Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen (George Santayana)
Aber Geschichte wiederholt sich -
als Farce.
Er kam aus kleinbürgerlichen und wenig glücklichen Verhältnissen. Seine Ausbildung war von durchwachsenen Ergebnissen und geringer Beliebtheit geprägt. Trotzdem oder deswegen fühlte er sich aber schon früh zu Höherem berufen. Und ebenfalls frühzeitig zeigten sich seine erheblichen Probleme mit Autoritäten, die ihn sein Leben lang begleitet haben.
Er verlieh sich selbst hochtrabende Titel, die mit "Oberst" und "Souverän" begannen und erklärte sich zum Staatsoberhaupt eines Landes, das er geschaffen haben wollte. Er schrieb eine in weiten Teilen kopierte Verfassung und schuf eigene Währungen. In rege besuchten Versammlungen warb er für sein neues Reich und sammelte dabei sehr viel Geld für den weiteren Ausbau des Landes und seiner Strukturen.
Etliche der von ihm geworbenen Anhänger verloren ihr Geld oder ruinierten sich sogar völlig. Aber trotzdem gelang es ihm seinen Betrug über Jahre hinweg fort zu setzen und er sammelte immer weiter Geld, das er trotz aller Beteuerungen und Zusagen im Wesentlichen für den Unterhalt von sich und seiner Entourage verbrauchte. Er wurde mehrfach verhaftet und angeklagt. Vor Gericht erklärte er mit Inbrunst, dass nicht er, sondern nur seine Mitarbeiter und Mitstreiter Fehler begangen hätten.
Wer war er, wenn er nicht Peter Fitzek war?
Gregor MacGregor (1786-1845), der als "Gregor I." den Phantasiestaat "Poyais" an der zurecht so genannten Moskitoküste in Nicaragua gegründet haben wollte. Angeblicher "Oberst a.D.", "Souveräner Fürst von Poyais" und der sogenannte "Cacique des Poyaisvolkes" war er außerdem.
Ab 1820 verbreitete er in London sehr erfolgreich die Mär von seinem blühenden, angeblich demokratischen Staatswesen. Eine große Hauptstadt mit Schloss, Parlament, Oper und Kathedrale sowie Infrastruktur und umfangreichen Hafenanlagen gebe es dort. Fruchtbares Land für Neuansiedler und reiche Goldvorkommen. Durch Beziehungen und leere Versprechungen aber auch dem Einsatz von Schmiergeld gelang MacGregor sogar die Erhebung in den Adelsstand, so dass er seiner Liste von Titeln noch den diesmal echten "Sir Gregor" hinzufügen konnte.
Weniger echt war hingegen ein geschickt gefälschter Stich der angeblichen "Hauptstadt von Poyais" sowie ein frei erfundenes Wappen und viele Schriften in denen MacGregor von seinem Land schwärmte. Diese Verheißungen führten zu einem hohen Interesse in der britischen Bevölkerung. Im ganzen Land wurden Versammlungen abgehalten und in mehreren Städten Einwanderungsbüros eingerichtet in denen Auswanderungswillige Grundbesitz in Poyais erwerben konnten.
Besonders zahlungskräftige und -willige Personen wurden von MacGregor zu Regierungsbeamten ernannt und halfen im guten Glauben bei der weiteren Organisation des Betrugs. Die angebliche Währung von Poyais wurde gedruckt und die Auswanderungswilligen konnten ihr britisches Geld in "poyaische Dollar" wechseln. Außerdem wurden Aktien ausgegeben und Anleihen gezeichnet bis im Herbst 1822 die ersten Schiffe mit Auswanderern Richtung Mittelamerika ablegten.
Die ersten zwei Schiffe strandeten an der Moskitoküste bei ihren vergeblichen Versuchen den Hafen und die Hauptstadt von Poyais zu finden. Etwa 180 der ersten 240 Auswanderer starben an Krankheiten oder verhungerten, weil die unfruchtbare Landschaft kaum die dort ansäßigen Indianer ernähren konnte. Im April 1823 stellte British Honduras eine Expedition zusammen und rettete die Überlebenden. Weitere Auswandererschiffe konnten von der britischen Marine abgefangen werden.
Obwohl die enttäuschten und betrogenen Auswanderer ab Herbst 1823 nach Großbritannien zurück zu kehren begannen, gelang es MacGregor mit politischer Protektion und dem weiteren Einsatz von Schmiergeld fast zwei weitere Jahre lang mit immer neuen Aktien, Anleihen und Grundbesitztiteln Gelder einzustreichen. Wobei kritische Betrachter sich schon damals wunderten, dass erstaunlich viele der Betrogenen die Schuld bei allen möglichen Personen suchten aber nicht bei MacGregor, der für alle Probleme andere verantwortlich machte.
Als der Betrug nicht mehr zu verheimlichen war, verließ MacGregor Großbritannien und zog nach Paris, wo er umgehend wieder Gesellschaften "zur Förderung der Entwicklung von Poyais" gründete. Und schon im Herbst 1825 war das erste französische Auswandererschiff bereit, Richtung Poyais in See zu stechen. Weil den französischen Behörden aufgefallen war, wie viele Personen einen Pass beantragt hatten, um in ein Land auszuwandern von dem sie noch nie gehört hatten, wurde das Schiff in Le Havre aufgehalten. Nach kurzer Untersuchung kam es zu einem Gerichtprozess, dem MacGregor sich durch Untertauchen entzog.
Seine spätere Flucht nach Großbritannien endete mit seiner umgehenden Verhaftung in London, worauf er sich freiwillig zu dem französischen Gerichtsverfahren bereit erklärte. Mit einer Mischung aus Protektion und Bestechung sowie der leidenschaftlichen Beschuldigung aller Mitangeklagten gelang es MacGregor einen Freispruch zu erwirken. Auch spätere Verfahren gegen ihn in Großbritannien wurden zuletzt alle ohne Ergebnis niedergeschlagen.
Keine zehn Jahre später begann MacGregor nun in Schottland wieder mit Landtiteln für Poyais zu handeln. Diesmal versuchte er es eine Nummer kleiner und wollte nur noch der gewählte "Cacique der Republik Poyais" sein. Zur Untermauerung dieser Ideen schrieb er flugs eine Verfassung, die im Wesentlichen eine Kopie der US-amerikanischen Verfassung war.
Aber an die Erfolge früherer Jahre konnte er damit nicht anknüpfen. Seine Idee hatte viele Nachahmer gefunden und insbesondere die Anleihen und Aktien, die reine Schneeballsysteme waren, liefen ihm den Rang ab. Außerdem hatte der Bruder des rechtmäßigen Herrschers der Moskitoküste mittlerweile damit begonnen das Land zu Spottpreisen an Holzfällerfirmen zu vergeben; unter dem bereits eingeführten Namen "Poyais".
1839 hatte MacGregor alle Mittel aufgebraucht und zog nach Venezuela wo ihm wegen seiner Teilnahme am Unabhängigkeitskrieg in seinen jungen Jahren eine Generalspension zuerkannt wurde von der er bis zu seinem Tod leben konnte. Für seine Verbrechen bestraft wurde er nie. Aber in angelsächsischen Ländern gebührt ihm bis heute ein Spitzenplatz in der Liste der erfolgreichsten und verheerensten Hochstapler.