevertraglich vereinbaren) haften Ehegatten nicht immer und automatisch als Gesamtschuldner für die aufgenommenen Verbindlichkeiten. Hiervon gibt es einige wenige, gesetzlich geregelte Ausnahmen. So haften Ehegatten, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden, als Gesamtschuldner für die entstandene Steuerschuld.
Eine weitere Ausnahme ist die sogenannte Schlüsselgewalt (§ 1357 BGB). Bei Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfes, die ein Ehegatte tätigt, wird der andere Ehegatte mit verpflichtet. Das sind Geschäfte, die im ehelichen Alltag anfallen und für den Lebensunterhalt der Familie erforderlich sind. Das kann auch ein auf Raten gekaufter Vorwerk-Staubsauger oder eine Schrankwand in Eiche rustikal sein. Ein Immobilienkredit zählt aber nicht zu diesen Geschäften.
Ansonsten kann eine Gesamtschuld der Ehegatten immer nur durch vertragliche Vereinbarung entstehen. Bei den schon erwähnten Immobilienkrediten ist es in der Praxis so, dass diese an Ehegatten nur vergeben werden, wenn beide Ehegatten sich vertraglich als Gesamtschuldner zur Rückzahlung verpflichten.
Die Privatinsolvenz wirkt nur für und gegen den Ehegatten, der sie durchläuft. Und ja, es ist so, dass ein Ehegatte nach erfolgreich überstandener Privatinsolvenz von seinen restlichen Schulden befreit wird, auch von den gemeinsam mit dem anderen Ehegatten eingegangenen Verpflichtungen. Dieser andere Ehegatte hat dann alle gemeinsam eingegangenen Verbindlichkeiten allein an der Backe. Er kann ja selbst Privatinsolvenz beantragen (wobei die dem schönen Adrian hier nicht in allem helfen würde, denn Schulden, die aus versuchten Tötungsdelikten und anderen vorsätzlichen Straftaten stammen, wird man auf diese Weise auch nicht los).
Interessant: Angenommen, Ehegatte A hat erfolgreich die Privatinsolvenz durchlaufen und schafft es hinterher sogar, durch eifrige Arbeit und sparsame Lebensweise ein kleines Vermögen anzuhäufen, während Ehegatte B nichts macht und eher noch mehr Schulden anhäuft. Kommt es dann zur Scheidung, darf A unter Umständen im Rahmen des Zugewinnausgleiches sogar noch eine Ausgleichszahlung an B leisten (es gibt da zwar Härtefallregeln, aber die gelten nur in wirklich extremen Ausnahmen). Zugegeben ein sehr theoretischer Fall, zumal "eifrige Arbeit" und "sparsame Lebensweise" gerade für viele Reichis Fremdwörter aus einer anderen Galaxie sein dürften. In der Praxis geht es in der Regel nur darum, wer mit den wenigsten finanziellen Einbußen aus der Ehe herauskommt und da gibt es nichts mehr auszugleichen. Was wiederum meine - aus höchstpersönlicher Erfahrung abgeleitete - These untermauert, dass eine Ehe bestenfalls in menschlich-persönlicher Hinsicht
Vorteile verschaffen kann, während in finanzieller Hinsicht fast immer beide Seiten nur draufzahlen (der kleine finanzielle Schub aus dem steuerlichen Ehegattensplitting ist ja schnell verfrühstückt).