meinte vermutlich, daß andere genau desgleichen getan haben und deshalb die Waffen loswurden.
Eigentlich dachte ich, echte Teutsche stehen mit ihrem guten Namen ein und kämpfen aufrecht und mit geöffnenem Visier gegen den bösen Feind?
Spoiler
Sven Krüger saß mehrere Jahre für die NPD im Kreistag in Wismar. 2011 legte er sein Kreistagsmandat nieder, nachdem bei ihm Pistolen und mehrere Hundert Schuss Munition gefunden worden waren. Krüger musste mehrere Jahre ins Gefängnis dafür – nun ist er wieder politisch aktiv. Der Unternehmer Steffen Meinecke fiel in der Öffentlichkeit weniger auf, ist aber ebenfalls Mitglied der Partei. Tino Streif hat enge Bezüge zur NPD: Jahrelang saß er mit Krüger für die Partei im Kreistag. Erst 2015 trat er aus.
Dass NPD-Politiker bei der anstehenden Kommunalwahl auf einer harmlos klingenden Liste antreten, ist kein Einzelfall in Mecklenburg-Vorpommern. Auch in Sachsen gibt es solche Bewerber. Wie viele es genau sind, können die Behörden nicht sagen. Klar ist aber: Hier wie dort handelt es sich um ein neues Phänomen.
So ergab eine kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann (Grüne), dass das sächsische Innenministerium von mehreren solcher Kandidaturen weiß. Der Staatsregierung sei bekannt, „dass vereinzelt Mitglieder der NPD“ auf „parteiunabhängigen Wahllisten zu den Kommunalwahlen 2019 antreten wollen“, teilte das Haus von Innenminister Roland Wöller (CDU) Mitte April mit. Die Frage, ob es sich dabei um ein neues Vorgehen handelt, beantwortete der Innenminister wie folgt: „Der Wahlantritt vereinzelter Rechtsextremisten auf offenen Wählerlisten ist bei vorherigen Wahlen so bisher noch nicht festgestellt worden.“
Offensichtlich verfolgen mehrere NPD-Mitglieder angesichts des sinkenden Einflusses ihrer Partei eine neue Strategie. 2017 urteilte das Bundesverfassungsgericht gegen ein NPD-Verbot – mit der Begründung, dass die Partei zu klein sei, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen. Die NPD kämpft seitdem gegen die Bedeutungslosigkeit. Bei der Bundestagswahl 2017 kam die NPD gerade einmal auf 0,4 Prozent der Zweitstimmen – 2013 waren es noch 1,3 Prozent. Neben dem Urteil des Verfassungsgerichts macht der NPD auch das Erstarken der AfD zu schaffen. Wer eine Alternative ganz rechts hat, wählt nicht mehr unbedingt rechtsextrem. Darauf reagieren einige NPD-Mitglieder nun offensichtlich, indem sie sich bei den kommenden Kommunalwahlen des leidigen Labels NPD entledigen – ohne sich freilich von dem Gedankengut der Partei zu lösen.
Von den Wählern erfordert das größere Aufmerksamkeit. Sie können sich nicht darauf verlassen, auf den Listen über die Parteizugehörigkeit der Bewerber immer treffend informiert zu werden. Gerade auf freien Listen können sich NPD-Mitglieder finden – und andere Rechtsextreme.
Von einer Problematik wollen die Kandidaten der „Wählergemeinschaft Heimat“ nichts wissen. Es sei „überhaupt nicht nötig, unter dem Banner irgendeiner Partei anzutreten“, schreibt Tino Streif auf die WELT-Anfrage, warum einige Kandidaten Mitglieder der NPD sind, aber nicht auf der Liste ihrer Partei kandidieren. „Wir wollen nicht in die Gemeindevertretung für eine Partei, wir wollen dort hinein für unsere Heimat.“
Als zweiten Grund für die parteifremde Liste nennt Streif ein „von den Medien stark forciertes Negativimage, welches die NPD unzweifelhaft übergestülpt bekommen hat“. Dies sei „für unser Vorhaben nicht förderlich“. Er selbst habe im Kreistag die Erfahrung gemacht, „durch alle anderen Kreistagsmitglieder“ ausgegrenzt worden zu sein. Man sei „vorverurteilt, ignoriert und boykottiert“ worden.
Es ist nicht verboten, auf Listen zu kandidieren, ohne die Parteizugehörigkeit zu nennen, wie die Innenministerien mehrerer Länder mitteilen. Auch bei anderen Parteien kommt dies gelegentlich vor. So ist etwa vorstellbar, als Mitglieder einer Partei auf der Liste eines Wählerbündnisses anzutreten, wenn in der eigenen Gemeinde die Zahl der Personen für eine eigene Parteiliste zu gering ist. Problematisiert wurde das bislang kaum. Doch das ändert sich nun.
„Ich selber halte es für Wählertäuschung, wenn man als scheinbar unabhängiger Kandidat antritt, aber in Wirklichkeit das im Auftrag oder für eine bestimmte Partei tut“, sagt Jürgen Falter, Parteienforscher an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Besonders verwerflich sei es, wenn dies für eine Partei geschehe, „die politisch isoliert und sozial stigmatisiert ist wie die NPD“. Einzelne Bewerber würden, „würden sie sich als Parteimitglieder zu erkennen geben, vermutlich sehr viel weniger Stimmen erhalten, als es beim Verschweigen der Parteimitgliedschaft der Fall sein dürfte“. Dies sei ein wahlrechtliches Problem, das behoben werden müsse. „Ich plädiere für eine Regelung, nach der eine Parteizugehörigkeit bei Wahlen stets offengelegt werden muss.“
Ähnlich äußert sich der innenpolitische Sprecher der mecklenburg-vorpommerischen CDU-Fraktion, Marc Reinhardt. „Ich finde es generell schwierig, wenn Parteimitglieder auf vermeintlich unpolitischen Listen kandidieren.“ Solche Fälle gebe es bei dieser Kommunalwahl „reihenweise“.