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Unberechenbar und große Affinität zu Waffen
Bei der 30 Gäste verfolgten die Podiumsdiskussion der Grünen mit dem Landtagsabgeordneten Burghard Peters, Autor Andreas Speit, Till Stehn vom Beratungsnetz gegen Rechtsextremismus aus Lübeck und Lasse Petersdotter, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen Landtagsfraktion. Es wurde deutlich, dass häufig Menschen, die sich von Behörden schlecht behandelt fühlen, etwa bei Bußgeldern, Steuerfragen, Erbschaftstreitigkeiten oder Sorgerechtsstreit zu Reichbürgern werden. Diese Menschen, die die staatlichen Behörden verneinen, seien früher einfach als Verrückte abgestempelt worden. „Das Gefährdungspotenzial der Reichsbürgerszene muss – insbesondere wegen der großen Affinität zu Waffen- weiterhin als latent hoch eingeschätzt werden“, schreibt das Innenministerium in der Antwort auf die Große Anfrage. Die fundamentale Ablehnung des Staates bis hin zur kategorischen Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung biete weiteres Gefährdungspotential der Personen, so das Innenministerium.
Konsequente Erfassung im Lauenburgischen
Die Kreisverwaltung in Ratzeburg hat selbst 56 Personen erfasst. 9 Personen wohnen außerhalb des Kreisgebietes, beschäftigten jedoch lauenburgische Behörden. Das geschieht etwa, wenn es Probleme bei Bußgeldverfahren wegen überhöhter Geschwindigkeit innerhalb des Kreises gibt. Auf die Frage, ob es Erkenntnisse darüber gibt, warum die Reichsbürger gerade im Kreis Herzogtum Lauenburg auf dem Vormarsch sind, sagt Kreissprecher Tobias Frohnert: „Nein. Im Kreis Herzogtum Lauenburg werden Personen, bei denen der Verdacht einer Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung besteht, jedoch konsequent erfasst.“ Es könne sein, dass dies in anderen Kreises anders gehandhabt werde und daher die Zahlen im Lauenburgischen vergleichsweise hoch erscheinen.
Existenz des Deutschen Reiches abgelehnt
Die Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene werde im Verhalten und der Art der Antragstellung meist relativ früh im Verfahren deutlich. Ausschlaggebend seien dabei Empfehlung des Innenministeriums über Erkennungsmerkmale für Personen, die „irrigerweise von einer immer noch bestehenden Existenz des Deutschen Reiches ausgehen und dabei gleichzeitig die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in ihrer Gesamtheit abstreiten“, so Frohnert.
Peters erklärte, dass es sehr wohl einen Friedensvertrag gegeben habe. Den so genannten „2+4“-Vertrag. Er habe nur nicht so Friedensvertrag geheißen. Es habe aus Furcht vor Reparationszahlungen möglicherweise auch kein Interesse daran gegeben. Die Kritik der Reichsbürger, dass unsere Verfassung „Grundgesetz“ heiße, begründete Speit damit, dass Deutschland geteilt war. Die Politik wollte die Tür für eine spätere Wiedervereinigung nicht zuschlagen. Speit hat zum Thema Extremismus bereits in der vergangenen Jahren an Podiumsdiskussionen in Schwarzenbek, Segeberg oder Eutin teilgenommen.
Lasse Petersdotter fordert einen selbstbestimmten Umgang mit Verschwörungstheorien im Netz. Bei der Diskussion wurde deutlich, dass sich Menschen, die Schwierigkeiten mit behördlichen Formularen hätten, in Äußerungen der Reichsbürger oft willkommene Antworten fänden. Der Verfassungsschutz warnt in diesem Zusammenhang vor folgenden Gruppierungen: Staatenbund Deutsches Reich (30 Personen, Freistaat Preußen und vier weitere), Amt für Menschenrechte (15 Personen), Religionsgemeinschaft heilsamer Weg (10 Personen) und Geeinigte Deutsche Völker und Stämme (5 Personen).
Florian Grombein