Autor Thema: OVG RhPf Betretungsverbot ungeimpfte Medizinkraft 6 B 10723/22, 2. 9. 2022  (Gelesen 398 mal)

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Zitat
Ungeimpfte Arzthelferin scheitert vor Oberverwaltungsgericht
Stand: 04.09.2022

Eine nicht gegen Corona geimpfte Zahnarzthelferin hat einen Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz verloren. Sie scheiterte mit ihrem Eilantrag gegen ein Verbot des Gesundheitsamtes des Kreises Südliche Weinstraße, die Praxisräume zu betreten, verbunden mit der Androhung eines Zwangsgeldes von 1000 Euro. Das teilte das OVG in Koblenz am Freitag mit (6 B 10723/22.OVG). Laut dem Infektionsschutzgesetz müssen unter anderem Mitarbeiter von Arztpraxen seit 15. März 2022 einen Impf- oder Genesenennachweis gegen das Coronavirus vorlegen können.

Die Arzthelferin hatte laut OVG argumentiert, Paragraf 20a des Impfschutzgesetzes verstoße inzwischen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und somit gegen die Verfassung. Sie begründete dies damit, dass eine Wirksamkeit der Impfungen bei der nunmehr vorherrschenden Omikron-Variante BA.5 im Vergleich zu den Vorgängervarianten deutlich nachgelassen habe. Somit gebe es mit Tests ein milderes und effektiveres Mittel zur Vermeidung von Corona-Infektionen.

Das OVG ließ sich in seinem Beschluss von dieser Annahme nicht überzeugen: Impfstoffe könnten immer noch vor Infektionen schützen. Das Gericht verwies auch auf die geplante Einführung angepasster Impfstoffe an die Virusvarianten BA.4 und BA.5.
https://www.welt.de/regionales/rheinland-pfalz-saarland/article240827369/Ungeimpfte-Arzthelferin-scheitert-vor-Oberverwaltungsgericht.html


Zitat
OVG RhPf zum Betretungsverbot für ungeimpfte Medizinkraft: Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat ein Betretungsverbot für eine ungeimpfte Zahnarztmitarbeiterin bestätigt. Weil der nach dem Infektionsschutzgesetz erforderlich Impfnachweis nicht vorgelegt wurde, hatte das zuständige Gesundheitsamt der Frau untersagt, die Räumlichkeiten ihres Arbeitgebers zu betreten und ein Zwangsgeld angedroht. Laut LTO berief sich das OVG in seiner Eilentscheidung auf das Bundesverfassungsgericht, das die einrichtungsbezogene Impfpflicht billigte und ausführte, dass die Impfung auch bei Omikron noch ausreichend wirksam sei. Außerdem bestehe eine niedrigere Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch eine geimpfte Person.
https://www.lto.de/recht/presseschau/p/2022-09-05-nizza-rechtsbeugung-salesch/



Vorausgehend war wohl diese Entscheidung:
Spoiler
21.07.2022
Eilantrag gegen einrichtungsbezogenes Betretungsverbot einer ungeimpften Person bleibt erfolglos
Pressemitteilung Nr. 13/22

Der Eilantrag einer ungeimpften Person gegen ein einrichtungsbezogenes Betretungsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz ist vom Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom 20. Juli 2022 abgelehnt worden.

Die Antragstellerin ist in einer zahnärztlichen Praxis im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsamts der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße beschäftigt. Mit Bescheid vom 30. Juni 2022 untersagte ihr das Gesundheitsamt, die dem Betrieb der Praxis dienenden Räume zu betreten und drohte ihr zur Durchsetzung des Betretungsverbots ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an.

Die Antragstellerin erhob dagegen Widerspruch und suchte zugleich um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach. Im Laufe des Gerichtsverfahrens teilte die Antragstellerin mit, inzwischen sei bei ihr das Coronavirus nachgewiesen worden. Am 19. Juli 2022 unterzog sie sich einem PCR-Test.

Daraufhin konkretisierte der Landkreis Südliche Weinstraße den Bescheid vom 30. Juni 2022 dahingehend, dass das Betretungsverbot bis zum Außerkrafttreten der Vorschrift des § 20a IfSG, gilt, mit Ausnahme des Zeitraums ab dem 29. Tag bis zum 90. Tag nach der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion durch einen Nukleinsäurennachweis.

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. lehnte den Eilantrag mit folgender Begründung ab:

Zum maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Betretungsverbots das Suspensivinteresse der Antragstellerin.

Rechtsgrundlage für das vom Antragsgegner ausgesprochene Betretungsverbot sei die Vorschrift des § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG. Danach könne das Gesundheitsamt einer Person, die u.a. trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlege, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtung dienenden Räume betrete oder in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig werde.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei die Vorschrift des § 20a IfSG bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht wegen veränderter tatsächlicher Bedingungen oder einer veränderten Erkenntnislage in die „Verfassungswidrigkeit hineingewachsen“. Das Bundesverfassungsgericht habe die genannte Vorschrift im April 2022 als verfassungsgemäß angesehen. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe sich erst Anfang Juli 2022 nach einer von ihm durchgeführten umfangreichen Sachverständigenanhörung der Bewertung des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen, dass die Impfung gegenüber der nunmehr vorherrschenden Omikron-Variante nach wie vor eine noch relevante Schutzwirkung im Sinne einer Verringerung der Infektion und Transmission bewirke. Für die Kammer sei daher nicht erkennbar, dass die Impfwirksamkeit inzwischen so sehr reduziert wäre, dass die Verwirklichung des mit § 20a IfSG verfolgten Zwecks des Schutzes vulnerabler Menschen nur noch in einem derart geringen Maße gefördert würde, dass im Rahmen der Abwägung den widerstreitenden Interessen der von der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht Betroffenen von Verfassungs wegen der Vorrang gebühren müsste.

Das Betretungsverbot vom 30. Juni 2022 in der konkretisierten Fassung vom 20. Juli 2022 sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen zum infektionsschutzrechtlichen Einschreiten lägen auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin vor. Eine Erledigung der Verfügung sei nicht dadurch eingetreten, dass sich die Antragstellerin zwischenzeitlich eine Virusinfektion zugezogen habe.

Die Antragstellerin unterfalle dem Anwendungsbereich des § 20a Abs. 1IfSG, da sie in einer Zahnarztpraxis tätig sei. Zwar sei die Antragstellerin nach eigenen Angaben mittlerweile mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert, weshalb sie einen Anspruch auf Ausstellung eines Genesenennachweises habe. Dieser bestätige den Immunschutz 28 Tage nach der Feststellung der Infektion mit SARS-CoV-2 und habe eine Gültigkeitsdauer von 90 Tagen. Mit der Angabe von 28 Tagen solle sichergestellt werden, dass mit dem Genesenenzertifikat auch ein ausreichender Immunschutz einhergehe. Das Betretungsverbot gelte daher nicht ab dem 29. Tag nach der Testung bis zum Ablauf der Gültigkeit des genannten Zertifikats.

Die Vorschrift des § 20a Abs. 1 Satz 2 IfSG, wonach Satz 1 nicht für Personen gilt, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können, greife nicht zugunsten der Antragstellerin ein. Zwar habe sich die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren auf mehrere medizinische Gründe berufen, die gegen eine Impfung sprächen. Die von ihr genannten Leiden könnten hier aber schon deshalb keine Berücksichtigung finden, weil die Antragstellerin nicht, wie dies § 20a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 IfSG verlange, ein ärztliches Attest vorgelegt habe, aus dem sich der Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Krankheiten und dem Bestehen einer medizinischen Kontraindikation ergebe.

Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners sei auch im Übrigen frei von Ermessensfehlern. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung im Rahmen der Bewertung der Gesamtsituation ohne Rechtsfehler die konkrete Tätigkeit der Antragstellerin in seine Überlegungen eingestellt und erwogen, ob mildere Mittel wie das Tragen von Schutzmasken in Betracht kämen. Dies habe er aber verneint. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das der Antragstellerin gegenüber verhängte Betretungsverbot zu einer Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit führe, seien nicht ersichtlich. Denn die Arbeitgeberin der Antragstellerin habe hiervon nicht berichtet.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erhoben werden.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 20. Juli 2022 – 5 L 585/22.NW – 

Die Entscheidung 5 L 585/22.NW kann hier abgerufen werden.
https://vgnw.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/News/detail/eilantrag-gegen-einrichtungsbezogenes-betretungsverbot-einer-ungeimpften-person-bleibt-erfolglos/

Die Entscheidung selbst:
https://vgnw.justiz.rlp.de/fileadmin/justiz/Gerichte/Fachgerichte/Verwaltungsgerichte/Neustadt_an_der_Weinstrasse/Dokumente/Entscheidungen/2022/Betretungsverbot_Impfen_5_L_585_22_NW_Beschluss_vom_20-07-2022.pdf
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„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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