Der Beschluß des angerufenen Verfassungsgerichtshofes BW ist inzwischen auf dessen HP veröffentlicht:
https://verfgh.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-verfgh/dateien/1GR1-19_Beschlussvom_21.01.2019.pdfMit Auszug aus dem Sitzungsprotokoll, das die Unverschämtheiten Gedeons dokumentiert.
U.a. hatte er den Landtag als "türkisches Parlament" bezeichnet.
Die Beeinträchtigung ist dennoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn § 92 Abs. 1 Satz 4 Hs. 1 LTGO verfolgt ein legitimes, auch die schwerwiegende Beeinträchtigung rechtfertigendes Ziel (vgl. auch VerfGH Sachsen, Urteil vom 3.12.2010
- Vf. 77-I-10 -, Juris Rn. 31, 49 und Beschluss vom 22.6.2012 - Vf. 58/I-12 (e.A.) -,Juris Rn. 36 zur Parallelvorschrift in der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags). Die Regelung will offensichtlich mit ihrer Sanktionsanordnung verhindern, dass
ein Abgeordneter, der Adressat eines Sitzungsausschlusses nach § 92 Abs. 1 Satz 1 LTGO geworden ist, im Sitzungssaal mit dem Präsidenten des Landtags über die
Rechtmäßigkeit des Sitzungsausschlusses zu debattieren versucht oder in anderer Weise, auch durch die „bloße“ Nichtbeachtung der Aufforderung, den Sitzungssaal unverzüglich zu verlassen (§ 92 Abs. 1 Satz 2 LTGO), zum Ausdruck bringt, den Sitzungsausschluss nicht zu akzeptieren, und damit noch vor Ort die Autorität des Präsidenten in Frage stellt und unter Umständen die Fortsetzung der Sitzung blockiert.
Den Sitzungssaal nach einem Sitzungsausschluss unverzüglich zu verlassen ist dem Abgeordneten ohne weiteres zumutbar. Denn er hat hinreichende sonstige Möglichkeiten, sich gegen den Sitzungsausschluss - nicht nur durch Äußerungen des Unmuts
darüber - zur Wehr zu setzen. So sieht die Geschäftsordnung des Landtags vor, dass der Abgeordnete einen Einspruch einlegen kann (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 LTGO). Gegebenenfalls steht ihm zur Feststellung, ob der Sitzungsausschluss verfassungsgemäß war, der Gang zum Verfassungsgerichtshof mittels eines Organstreitverfahrens
(vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LV) offen, wie ihn der Antragsteller auch beschritten hat. Im Interesse eines ungestörten Fortgangs der laufenden Sitzung fordert die Geschäftsordnung daher von dem Abgeordneten, der von dieser Sitzung ausgeschlossen
worden ist, seinem Ausschluss zunächst sofort und unbedingt Folge zu leisten, selbst wenn er ihn inhaltlich nicht für berechtigt hält. Dies gilt auch dann, wenn sich der Ausschluss im Nachhinein als verfassungswidrig erweisen sollte, da die Sanktion gerade
die sofortige Befolgung des Ausschlusses durchsetzen soll. Die Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses kann nur im Nachhinein geklärt werden; bis dahin ist dem Ausschluss Folge zu leisten. Das darin liegende Minimum an Disziplin und Selbstbeherrschung muss von einem Abgeordneten im Interesse der Funktionsfähigkeit des Landtags eingefordert werden. Ist einem Abgeordneten die „Rote Karte“ gezeigt worden, so
hat er - im Interesse einer möglichst ungestörten Fortsetzung der Sitzung - zwingend das „Spielfeld“ zu verlassen. Die Entscheidung des Landtags, im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie einen Verstoß gegen dieses ausnahmslose Gebot mit der
automatischen Mindestmaßnahme eines weiteren Sitzungsausschlusses für die drei nächsten Sitzungstage zu sanktionieren, begegnet daher auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keinen Bedenken. Dem Charakter einer Mindestsanktion entsprechend kann nach § 92 Abs. 2 Satz 1 LTGO bei besonders schweren Fällen
ein Ausschluss für bis zu zehn Sitzungstage erfolgen.
Die Entscheidung gegen Räpple 1 GR 2/19:
https://verfgh.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-verfgh/dateien/1GR2-19_Beschluss_vom_21.01.2019.pdf