Non olet ...
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Hitler-Zitat als nostalgischer Wandschmuck bei Amazon
Ein Hitlerzitat als nostalgischer Wandschmuck bei Amazon. Und es ist kein Einzelfall. Das Angebot des weltgrößten Onlinehändlers ist vollgepackt mit Nazi-Fanartikeln, Germanenprosa, NS-Symbolik und Reichsbürgerpropaganda. Beispiele: T-Shirts mit der Aufschrift „Auch ohne Sonne braun“ (14,99 Euro) oder „Nordische Wut kennt keine Gnade“ (15,99 Euro). Aufkleber mit Sprüchen wie „Ein Germanenherz schlägt in meiner Brust“ (2,99 Euro). Oder auch ein Buch mit dem ironisch-zynischen Titel „Wehr’ Dich und schlag’ zu! – Handbuch zur Abwehr gewalttätiger Fachkräfte, Kulturbereicherer und Antifanten“ (20 Euro).
Auf verfassungswidrige Symbole wird geschickt verzichtet. Die meisten Nachdrucke aus dem Dritten Reich tragen den beschönigenden Zusatz „Wissenschaftlicher Quellentext“. Formsprache, Inhalt und typographische Gestaltung aber sind eindeutig: Der Versandhändler ist der perfekte Ausrüster für Neonazis, Hitlerverehrer, Wehrmachtsnostalgiker – und Antisemiten.
So findet sich neben pseudowissenschaftlicher Hitlerverehrung auch ein Nachdruck der Broschüre „Judas: Der Weltfeind“ (zehn Euro) im Amazon-Angebot, außerdem die Wehrmachtsschrift „Der Jude als Weltparasit“ von 1944 (20 Euro) sowie der Band „Der Untermensch“ (20 Euro), herausgegeben 1942 vom SS-Hauptamt/Schulungsamt, nachgedruckt im politisch eindeutig verorteten Kleinverlag „Der Schelm“, der in Tschechien ansässig ist, aber deutsche Kundschaft im Visier hat.
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In dessen Katalog finden sich auch Titel wie „Die Auschwitz-Lüge“ – mit folgender Erläuterung: „Die zentralste Greuelpropaganda-Legende, um die gutgläubigen Deutschen schuldbewusst und abzockbar zu halten, ist das einer besonders perversen jüdischen Phantasie entsprossene Märchen von den Massenvergasungen im Arbeitslager Auschwitz.“
Josef Schuster ist erschüttert. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland nennt es einen „unerträglichen und schon viel zu lange anhaltenden Zustand“, dass Amazon auf seiner Plattform auch antisemitische Bücher anbietet. „Wir erwarten von einem Unternehmen wie Amazon wie auch den zuständigen Behörden, dass sie solche Schriften eigenständig, aber zumindest auf Hinweis auf ihre Rechtswidrigkeit prüfen, gegebenenfalls unverzüglich aus dem Verkehr ziehen und gegen die Urheber konsequent Strafanzeige stellen“, sagte Schuster.
Gleiches gelte für die „völlig inakzeptable Situation, dass über Amazon T-Shirts und Aufkleber vertrieben werden, die NS-Größen oder rechtes Gedankengut verherrlichen oder den Hass auf Minderheiten schüren“. Amazon trage „als eines der größten Unternehmen auf dem weltweiten Buch- und Onlinehandelsmarkt eine große moralische und gesellschaftliche Verantwortung“.
Artikel sind bei Drittanbietern auf Amazon Marketplace erhältlich
Amazon tritt dabei nicht als direkter Verkäufer auf. Die fragwürdigen Artikel sind bei Drittanbietern auf der konzerneigenen Verkaufsplattform Amazon Marketplace erhältlich – freilich über dieselbe Webseite. Und der Konzern kassiert mit.
Zu den Händlern gehören polizeibekannte Größen der rechten Szene. So vertreibt ein früherer „Blood & Honour“-Aktivist über Amazon Aufkleber, Sweatshirts und Kaffeetassen mit Aufdrucken wie „Fuck you Greta – keine Macht den Ökoterroristen“ oder „Ich bin einer von denen, die schon länger hier leben“. Auf seiner eigenen Homepage ist die Sprache noch drastischer. Dort heißt es auf Stickern: „Deutschland macht die Beine breit – der Nafri braucht nen Zeitvertreib“ oder auch „Hurra Hurra so schreit die Antifa – der Neger bleibt für immer da“.
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Auch ein NPD-Gemeinderat aus der sächsischen Schweiz ist bei Amazon Marketplace aktiv, verkauft Weltkriegssouvenirs wie das Emailleblechschild „Regiments-Gefechtsstand“ (21,90 Euro), Erwin-Rommel-Sweatshirts (33,90 Euro) und unmissverständliche Anstecker („Zur Erinnerung an die große Zeit“, 7,50 Euro). Erst im März hatte die Polizei den Versandhandel des Mannes durchsucht – und Gegenstände mit Sigrune beschlagnahmt. Das Symbol ist – doppelt verwendet – als SS-Zeichen bekannt. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Nach Angaben eines Sprechers laufen die Ermittlungen noch.
Amazon nimmt keine Stellung zu Vorwürfen
Warum bietet Amazon rechtsextremen Händlern und völkischen Propagandisten eine Verkaufsplattform? Das Unternehmen wollte trotz mehrfacher Anfrage nicht zu den Vorwürfen Stellung nehmen. „Wir kommentieren das nicht“, sagte Unternehmenssprecher Tobias Goerke. Auch zu der Frage, ob Amazon sein Sortiment überprüfen und nach Mitteln suchen werde, derlei Produkte auch aus dem Marketplace-Angebot zu entfernen, wurde nichts mitgeteilt.
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Dabei verstößt die Firma gegen ihre eigenen Richtlinien für Marketplace-Händler. Darin heißt es ausdrücklich: „Verboten ist das Anbieten von Artikeln, die den Nationalsozialismus oder verfassungswidrige Organisationen verherrlichen, unterstützen, gutheißen oder verharmlosen“ oder die „verrohend wirken, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizen sowie den Krieg verherrlichen“. Verboten sind laut Amazons eigenen Regeln auch „Objekte, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören und zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstacheln“.
In früheren Stellungnahmen argumentierte Amazon, dass der Konzern auf dem Marketplace ja nicht selbst als Verkäufer auftrete. Zentralratspräsident Schuster reicht das nicht: „Wer solche Waren auf dem Markt verbreitet, darf sich nicht darauf zurückziehen können, dass er lediglich ,Anbieter‘ ist und damit keine Verantwortung hat“, sagte er. Das gelte „gerade in der derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Lage“. Für ihn bestehe „auf jeden Fall Handlungsbedarf“.
Von Amazon-Chef Jeff Bezos ist nichts zu hören
Tatsächlich ist Amazon ebenso wie Ebay nicht verpflichtet, sein gesamtes Angebot von sich aus auf Gesetzesverstöße zu überprüfen. Erst bei entsprechenden Hinweisen müssen die Konzerne aktiv werden. Haftbar zu machen ist dann freilich der Dritthändler. Auch ist der Handel mit derlei Ware nicht grundsätzlich verboten. Die Imagewirkung freilich ist verheerend: Offenbar überlagert die Aussicht auf mehr Umsatz Amazons Willen, als gesellschaftlich verantwortungsvoller Großkonzern aufzutreten. In den USA forderte jüngst der US-Kongressabgeordnete Keith Ellison Amazon-Chef Jeff Bezos auf, Naziprodukte aus dem dortigen Marketplace zu entfernen. Es gebe eine „erschütternde Menge“ von „Strampelanzügen, Spielzeugen, Flaggen, Faschingskostümen und Kleidung mit Nazi-, Neonazi-, antisemitischen und islamophoben Emblemen“ sowie „brutalen und rassistischen Motiven“.
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Es geht auch anders. Während Amazon schweigt, reagierte der Lebensmittelkonzern Real vor anderthalb Jahren geschickter: Kunden fielen damals zahlreiche Wehrmachtsartikel im Real-Onlineshop auf, darunter ein Tropenhelm des Afrikacorps und ein Aufnäher mit Totenkopf und Stahlhelm. In der Produktbeschreibung hieß es: „Mit diesem Aufnäher können Sie zeigen, dass Ihnen einige Ideen des Dritten Reichs auch heute noch gefallen.“ Real griff hart durch, entfernte die Produkte und sperrte die entsprechenden Drittanbieter. Der Real-Geschäftsführer entschuldigte sich persönlich via Twitter: „Sorry, keine böse Absicht. Shit happens.“ Von Jeff Bezos dagegen war bisher noch nichts zu hören.