Ist die "Lügenpresse" etwa den Verbindungen schon auf der Spur? Wobei die AfD hier nicht genannt wird und man sich fragt warum.
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10. Oktober 2019 | 18:42 Uhr
Schüsse von Halle
Es sind keine Einzelfälle mehr
Halle. Unter den Radikalen in Deutschland steigt laut Verfassungsschutz die Bereitschaft zu Übergriffen und Anschlägen.
Stephan B. ist offenbar verantwortlich für das schreckliche Attentat auf die jüdische Synagoge in Halle. In seinem Video bekennt er sich eingangs zur rechten Ideologie, indem er beispielsweise den Holocaust leugnet, und er zeigt sich als Antisemit, weil er die Juden für das von ihm vermutete Unheil verantwortlich macht. Sein Bekenntnis wirft erneut ein Schlaglicht auf die rechte Szene in Deutschland, die lange Zeit unterschätzt wurde.
Die Mordserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) und das tödliche Attentat auf den Regierungspräsidenten von Kassel, Walter Lübke, können nun nicht mehr als Einzelfälle beschrieben werden.
2018 zählte der Verfassungsschutz etwa 24 100 Personen zu Mitgliedern von rechten Parteien und Gruppen, darunter die NPD, „Die Rechte“, „Der Dritte Weg“ und andere Vereinigungen. Etwa die Hälfte davon gilt als gewaltbereit. Insgesamt 1088 Gewalttaten verzeichnete die Behörde im vergangenen Jahr, was einen leichten Anstieg zum Vorjahr bedeutet (1054).
Besonders auffällig: die rechten Untergruppen der Reichsbürger und der Selbstverwalter. Erstere bestreiten die Existenz der Bundesrepublik als legitimen Staat. Die Selbstverwalter hingegen erklären ihren Austritt aus der Bundesrepublik und markieren häufig ihr eigenes Staatsgebiet. Den beiden Gruppen ordnet der Verfassungsschutz 776 Straftaten im vergangenen Jahr zu, 160 davon gewalttätig.
„Antisemitismus ist weiterhin ein konstantes Agitationsfeld und ideologisches Identifikationsmerkmal von Rechtsextremisten“, schreiben die Verfassungsschützer. Allerdings konzentriere man sich derzeit auf Themen, von denen man sich mehr Anknüpfungspunkte an die öffentliche Diskussion verspreche. Es gehe um „Ausländer“, „Überfremdung“.
Zunehmend kooperieren die Rechten auch international. Die Anti Defamation League (ADL) hat in ihrem aktuellen Bericht die internationale Vernetzung weißer Rassisten untersucht. Demnach dienen vor allem die Taten des norwegischen Rechtsextremisten Anders Breivik als Vorbild, der im Sommer 2011 in der Osloer Innenstadt Amok lief und danach ein Treffen sozialdemokratischer Nachwuchspolitiker überfiel und 77 Menschen tötete.
Wie der Norweger nutzten die Täter das Internet und Soziale Medien als Bühne für sich und für ihre Morde. Vor allem junge Männer mit fehlenden beruflichen und privaten Perspektiven scheinen anfällig für solche Inhalte zu sein. Rassistische Gruppen vermitteln den potenziellen Tätern, Juden und nicht-weiße Menschen seien das Grundübel. Auch üben sie heftige Kritik an der Globalisierung und am Feminismus – beides würde genutzt, um die „weiße Rasse auszutauschen“.
Das Konstrukt vom „Austausch der Weißen“ ist ein wichtiger Bestandteil der Ideologie Weißer Rassisten. Als Erfinder dieser Idee gilt der französische Autor Renaud Camus, der mit seinem Buch „Le Grand Remplacement“ – der große Austausch – die These aufstellt, durch Einwanderung erlebe Europa einen Identitäts- und Kulturverlust. Nationalistische Gruppen wie die Identitäre Bewegung berufen sich auf Camus. Europäische Regierungen würden eine „Auflösung“ des Volkes planen und betreiben.
In Deutschland liefert die sogenannte Identitäre Bewegung den neuen Überbau für die Rechten. Diese bezieht sich auf das Gedankengut des Verlegers und Autors Götz Kubitschek. Inzwischen erobert die Gedankenwelt auch den Mainstream. Melanie Schmitz etwa ist Mitbegründerin des Identitären Zentrums „Flamberg“ (Flammenschwert) in der Innenstadt von Halle an der Saale, gleich gegenüber der Martin-Luther-Universität. Sie ist laut „Spiegel“ das Postergirl der rechten Bewegung und verbreitet über Musikvideos und einen populären Instagram-Account rechtes Gedankengut.
https://www.lr-online.de/nachrichten/politik/schuesse-von-halle-rechtsradikale_aid-46417595________________
Liebich hat es auch wieder in die "Lügenpresse" geschafft. Kein Wort zu seinen "Montagsdemos" mit AfD-Politiker Donatus Schmidt und anderen Verbindungen in die Reichsbürger-Szene
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Antisemitismus
Rechter Hass in Sachsen-Anhalt
Der tödliche Angriff in Halle wirft ein Schlaglicht auf die rechtsextreme Szene in dem ostdeutschen Bundesland. Beobachter warnen, dass es kaum noch Berührungsängste zwischen bürgerlichen und rechtsextremen Milieus gibt.
Der Rechtsextremismus in Halle hat ein eigenes Haus. Es liegt mitten in der Stadt und ist ein Wohnprojekt der Identitären Bewegung. Hier treffen sich rechte Ideologen, Burschenschaftler und Neonazis mit jugendlichen Hipstern. Ihr Ziel: Rassismus und Antiislamismus sollen in die Mitte der Gesellschaft getragen werden. Der Verfassungsschutz warnt: "Ihre Ideologie soll die Gesellschaft nachhaltig verändern." Und in Halle hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Auch wenn der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, betont, dass rechtsextreme Angriffe wie jetzt in Halle keinen Platz in der Gesellschaft haben.
Augenzeugen griffen nicht ein
Sebastian Scharmer nimmt das anders wahr. "Die rechtsextreme Szene in Sachsen-Anhalt ist groß. Und was ich bedrückend empfinde, ist, dass sie gut in bürgerliche Strukturen integriert ist." Scharmer vertritt als Rechtsanwalt viele Opfer rechter Gewalt. Zum Beispiel eine Familie aus Eisleben, nicht weit von Halle. Von hier kommt der mutmaßliche Attentäter. Die Familie wurde von drei Neonazis angegriffen, mit Schlagring und Schlagstock. Ein Opfer überlebte nur dank einer Notoperation. Die Frau kommt aus Syrien. Einer der Täter hatte "Ausländer raus" gebrüllt. "Die Leute, die den Angriff gesehen haben, haben nicht eingegriffen", erzählt Scharmer. "Dass die Täter sich solche Angriffe trauen, sagt auch viel über die Umgebung aus."
Natürlich gibt es auch viele Bürger, die sich gegen den Hass engagieren. Aber auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, beobachtet eine Verschiebung roter Linien: Was in der Vergangenheit nur gedacht wurde, sei wieder sagbar. Auf Worte folgten Taten.
Hass auf multikulturelle Gesellschaft
Und für Antisemiten und Rassisten gibt es zahlreiche Anlaufstellen in Sachsen-Anhalt. Da ist ein Gemeinderat der rechtspopulistischen Partei AfD, der eine Holocaust-Leugnerin unterstützt. Da sind die selbsternannten Reichsbürger mit ihrem Hass auf die multikulturelle Gesellschaft, und da sind zahlreiche rechtsextreme Kameradschaften und Kleingruppen, die sich auch in Sachsen-Anhalt ausgebreitet haben. So wie die völkische "Artgemeinschaft", die den Nationalsozialismus verherrlicht.
Laut Inlandsgeheimdienst ist sie "für die Szene ein bedeutender Ansprechpartner für das kulturelle Leben innerhalb der nationalen Bewegung und bietet mit ihren Veranstaltungen vor allem Neonazis einen ideologisch-lebensweltlichen Rahmen, um die Familien und Kinder an die Szene zu binden und rassistische Überzeugungen weiterzugeben. Dabei werden Ideale wie die "eigene Art" und "Rasse" propagiert.
Rechte Hetze über Youtube
Bislang gibt es keine Berichte über Verbindungen des mutmaßlichen Attentäters Stephan B. in die Szene der Region. Aber die Kontaktaufnahme ist im digitalen Zeitalter auch vom Schreibtisch aus schnell hergestellt. Zum Beispiel zu Sven Liebich. Er wohnt in Halle und organisiert die sogenannten "Montagsdemos". Seine Anhänger erreicht er aber hauptsächlich über seinen Youtube-Kanal. Laut David Begrich von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus Miteinander ist Liebich "einer der reichweitenstärksten Propagandisten von Verschwörungstheorien". Er hetzt gegen Flüchtlinge, gegen Juden, gegen Politiker. Zehntausende Anhänger schauen sich die Hetze an.
Sven Liebich hat sich noch am Tag der Tat in Halle auf Youtube zu den Morden geäußert: "Leute, ich lebe noch, habe keine Verfolgungsfahrt hinter mir und wollte einfach nur sagen, dass ich nichts mit dem Anschlag auf die Synagoge und den Dönerladen zu tun habe." Liebich lacht dabei in die Kamera. Der tödliche Hass ist für ihn ein Spiel.
https://www.dw.com/de/rechter-hass-in-sachsen-anhalt/a-50774221____________________
War wohl ein ungünstiger Termin für den NeoNazis und Judenhasser Krolzig. Es bleibt bei der Haftstrafe von 6 Monaten.
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Do., 10.10.2019
Er soll Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold als »frechen Judenfunktionär« bezeichnet haben Volksverhetzung: Rechtsextremist Sascha Krolzig muss in Haft
Bielefeld (WB/fw). Sascha Krolzig soll den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold als »frechen Judenfunktionär« bezeichnet haben. Dafür muss der Bundesvorsitzende der rechtsextremen Partei »Die Rechte« in Haft. Damit lehnte das Landgericht Bielefeld die Berufung des 32-Jährigen ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
»Es gibt keinen Zweifel am volksverhetzenden Charakter«, urteilte der vorsitzende Richter über den Text, den Krolzig im Jahr 2016 auf der Internetseite seiner Partei veröffentlichte. Darin nannte der Funktionär den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Matitjahu Kellig, einen »selbstgefälligen frechen Judenfunktionär«. Kellig zeigte den mehrfach vorbestraften Krolzig an.
Bereits im Vorjahr hatte das Amtsgericht Bielefeld Krolzig wegen Volksverhetzung zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt. Dagegen hatte er Berufung eingelegt – die jetzt aber vom Landgericht Bielefeld verworfen wurde.
Kellig: »Ich habe eine Bedrohung gespürt«
Matitjahu Kellig, der gestern als einziger Zeuge aussagen musste, sah man die Leiden der vergangenen drei Jahre an. Der 70-jährige emeritierte Musikprofessor schilderte bewegt, wie sich sein Leben nach der Veröffentlichung des Textes verändert habe. »Ich habe eine Bedrohung gespürt«, sagte er. Noch heute nehme er medizinische Hilfe in Anspruch. Sein Wohnort sei geheim, das Haus habe er mit Sicherheitstechnik ausgerüstet.
»Die Sache beeinträchtigt mich in meiner Lebensqualität«, sagte Kellig, der nach der Verhandlung von rechten Aktivisten verbal attackiert wurde. »Bekomme ich ein Autogramm von Ihnen?«, war nur einer der polemischen Sprüche in Richtung des jüdischen Gemeindevorsitzenden. Justizbeamte mussten eingreifen, um die Lage zu beruhigen. Personenschutz für den Zeugen hatte der Bielefelder Staatsschutz laut »WDR« nicht gewährt.
Rechter liefert sich Wortgefecht mit Journalisten
Als er am Donnerstag nun den Gerichtssaal gegen 10.15 Uhr betrat, bejubelten seine Anhänger ihn lautstark und begrüßten ihn mit »Sascha«-Rufen, ehe sie zur Ruhe ermahnt wurden. Ein Anhänger der Rechten lieferte sich zudem ein Wortgefecht mit anwesenden Journalisten. Der Prozess selbst wurde dann jedoch vertagt, auf 13 Uhr, da Krolzigs Anwalt sich verspätet hatte.
Das Verfahren gegen Krolzig steht im Schatten des Anschlags von Halle. Ein schwerbewaffneter mutmaßlicher Rechtsextremist hatte am Mittwoch versucht, in die Synagoge einzudringen und dort unter Dutzenden Gläubigen ein Blutbad anzurichten. Sein Versuch scheiterte, woraufhin er vor der Synagoge und danach in einem nahen Döner-Imbiss zwei Menschen erschossen und mindestens zwei weitere verletzt haben soll.
Solidarität mit der jüdischen Gemeinde
Neben Aktivisten der Rechten und Mitgliedern der Antifa waren aber auch Vertreter der Jüdischen Gemeinde im Gerichtssaal. Weitere Zuschauer solidarisierten sich in Gesprächen mit Medienvertretern mit Matitjahu Kellig. »Ich wäre aber auch ohne diesen Vorfall zu dem Termin gekommen, um meine Unterstützung für die jüdische Gemeinde zu zeigen«, sagt ein Zuschauer.
https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Bielefeld/Bielefeld/3993682-Er-soll-Vorsitzenden-der-juedischen-Gemeinde-Herford-Detmold-als-frechen-Judenfunktionaer-bezeichnet-haben-Volksverhetzung-Rechtsextremist-Sascha-Krolzig-muss-in-Haft