Auf FB wurde zurecht die Frage gestellt, warum der noch da ist, wenn jeder Normalsterbliche eine Grabstelle pachten muß.
Mein Vorschlag: endgültig ausgraben, Reste verbrennen, dann durch die Knochenmühle und bei Nacht in einem Fluß verstreuen, dann dient er noch einem guten Zweck und es gibt keinen Wallfahrtsort.
Spoiler
Unbekannte haben in der Nacht zu Donnerstag versucht, die sterblichen Überreste des NS-Kriegsverbrechers Reinhard Heydrich auszugraben. Dies erfuhr der Tagesspiegel aus Polizeikreisen. Ein Mitarbeiter des Invalidenfriedhofs in Mitte bemerkte die Graböffnung am Donnerstag und alarmierte die Polizei.
Der oder die Täter haben nach bisherigem Stand der Ermittlungen „nichts entwendet“, hieß es bei der Polizei – die Gebeine sind also noch da. Ermittelt wird wegen „Störung der Totenruhe“, der für politische Delikte zuständige Staatsschutz prüft die Tat. Dem Vernehmen nach müssen die Täter Insider-Kenntnisse gehabt haben. Denn das Grab Heydrichs ist nach Ende des Zweiten Weltkriegs eingeebnet worden.
Vor fast 20 Jahren, im Februar 2000, hatte es eine ähnliche Tat gegeben. Linksextremisten hatten auf dem Nikolaifriedhof in Prenzlauer Berg das Grab des SA-Sturmführers Horst Wessel geöffnet. Anschließend wurde ein Bekennerschreiben einer Gruppe „Autonome Totengräber“ veröffentlicht, in dem behauptet wurde dass man den Schädel Wessels in die Spree geworfen habe.
Invalidenfriedhof ist einer der ältesten in Berlin
Die Polizei dementierte damals aber, dass Skelettteile entwendet worden sind. Zudem sei es das Grab von Wessels Vater gewesen. Die autonome Gruppe wollte mit der Tat verhindern, dass die Neonaziszene Wessel weiter als Helden ehren und einen „Identifikationspunkt für die rechte Szene schaffen könne“, hieß es in dem Schreiben weiter. Tatsächlich hatte es damals mehrfach Demonstrationen von Neonazis für Wessel gegeben. Von 1933 bis 1945 trug der Bezirk Friedrichshain den Namen Horst Wessels.
Wie Heydrichs Grab war auch das von Wessel und aller anderen Nazigrößen auf Berliner Friedhöfen eingeebnet worden. Ein Geheimnis ist es allerdings nicht, wo Heydrich begraben wurde, wer „Invalidenfriedhof“ googelt, stößt zuerst auf zwei Namen: Heydrich und Scharnhorst.
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Der Friedhof an der Scharnhorststraße gehört zu den ältesten Friedhöfen in Berlin. Er steht als Zeugnis der preußischen und deutschen Militärgeschichte und als Erinnerungsstätte an die deutschen Befreiungskriege 1813 bis 1815 unter Denkmalschutz. Gerhard von Scharnhorst war preußischer General und gehört zu den bedeutendsten Heeresreformern der Befreiungskriege. 1942 hatten die Nationalsozialisten zwei führende Vertreter des Regimes auf dem Invalidenfriedhof beerdigt, Heydrich und Todt.
Der Reichsminister für Bewaffnung und Munition und Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, Fritz Todt, war im Februar 1942 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Heydrich war 1941 als Leiter des Reichssicherheitshauptamtes von Hermann Göring mit der „Endlösung der Judenfrage“ beauftragt worden.
Reinhard Heydrich leitete die Wannseekonferenz
Im Januar 1942 leitete Heydrich die „Wannseekonferenz“, auf der die Vernichtung aller im damaligen Machtbereich Deutschlands lebenden Juden verabredet worden war. Tschechische Widerstandskämpfer verletzten Ende Mai 1942 Heydrich, der auch stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren war, bei einem Attentat schwer.
Am 4. Juni erlag Heydrich seinen Verletzungen, am 9. Juni fand in Hitlers Reichskanzlei eine pompöse Totenfeier statt. Die Grabrede auf dem Invalidenfriedhof hielt anschließend Heinrich Himmler, der Chef der SS.
Der Historiker Laurenz Demps wertet in seinem Buch über den Invalidenfriedhof, dass vor allem „die Beisetzung Heydrichs, dessen sterbliche Überreste nicht entfernt wurden, eine besonders schwere Last“ sei, die auf dem Friedhof liege. Allerdings hat es in den vergangenen Jahrzehnten ums Heydrichs Grab keinen Ärger gegeben, sehr viel aber um das von Fritz Todt.
2004 hatte die Tochter Todts durchgesetzt, dass ein neuer Grabstein aufgestellt wird. Das Bezirksamt Mitte, das Landesdenkmalamt und der Förderverein des Invalidenfriedhofs hatten ihr Gesuch abgelehnt, damit für Neonazis kein Ort der Erinnerung entsteht. Als die Tochter mit einer Klage drohte, gab der Bezirk seinen Widerstand auf. Nach wenigen Jahren war dieser Ersatz-Grabstein wieder abgeräumt worden.
Während der Teilung Deutschlands ist der Invalidenfriedhof von der DDR-Regierung großflächig zerstört worden, da die Mauer über das Gelände am Schifffahrtskanal lief. Ein Förderverein bemüht sich seit 1992 um Bewahrung und Restaurierung der Anlage und Grabstätten.
Als eigentlicher „Nazifriedhof“ gilt der evangelische Luisenstädtische Friedhof in Kreuzberg, der „Hauptfriedhof der Bewegung“ war. Fast die Hälfte der von den Nationalsozialisten als „Märtyrer“ bezeichneten Berliner dieser Zeit, sind hier beerdigt worden, schrieb im März der Historiker Jesús Casquete in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. Casquete kritisierte darin, dass es bislang keine Informationen der Friedhofsverwaltung über die Funktion in der Nazizeit gebe.