Die Angeklagte ist wegen eines ähnlichen Vergehens schon vorbestraft. Man fragt sich wirklich, wie der Richter auf die Idee kommt, eine weitere Geldstrafe würde sie jetzt von weiteren "wichtigen Briefen" abhalten.
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Schweinfurt
"Reichsbürgerin" beleidigt Landrat Florian Töpper
Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen vor dem Saal Nummer 7 im Schweinfurter Justizgebäude. Nach der Eingangskontrolle steht hier eine weitere mobile Sicherheitsschleuse. Besucher werden erneut kontrolliert. Im Gerichtssaal erhöhte Polizeipräsenz. Auf der Anklagebank sitzen nicht etwa gefährliche Rocker, sondern eine unscheinbare Frau, 48, alleine, ohne anwaltlichen Beistand.
Landrat als "NSDAP-Sklave" beleidigt
Diese Frau soll gefährlich sein? Alleine wohl kaum. Aber sie hat Landrat Florian Töpper wegen Diensthandlungen und Schreiben seiner Behörde in jeweils nachts eingegangenen Fax-Mitteilungen mit kryptisch-wirr formulierten Forderungen überzogen. "Annahme Deines privaten Vertragsangebotes, Dein Eindringen ohne Legitimation in ein Hoheitsgebiet mit Haftsicherung" war eines der Faxe übertitelt. Dann beleidigte sie den Landrat als "NSDAP-Sklave" beziehungsweise als Mitglied der Nazi-Partei. Sie warf ihm "Sklaverei", "Renazifizierung GZE BMG", "Erpressen mit (...) verbotenen NSDAP-Statuten" und "Mitbetreiben organisierter Regierungskriminalität" vor. Die Faxe wurden Ende Juli und am 1. August 2018 ans Landratsamt verschickt.
Das mag vielen als großer Blödsinn erscheinen, sieht aber gleichzeitig nach einer typischen Reichsbürgeraktion gegen eine Behörde der Bundesrepublik Deutschland aus, die "Reichsbürger" bekanntlich nicht anerkennen, sondern allenfalls für eine GmbH halten. Bei Gerichtsverfahren gegen "Reichsbürger" betreibt die Justiz grundsätzlich lieber etwas mehr Sicherheitsaufwand als zu wenig. Es könnten in größerer Zahl auch weniger harmlose "Reichsbürger" als Unterstützer der Angeklagten auftauchen.
Droh-Faxe aus heiterem Himmel
Was war der Hintergrund für diese Faxe der Angeklagten an den Landrat? Hat ihr ein Bescheid, eine Handlung oder Aufforderung der Behörde nicht gepasst? "Unmittelbar vorher gab es kein Verwaltungshandeln des Landratsamtes", sagt Gerichtssprecher Thomas Fenner auf Nachfrage. Ein Kontakt der Angeklagten mit dem Landratsamt Schweinfurt wegen einer Ausreise habe 2015 stattgefunden – vier Jahre davor.
Um so rätselhafter erscheint, wofür die 48-Jährige vom Landrat eine "Sicherheitsleistung von 9000 Euros voraussetzungslos für die Herstellung der Regelkonformität" fordert. Damit habe sie jedenfalls versucht, die Behörde von "Diensthandlungen, insbesondere der Zustellung von Schriftstücken abzuhalten", heißt es in der Anklage. Rechtlich wird dies als versuchte Nötigung gewertet.
"Postbetrug", "Zwangspersonifikation"
Die 48-Jährige bombardierte aber auch einen Beamten der Kripo Schweinfurt mit Vorwürfen und Beleidigungen. In zwei gleichlautenden Fax-Schreiben vom September und Oktober 2018 steht: "100% Rechtsverbrechen mit Kriegsnamen, NSDAP-Statuten und Formfehlern, Anklage wegen Offizialdelikten: Postbetrug, Steuerbetrug, Treuhandbetrug, Eidbruch, Zwangspersonifikation". Auch der Hauptkommissar wird jeweils als "NSDAP-Sklave" und "NSDAP-Deutscher" beleidigt.
Die Angeklagte ist wegen gleichartiger Taten bereits vorbestraft. Im letzten Jahr sei deshalb ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe über 3000 Euro (60 Tagessätze à 50 Euro) ergangen, sagt die Amtsrichterin. Auch jetzt kommt die Frau noch einmal mit einer Geldstrafe davon: 2750 Euro (110 Tagessätze à 25 Euro) wegen Beleidigung und versuchter Nötigung in drei Fällen sowie Beleidigung in zwei Fällen. "Ich gehe davon aus, dass diese Verurteilung Sie von weiteren Straftaten abhält", sagt die Richterin. Die Angeklagte verzichtet auf Rechtsmittel, die Staatsanwältin nicht. Vor dem Gerichtssaal kann die mobile Sicherheitsschleuse wieder abgezogen werden.