Autor Thema: VG München, Urteil 5. 2. 2020 – M 7 K 18.1288, Kein KWS für Reichi  (Gelesen 1240 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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Es handelt sich um einen älteren Herrn, dessen Vater 1897 geboren ist, er selbst 1939.
Er ist waschechter Bayer, also Preuße, das heißt vielmehr Bayer ...   ???



Zitat
Verfahren wegen waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit
Normenkette:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, § 45 Abs. 2 S. 1, § 46 Abs. 2
Schlagworte: Widerruf des Kleinen, Waffenscheins, Waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, „Reichsbürgerbewegung“, Reichsbürgerbewegung, Waffenschein
Fundstelle: BeckRS 2020, 4050

Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Spoiler
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seines Kleinen Waffenscheins Nr. … sowie die hierzu ergangenen Folgemaßnahmen mit Bescheid des Landratsamts Rosenheim (im Folgenden: Landratsamt) vom 22. Februar 2018.
2
Am 18. Mai 2015 unterzeichnete der Kläger einen Formularantrag des Bundesverwaltungsamts auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit (Staatsangehörigkeitsausweis). In diesem war bei den Angaben zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit unter Nr. 3.8 (Sonstiges) angegeben „Abstammung gemäß RuStAG Stand 1913, §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1)“. Zu Nr. 4.2 (Ich besitze/besaß neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch folgende weitere Staatsangehörigkeiten) war unter Nr. 4.3 eingetragen, „Königreich Preussen seit Geburt, 06.08.1939 erworben durch Abstammung gemäß RuStAG Stand 1913, §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1)“. Die entsprechenden Eintragungen finden sich auch in den Angaben sowohl zu seinem Vater als auch zu seinem Großvater in der jeweiligen Anlage V. Des Weiteren war am Ende des Antrags unter dem Punkt „weitere Angaben“ vermerkt: „Ich weise auf die Mitteilung gemäß § 33 (1) (Ru) StAG an das Register der Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten hin, welches vom Bundesverwaltungsamt geführt wird. Ich bitte darum, daß dort alle Angaben im Bereich ‚Sachverhalt‘ gefüllt werden, insbesondere ‚Deutsche Staatsangehörigkeit erworben am …‘ und ‚Erworben durch …‘. Die Schreibweise der Vornamen und des Familiennamens auf dem Staatsangehörigkeitsausweis ist in exakter Übereinstimmung aus dem Geburtsauszug, Registernummer …, Standesamt III, München, zu übernehmen.“. Dem Antrag war zudem ein handschriftlich verfasstes, mit „Abstammungserklärung“ überschriebenes Schreiben des Klägers vom 27. April 2015 beigefügt.
3
Mit Schreiben vom 25. November 2016 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass es darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass dieser einen Staatsangehörigkeitsausweis nach §§ 1, 3, 4 Abs. 1 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz beantragt habe. Zudem sei bekannt geworden, dass der Kläger seinen eigentlich bis 2019 gültigen Personalausweis am 24. September 2015 beim Einwohnermeldeamt abgegeben habe. Dieses Handeln lasse die Annahme zu, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ angehöre. Reichsbürger würden die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat verneinen und die darin bestehenden Rechtsordnung offensiv ablehnen. Die Weigerung, die staatliche Rechtsordnung als solche bzw. Handlungen staatlicher Organe anzuerkennen, werde als aktives und zielgerichtetes Vorgehen gegen die verfassungsmäßige Ordnung bewertet und habe die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG zur Folge. Weiterhin werde befürchtet, dass durch die Ablehnung der geltenden Rechtsordnung mit Waffen oder Munition nicht vorschriftsmäßig umgegangen werde. Der Kläger wurde gebeten, hierzu Stellung zu nehmen.
4
Die Klägerbevollmächtigte erwiderte mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2016, dass die Unterstellungen aus dem Schreiben vom 25. November 2016 zurückgewiesen würden. Der Kläger gehöre nicht der Organisation der Reichsbürger an. Dieser wisse gar nicht, was dies sei. Der Kläger führe sei 1963 einen Betrieb, lebe in seriösen Verhältnissen, habe Familie und sei seit 51 Jahren verheiratet. Er habe gesicherte Einkünfte, keine Schulden und habe sich noch nie etwas zu Schulden gekommen lassen. Wieso ein älterer Mensch mit grundsolidem Lebenswandel die geltende Rechtsordnung ablehnen und mit Waffen nicht ordnungsgemäß umgehen solle, erschließe sich nicht.
5
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 teilte das Landratsamt den geschilderten Sachverhalt der Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim mit.
6
Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd, SG E 3 - Staatsschutz erklärte daraufhin im Ermittlungsbericht vom 13. April 2017, dass unter Berücksichtigung der derzeit geltenden Definition „Reichsbürger“ nach polizeilicher Einschätzung beim Kläger eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung eindeutig erkennbar sei.
7
Das Landratsamt teilte sodann dem Kläger mit Schreiben vom 20. April 2017 mit, dass aufgrund der Ermittlungen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd angenommen werde, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ angehöre. Das Verhalten des Klägers lasse befürchten, dass er sich nicht an die strengen Vorgaben des Waffengesetzes zur Aufbewahrung bzw. zum Umgang mit diesen Gegenständen halten werde. Es werde daher beabsichtigt, den Kleinen Waffenschein des Klägers zu widerrufen. Der Kläger erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.
8
Am 16. Mai 2017 sprach der Kläger persönlich beim Landratsamt vor. Laut Aktenvermerk sei es dem Kläger wichtig gewesen, dass sich das Landratsamt einen persönlichen Eindruck von ihm machen könne. Der Kläger habe angegeben, dass er den Kleinen Waffenschein beantragt habe, damit er ein Pfefferspray mitnehmen dürfe. Er fühle sich oft bedroht durch Bettler o.ä. Zur Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises habe der Kläger ausgeführt, dass er seine Familiengeschichte zurückverfolgt und „Preußen“ angegeben habe, da sein Vater noch „Preuße“ gewesen sei. Im weiteren Gesprächsverlauf habe der Kläger u.a. das BGB (Inkrafttreten im Jahr 1900) und die SHAEF-Gesetze erwähnt.
9
Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2017 übersandte die Klägerbevollmächtigte dem Landratsamt eine im Nachgang an die persönliche Vorsprache vom Kläger gefertigte Stellungnahme. Darin führte der Kläger aus, dass er Waffen oder Munition nicht missbräuchlich oder leichtfertig verwenden könne, da er sich bisher in keiner Weise bemüht habe, irgendeine erlaubte Waffe zu kaufen. Die einzige „Waffe“ im und außer Haus bestehe in einigen kleinen Dosen Pfefferspray. Das sei vorsichtshalber für ihn, seine Familie und ihre langjährigen Mitarbeiterinnen im Büro notwendig, da seit über zwei Jahren fast jede Woche ausländisch aussehende Männer oder Frauen bei ihnen läuteten, Eintritt erzwingen wollten und Geld forderten. Ihre Damen und Herren würden in die notwendige Handhabung und die Verhaltensweise zu diesen Leuten laufend eingewiesen und informiert. Somit sei eine ordnungsgemäße Handhabung jederzeit voll gewährleistet. Er sei weder Mitglied noch Unterstützer irgendeines Vereins, einer Gruppe, einer Partei oder ähnlichem und ihm sei nicht bekannt, dass er auf irgendeiner Informationsveranstaltung wissentlich irgendeine Vereinigung besucht haben solle, die gegen eine verfassungsmäßige Ordnung verstoße. Er distanziert sich ausdrücklich von solchen Leuten/Gruppen und halte sich mit seiner Familie an geltende Gesetze. Ihn würden auch keine ihm bisher unbekannten Vereinigungen wie Reichsbürgerschaft oder Reichsbürgervereine interessieren und er gehöre auch keinen solchen Vereine oder Organisationen an und werde dies auch in Zukunft nicht. Als er die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit für den gelben Schein beantragt habe, auf den er durch die Medien aufmerksam geworden sei, sei ihm in keiner Weise bewusst gewesen, dass er damit etwas Unrechtes tue. Er habe aber darauf bestanden, dass er nur den gelben Schein beantragen wolle, der auf die Abstammung von seinen leiblichen Ahnen vor 1914 zurückgehe und nichts zu tun haben wolle mit den gelben Scheinen der Hitlerzeit in den dreißiger Jahren. Er habe mit diesem gelben Schein nur die Abstammung von seinem Vater, Großvater und Urgroßvater nachweisen und feststellen lassen wollen. Es habe persönliche Gründe, weshalb es sich strikt von der Hitlerzeit und deren Ideologie und Unrecht distanziere. In der Zeit vor der Beantragung des gelben Scheins seien allerhand Informationsabende durch die Gegend geschwirrt, von denen er auch einige besucht habe, um mehr darüber zu erfahren. Ob das alles so stimme, wisse sowieso keiner. Es habe sich dann aber nach einigen Abenden und einiger Zeit herausgestellt, dass jeder etwas ganz anderes für richtig gehalten habe. Man schreibe dann eben mehr hin als gefordert. Wenn dann der gelbe Schein komme, stelle man fest, dass es egal sei, was man schreibe, es sei sowieso alles automatisch richtig geschrieben. Auch im EStA-Register sei bei allen vergleichbaren gelben Scheinen alles üblicherweise groß und klein geschrieben. Der Hinweis sei also „für die Katz“ gewesen. Er wisse wirklich nicht, warum sich hinter einem Zusatz wie „Vater, Königreich Preußen“ eine Ideologie verstecken solle. Sein Vater sei 1897 in Lüdenscheid/Westfalen geboren worden und immer froh gewesen, ein Preuße zu sein. Seine Mutter sei eine „waschechte Münchnerin“ und daher eine Bayerin gewesen. Er selbst sei in München geboren und sei bisher der Meinung gewesen, dass er ein „waschechter Bayer“ sei. Er müsse heute noch immer darüber lachen, dass er wegen seiner Abstammung von seinem Vater Preuße sein solle, weil es angeblich egal sei, wo auf der Welt man geboren worden sei. Er wäre lieber ein Bayer geblieben. Aber er habe sich seinen Vater leider nicht aussuchen können. Heute sei er sich sicher, dass es sich all diese nutzlosen Zusätze hätte sparen können, wenn man es vorher besser gewusst hätte. Er habe damit in keinster Weise an irgendeine Ideologie gedacht und distanziere sich ausdrücklich von solchen Denkweisen. Wäre ihm damals im Landratsamt gesagt worden, dass er das eine oder das andere besser weglassen solle, weil es unnötig sei, dann hätte er dies getan ohne mit der Wimper zu zucken. So sei er jedoch davon ausgegangen, dass sein Antrag richtig ausgefüllt und alles korrekt sei, weil kein Einwand dagegen gemacht worden sei. Er wolle sich nochmals ausdrücklich von jeglicher Reichsbürgerbewegung, Reichsbürgerorganisation, Reichsbürgerpartei, Reichsbürgermitgliedschaft, Reichsbürgersympathisant oder Reichsbürgerideologie distanzieren und so eine Unterstellung mit gutem Gewissen strikt zurückweisen.
10
Mit weiterem Ermittlungsbericht vom 5. Februar 2018 teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd SG E 3 - Staatsschutz mit, dass die Einschätzung aus dem Ermittlungsbericht vom 13. April 2017 nach Prüfung des aktuell vorliegenden Sachverhalts aufrechterhalten werde. Eine geeignete Distanzierung liege nach polizeilicher Auffassung nicht bzw. nur unzureichend vor.
11
Mit Bescheid vom 22. Februar 2018 - zugestellt am 24. Februar 2018 - widerrief das Landratsamt den dem Kläger am 14. Januar 2016 mit Nr. … erteilten Kleinen Waffenschein (Nr. 1.1). Der Kläger wurde verpflichtet, den Kleinen Waffenschein Nr. … binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Bescheids dem Landratsamt zurückzugeben bzw. zurückzusenden (Nr. 1.2). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1.2 wurde angeordnet (Nr. 2). Für den Fall, dass die in Nr. 1.1 genannte Erlaubnis nicht fristgemäß im Landratsamt zurückgegeben bzw. zurückgesandt werde, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR fällig (Nr. 3). Dem Kläger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und es wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 77,76 EUR festgesetzt (Nr.4).
12
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Widerruf stütze sich auf § 45 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Auf Grund der Ermittlungsberichte des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd vom 13. April 2017 und 5. Februar 2018 sei eine Zugehörigkeit des Klägers zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung eindeutig erkennbar. Der Kläger besitze auf Grund dessen nicht (mehr) die waffenrechtlich erforderliche Zuverlässigkeit. Denn wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiere, lasse befürchten, dass er den Umgang mit Waffen, ebenso wie die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zur Gewährleistung, dass andere Personen keine Zugriff haben könne sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen nicht als für sich verbindlich anerkennen werde. Wer aber Bundes- und Landesgesetze generell nicht als für sich verbindlich anerkenne und sich deshalb auch nicht verpflichtet sehe, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Vorschriften im Einzelnen jederzeit zu beachten, gebe Anlass zu der Befürchtung, dass er die Regelungen des Waffengesetzes, die heute anders als noch in preußischer Zeit ausgestaltet seien, nicht strikt befolgen werde. Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein solle, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdiene, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werde, müsse dem Kläger, der die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansehe, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden. Dies bedeute nicht eine willkürliche Sanktion einer missliebigen politischen Meinung oder abstrusen Sympathiebekundung, sondern knüpfe ausschließlich an die Tatsache an, dass der Kläger für sich die Gültigkeit der bundes- und landesgesetzlichen Regelungen in Abrede stelle. Die Anordnung in Nr. 1.2 beruhe auf§ 46 Abs. 1 WaffG. Die Zwangsgeldandrohung stütze sich auf Art. 18 Abs. 1,Art. 29 Abs. 1, 2 Nr. 1, Art. 31 VwZVG. Die Kostenentscheidung beruhe auf den einschlägigen Regelungen des Kostenrechts.
13
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerbevollmächtigte am 15. März 2018 Klage erhoben.
14
Die Klägerbevollmächtigte trägt vor, die herangezogenen Gründe, dass der Kläger nicht die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen solle, entbehrten jeglicher Grundlage. Es gebe keine Prognose zu Lasten des Klägers, dass er regelwidriges Verhalten zeigen werde. Dies habe dieser weder in der Vergangenheit noch bis dato getan. Dass die vom Bayerischen Staatsministerium des Innern sowie dem Bericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd geäußerte Einschätzung, dass Personen, die der Reichsbürgerszene zugehörig seien, als nachdrückliche Unterstützer von Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes anzusehen seien, generell zutreffe, befreie nicht von einer Einzelfallprüfung. Der Kläger sei nie Unterstützer von Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gewesen. Im Gegenteil sei er ein Befürworter von Law and Order. Es möge sein, dass der Kläger zum seinerzeitigen Zeitpunkt nicht glückliche bzw. missverständliche Formulierungen gewählt habe. Der Kläger sei ein rechtstreuer Staatsbürger. Der Kläger sei stolz, Deutscher zu sein und sich damit von denen abzuheben, die auf Grund der Aufweichungen des deutschen Staatsbürgerrechts in den letzten zwei Jahrzehnten die deutsche Staatsbürgerschaft ohne genuine Verwurzelung erhalten hätten - ein Vorgang, der auch von unverdächtiger politischer Seite durchaus für kritikwürdig gehalten werde. Es sei schlechterdings nicht angängig, dem Kläger seinen Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweis, auf den er gemäß § 30 Abs. 1, 2, 3 Satz 1 StAG und § 22 VwVfG einen Rechtsanspruch habe, zum Nachteil gereichen zu lassen und dies zum Anlass zu nehmen, den Kleinen Waffenschein zu widerrufen, insbesondere dessen Patriotismus negativ zu werten. Eine Gesamtschau ergebe, dass der Kläger sich nie der Szene der Reichsbürgerbewegung zugeordnet habe. Es möge sein, dass sich der Kläger von Teilen des Gedankenguts der Reichsbürgerbewegung zu früherer Zeit bzw. der Vergangenheit vor mehreren Jahren einmal angesprochen gefühlt habe; er sei tatsächlich nie in die Reichsbürgerszene gestoßen und er wisse bis heute nicht, was ein „Reichsbürger“ sei.
15
Der Kläger beantragt,
1.
Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 22. Februar 2018, zugestellt am. 24. Februar 2018, Az.: … wird in den Ziffern 1.1 - 4 aufgehoben.
2.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den dem Landratsamt Rosenheim ausgehändigten Kleinen Waffenschein vom 7. März 2018 Nr. … wieder auszuhändigen bzw. freizugeben.
16
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
17
Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger eine Vielzahl an für sog. „Reichsbürger“ typische Verhaltensweisen an den Tag gelegt habe. Zweifel daran, dass dies auch seiner inneren Haltung entspreche bzw. er sich von diesem Gedankengut distanziert habe, seien nicht begründet.
18
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2020.
Entscheidungsgründe
19
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
20
Der Bescheid vom 22. Februar 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21
Der Widerruf des Kleinen Waffenscheins gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (Nr. I.1 des Bescheids) ist rechtmäßig.
22
Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis - vorliegend der Kleine Waffenschein nach § 10 Abs. 1 WaffG - zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
23
Der Kläger verfügt nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG.
24
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Buchst. a) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlasen werden die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
25
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 - 21 ZB 14.1512 - juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 - 21 CS 13.1969 - juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 - 6 C 1.14 - juris Rn. 17).
26
Der Kläger ist unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Denn Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 - 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 - 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 - 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 - 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 - 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 - 21 C 18.578 - alle juris).
27
Der Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 94) beschreibt die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als personell, organisatorisch und ideologisch heterogen. Sie setzt sich aus Einzelpersonen ohne Organisationsanbindung, Kleinst- und Kleingruppierungen, länderübergreifend aktiven Personenzusammenschlüssen und virtuellen Netzwerken zusammen. Verbindendes Element der Szeneangehörigen ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 (S. 175) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Dabei werden z.B. der Rechtsstand von 1937, 1914 zwei Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges oder auch 1871 genannt. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. In ihrer Gesamtheit ist die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als staatsfeindlich einzustufen (vgl. Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 95). Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 176).
28
Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 - 21 CS 17.1964 - juris Rn. 15 m.w.N.). Keine andere Beurteilung ist gerechtfertigt, wenn sich jemand (glaubhaft) selbst nicht als diesem Spektrum zugehörig betrachtet oder in einzelnen - auch wesentlichen - Bereichen von dort anzutreffenden Thesen nachvollziehbar und glaubhaft distanziert. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen „Reichsbürger“-Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. OVG RhPf, B.v. 3.12.2018 - 7 B 11152/18 - juris Rn. 23).
29
Die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, rechtfertigen im Fall des Klägers die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Die ermittelten Verhaltensweisen und Einlassungen des Klägers begründen in ihrer Gesamtwürdigung die Annahme, dass dieser der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die nach außen getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen auch seine innere Einstellung widerspiegeln.
30
So spricht im konkreten Fall insbesondere die Stellung eines Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit unter Hinweis auf das „RuStAG von 1913“ dafür, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Denn Reichsbürger und Selbstverwalter bestreiten die rechtmäßige Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat und bezeichnen diese z.T. als „Firma BRD“. Sie sind der Auffassung, dass sie nicht die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland besitzen bzw. aus dieser „austreten“ können. Ausgehend von der falschen Annahme, ohne Staatsangehörigkeitsausweis staatenlos zu sein, beantragen sie häufig einen Staatsangehörigkeitsausweis (sog. „gelber Schein“) zur Bestätigung ihrer Reichs- und Staatsangehörigkeit nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 179 ff.). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis - rechtlich völlig unzutreffend - unter anderem den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“ (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 - 21 CS 17.2029 - juris Rn. 16). Der „gelbe Schein“ wird zudem als Nachweis der Rechtsstellung als Staatsangehöriger des vorgeblich fortbestehenden „Deutschen Reichs“ angesehen (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). Dieses reichsbürgertypische Argumentationsmuster kommt insbesondere in der Angabe „Geburt (Abstammung) gemäß §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) RuStAG Stand 1913“ unter dem Punkt „Sonstiges“ des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit zum Ausdruck. Zudem legt in diesem Kontext auch die, in dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, getätigte Angabe der weiteren Staatsangehörigkeit des Klägers „Königreich Bayern seit Geburt erworben durch Abstammung gem. §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) RuStAG Stand 1913“ grundsätzlich „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich der Kläger nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2018 - 21 CS 17.2310 - juris Rn. 19). Denn aus Sicht der „Reichsbürger“ bestimmt sich ihre Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Jahr 1913 geltenden Fassung, wonach die Reichsangehörigkeit zum Deutschen Reich gegeben war, wenn eine Staatsangehörigkeit eines Landes des Deutschen Reichs bestand (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). Dieses „reichsbürgertypische“ Argumentationsmuster kommt auch in der von der Klägerbevollmächtigten dem Landratsamt im Nachgang zu der persönlichen Vorsprache des Klägers am 16. Mai 2017 übermittelten Stellungnahme des Klägers zum Ausdruck. Denn darin schreibt der Klägers, dass er darauf bestanden habe, nur den gelben Schein beantragen zu wollen, der auf die Abstammung von seinen leiblichen Ahnen vor 1914 zurückgehe und nichts zu tun habe mit den gelben Scheinen der Hitlerzeit in den 30er Jahren. Des Weiteren zeigt sich diese Ansicht in der dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit in dem handschriftlich verfassten, mit „Abstammungserklärung“ überschriebenen Schreiben vom 27. April 2015.
31
Die Einlassungen des Klägers sowohl im Anhörungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren vermögen demgegenüber an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern.
32
Soweit der Kläger geltend macht, ein rechtstreuer Staatsbürger zu sein und sich an geltende Gesetze zu halten, steht auch dies dieser Einschätzung nicht entgegen. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen (vgl. VGH BW, B.v. 10.10.2017 - 1 S 1470/17).
33
Zudem vermochte der Kläger den durch die reichsbürgertypische Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, das handschriftlich verfasste, mit „Abstammungserklärung“ überschriebene Schreiben sowie durch die schriftliche Stellungnahme im Nachgang zu der persönlichen Vorsprache vom 16. Mai 2017 entstandenen Eindruck bzw. Anschein nicht - auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung - zu entkräften. Der Kläger konnte nicht nachvollziehbar darlegen, wie es zu den „reichsbürgertypischen“ Eintragungen in dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit gekommen ist. Zudem ist es dem Kläger nicht gelungen, schlüssig zu erklären, was es mit dem als „Abstammungserklärung“ überschriebenen Schreiben sowie mit den „reichsbürgertypischen“ Aussagen in dem, im Nachgang zu der persönlichen Vorsprache vom 16. Mai 2017 vorgelegten Schreiben auf sich hat. Vielmehr hat der Kläger diesbezüglich jeweils angegeben, dass er sich nicht mehr erinnern könne, wie es zu diesen gekommen ist bzw. was der mit diesen verfolgte Sinn und Zweck war.
34
Den Einlassungen des Klägers lässt sich auch keine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ entnehmen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine glaubhafte Distanzierung kann aufgrund der identischen sicherheitsrechtlichen Schutzrichtung - Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - entsprechend herangezogen werden (vgl. VG München, Gerichtsbescheid v. 17.10.2018 - M 7 K 17.750 - juris Rn. 39). Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 - 1 B 11/18 - juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 - 10 B 16.1252 - juris Rn. 53).
35
Eine diesen Anforderungen genügende, glaubhafte Distanzierung des Klägers von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ lässt sich nicht feststellen. Hinreichende äußerlich feststellbare Umstände, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Kläger seine innere Einstellung verändert hat, sind nicht erkennbar. Zudem hat der Kläger insbesondere ein Fehlverhalten eindeutig nicht eingeräumt.
36
Die Verpflichtung zur Rückgabe des Kleinen Waffenscheins (Nr. I.2 des Bescheides) ist ebenfalls rechtmäßig. Diese wurde rechtlich zutreffend auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG gestützt. Da entsprechend den obigen Ausführungen der Kleine Waffenschein rechtmäßig widerrufen wurde, bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit. Ebenso wenig bestehen rechtliche Bedenken gegen die Angemessenheit der hierfür gesetzten Frist.
37
Schließlich sind auch die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheides) und die Kostenentscheidung (Nr. 4 des Bescheides) rechtmäßig, da rechtliche Bedenken hiergegen weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.
38
Da der Widerruf des Kleinen Waffenscheins in Nr. 1.1 des Bescheids vom 22. Februar 2018 - entsprechend den obigen Ausführungen - rechtmäßig ist, ist dem Kläger dieser nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO zurückzugeben.
39
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
40
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

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