Ach, ja ...
Spoiler
Potsdam
Zehn private Wachkräfte sollen die Quarantäne der Asylunterkunft in der Zeppelinstraße in Potsdam aufrecht erhalten und die Geflüchteten schützen. Unter den Sicherheitskräften war am Donnerstagabend auch der stadtbekannte Neonazi Gabor G. im Dienst. Er arbeitet für die Sicherheitsfirma, die vom Internationalen Bund für die Sicherheit des Asylheims beauftragt wurde und war schon zuvor an einer anderen Asylunterkunft tätig.
Zuerst ist der Sicherheitsmitarbeiter der Brandenburger linken Szene aufgefallen. Auf einer Internetseite, die sich selbst als „Infosystem für alternative Politik“ beschreibt, wurde über den Vorfall berichtet. In dem Beitrag, der am Donnerstag erschienen ist, wird dem Geschäftsführer der Sicherheitsfirma und seinem Mitarbeiter eine „rassistische und völkische“ Gesinnung unterstellt.
Zweifel an der Gesinnung von Chef und Mitarbeitern
Der Beitrag verweist auf Facebookbeiträge des Geschäftsführers, die die Vorwürfe untermauern sollen. Tatsächlich sind einige der Beiträge auf seinem Profil zu finden. Im September 2019 teilte der Geschäftsführer einen Facebook-Beitrag der AfD zum Diesel-Skandal. Am 22. März 2015 ist auch ein Beitrag zu finden, der nahelegt, dass die Bundesrepublik kein Staat sei – eine Verschwörungstheorie, die auch in rechten Kreisen beliebt ist. Nicht alle Beiträge, auf die verwiesen wird, sind am Freitag auf seinem Profil zu finden. Darunter auch Beiträge, die expliziter gewesen sein sollen.
Auf Facebook teilte der Geschäftsführer nach MAZ-Recherchen 2017 auch Musik der Band Freiwild, die immer wieder in der Kritik steht, Teil der rechten Szene zu sein. Außerdem ist 2014 ein Artikel der Partei „Der III. Weg“ geteilt worden. Dies ist eine rechtsextremistische Kleinstpartei, die laut brandenburgischem Verfassungsschutz als Organisation „strikten neonationalsozialistischen Rechtsextremismus mit völkischen, fremdenfeindlichen und antidemokratischen Positionen“ vertritt.
Der Geschäftsführer sieht sich durch den Beitrag in Verruf gebracht. „Ich bin über die Anschuldigungen erschrocken und hatte noch nie mit solchen Leuten zu tun oder hatte solche Gedanken“, sagt er auf MAZ-Anfrage. Er sieht sich als „komplett neutrale Person“ und weist auf den Widerspruch hin, dass er ausländische Angestellte hätte, die einen guten Job machen würden. Beiträge der AfD oder des III. Weges will er nicht geteilt haben. „Eigentlich teile ich sowas gar nicht – maximal als gefällt mir. Ich habe mit sowas nichts zu tun“, erklärt er.
Verbindungen zu rechtsextremer Partei
Mit der Partei „Der III. Weg“ stand vor Jahren auch der Neonazi Gabor G. in Verbindung. Er wurde als Sicherheitsmitarbeiter am Donnerstagabend zur Asylunterkunft in die Zeppelinstraße gerufen. G. demonstrierte im Sommer 2015 mit der Splitterpartei „Der III. Weg“ für einen „Ausländerstopp“. Dort gehörte er zur Kerngruppe. Mit einer Fackel in der Hand und in einem Partei-Shirt stand er an der Seite des Rednerpults. Es sprach der Zwillingsbruder des im NSU-Prozess angeklagten André Eminger sowie Maik Eminger, der wegen Volksverhetzung verurteilt ist.
Schon 2018 gab es einen Aufruhr, weil er im Wohnungsverbund für Geflüchtete im Staudenhof für Sicherheit sorgen sollte.
Gabor G. wurde von seinem Chef beurlaubt, „bis sich die Wogen glätten“. Von seinem Hintergrund will er nichts gewusst haben. „Alle, die im Wachgewerbe tätig sind, werden von den Ordnungsbehörden komplett geprüft. Da gab es grünes Licht, auch seine Prüfungszeugnisse sind alle sauber“, sagt der Sicherheitschef. Über den privaten Hintergrund seines Angestellten wüsste er wenig.
In dem Beitrag des Infosystems kritisiert der Autor auch die Stadt Potsdam, „dass sie Personen mit einer neonazistischen Gesinnung zur Überwachung einer Unterkunft für geflüchtete Menschen duldet“.
So kam es zu dem Einsatz von Gabor G.
Markus Klier, Sprecher der Stadt Potsdam, sagt dazu: „Wir beauftragen das nicht, das macht der Träger. Wir haben aber schnell reagiert.“ Die Stadt hätte von dem Vorfall über Twitter erfahren und den Internationalen Bund sofort dazu kontaktiert.
Auf der Facebookseite des Internationalen Bunds Berlin Brandenburg hat der Träger klar gemacht, dass Gabor G. nicht zum „Stammpersonal“ der Einrichtung gehört. Susanne Christopoulos, Regionalleiterin beim Internationalen Bund (IB) erklärt auf MAZ-Anfrage, dass man in der Zeppelinstraße Personal brauchte. „Auch in dieser Branche kommt es wegen Krankheit zu Ausfällen“, sagt sie. „Wir hatten am Donnerstagabend Bedarf und die von uns beauftragte Firma hat zusätzliches Personal angefordert.“ Das seien Ersatzleute, die bei Personalengpässen nachrücken würden. So sei Gabor G. zum Einsatz gekommen.
Mögliche Konsequenzen für die Sicherheitsfirma
„Er wurde schnell identifiziert und die Bereichsleiterin hat gemeinsam mit dem Chef der Sicherheitsfirma dafür gesorgt, dass er schnell abgezogen wird, damit klar ist, dass solche Personen dort nicht eingesetzt werden dürfen“, sagt Christopoulos. Sie stellt klar: „Rechtsradikale Menschen gehen gar nicht. Dieser Mitarbeiter steht bei uns nun auf der schwarzen Liste.“
Bisher hätte sie mit der Firma gut zusammengearbeitet. „Wir profitieren von dem ausländischen Hintergrund und den Sprachkenntnissen der Mitarbeiter“, sagt sie. In den nächsten Tagen wird es auch mit der Sicherheitsfirma eine Auswertung der Situation geben. „Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass der Geschäftsführer sich in der Richtung positioniert oder wir einen Anlass hätten, dass das noch mal passiert, dann werden wir uns von ihm sofort trennen“, sagt Christopoulos.
Natürlich konnte keiner etwas wissen ...