Autor Thema: VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 12.03.2019 – B 1 K 17.158, Waffen weg  (Gelesen 748 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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Es dürfte sich um den Fall des Bürgermeisterkandidaten aus Mainleus handeln:
https://forumzwo.sonnenstaatland.com/index.php?topic=27.msg233874#msg233874

Mit 27 Eintragungen ganz sicher geeignet, scharfe Waffen und Munition zu besitzen! Und was macht das "System"? Verbrät ihm ein Waffenverbot, d.h. er darf noch nichtmal erlaubnisfreie Waffen besitzen wie das Bajonett des Opas oder den Säbel des Uropas!  ;D

Selbstverständlich zahlt man auch keine Steuern!^^

Es handelt sich tatsächlich um einen Gerichtsbescheid.


Zitat
Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit von Reichsbürgern

Normenkette:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, reicht für das Fehlen der Zuverlässigkeit, dass der Betroffene den waffenrechtlichen Anforderungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht genügen wird.  (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verhaltensweisen und Einlassungen, die sich typischerweise als solche der sog. Reichsbürgerbewegung darstellen, rechtfertigen die auf Tatsachen gestützte Prognose einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn das Gedankengut der sog. Reichsbürger auch die innere Einstellung des Waffenbesitzers widerspiegelt (St.Rspr. BayVGH BeckRS 2018, 3070). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine fehlende waffenrechtliche Zuverlässigkeit setzt keinen Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften oder ein konkretes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Führen einer Waffe in der Vergangenheit voraus. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenbesitzverbot für erlaubnisfreie und erlaubnispflichtige Waffen, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, sog. Reichsbürger, Waffenbesitzverbot, Reichsbürger, reichsbürgertypische Verhaltensweisen, Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises
Fundstelle:
BeckRS 2019, 10400

Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Spoiler
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem ihm der Besitz erlaubnisfreier und erlaubnispflichtiger Waffen und Munition untersagt wurde.
2
Mit Kurzmitteilung der Polizeiinspektion … vom 16. November 2016 wurde der Beklagte darüber informiert, dass im Rahmen einer richterlich angeordneten Durchsuchung und Pfändung wegen Steuerschulden in Höhe von ca. 15.000,00 EUR beim Kläger zwei PTB-Waffen (Röhm RG 8 und Röhm RG 9, jeweils Kal. 8 mm) mit 4 Magazinen und 25 Patronen aufgefunden und zur Gefahrenabwehr sichergestellt worden seien. Der Kläger sei bereits massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten und habe 27 Eintragungen im Inpol-System, überwiegend Betrugs-, Diebstahls-, Beleidigungs- und Körperverletzungsdelikte. Von seiner Gesinnung her vertrete er die Ideologie der rechtsorientierten sogenannten „Reichsbürgerbewegung“. Behördliche Schreiben und Maßnahmen erkenne er nicht an und ignoriere sie. Der Kläger habe bei der Durchsuchungsmaßnahme zunächst nicht freiwillig, sondern erst auf Zureden eines hinzugekommenen Bekannten die Einsatzkräfte in die Wohnung gelassen. Er habe sich sehr gereizt und völlig unkooperativ verhalten, Unterschriften verweigert, ständig die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung hinterfragt und die Daten aller anwesenden Beamten verlangt. Es seien zahlreiche Ausdrucke aus dem Internet aufgefunden worden, in denen die Fakten über den Holocaust angezweifelt und hinterfragt wurden. Die Kopie eines auf den Kläger ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweises und die Ankündigung, seinen Personalausweis freiwillig bei der Gemeinde abgeben zu wollen, seien ein typisches Indiz für die Zugehörigkeit zu den „Reichsbürgern“. Aufgrund der Gesamtumstände erscheine es aus polizeilicher Sicht sehr bedenklich, dass der Kläger über Waffen verfüge, wenngleich es sich um erlaubnisfreie Waffen handele.
3
Das Landratsamt … holte von der Kriminalpolizeiinspektion … eine Auskunft aus der Vorgangsverwaltung der Bayerischen Polizei vom 22. November 2016 ein, auf die Bezug genommen wird.
4
Mit Schreiben vom 11. Januar 2017 hörte der Beklagte den Kläger zu einem beabsichtigten Waffenbesitzverbot an.
5
Der Kläger nahm unter dem 17. Januar 2017 dahingehend Stellung, dass er selbstverständlich die BRD anerkenne und sich an die Gesetze halte. Er distanziere sich von Begriffen wie Reichsbürger, Ablehnung der BRD etc., lehne jede Art von Gewalt, Machtmissbrauch und willkürlichen Übergriffen ab und werde solche Behauptungen/Unterstellungen strafrechtlich mit aller Härte, der notwendigen Konsequenz verfolgen.
6
In den Behördenakten befindet sich ein Antrag des Klägers vom 9. Mai 2016 auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit. In diesem Antragsformular gibt er insgesamt fünf Mal „Königreich Bayern“ in Bezug auf seinen Geburtsstaat, Wohnsitzstaat und Staat seines Aufenthalts an. Er verweist auf seine Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG 1913.
7
Mit Bescheid vom 26. Januar 2017 untersagte der Beklagte dem Kläger, die tatsächliche Gewalt über erlaubnisfreie und erlaubnispflichtige Waffen und Munition auszuüben.
8
Die Untersagung stütze sich auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 3. Alt. WaffG hinsichtlich des Besitzes erlaubnisfreier Waffen. Der Kläger besitze nicht die für den Besitz von Waffen und Munition erforderliche Zuverlässigkeit. Es lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger Waffen missbräuchlich (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) bzw. nicht vorsichtig oder sachgemäß (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG) verwende oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahre (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG). Der Kläger sei der „Reichsbürger“-Bewegung zuzuordnen. Sogenannte Reichsbürger oder Selbstverwalter lehnten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ab und sprächen den gewählten Repräsentanten die Legitimation ab oder sähen sich ganz außerhalb der Rechtsordnung stehend an, so dass in aller Regel die Besorgnis bestehe, dass sie Verstöße gegen die Rechtsordnung begingen. Dass dies auch auf den Kläger zutreffe, sei bereits durch sein gereiztes und unkooperatives Verhalten bei der Wohnungsdurchsuchung am 14. November 2016 deutlich geworden (wird näher ausgeführt). Im Rahmen der Durchsuchungen seien szenetypische Ausdrucke verschiedener Internetseiten gefunden worden. Der Kläger habe den Beamten gegenüber angekündigt, seinen Bundespersonalausweis abgeben zu wollen. Aufgrund seiner im Protokoll der Polizeiinspektion … sinngemäß festgehaltenen Äußerungen sei festzustellen, dass dieser die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehne und den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation abspreche (wird ausgeführt). Hinzu komme die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises, wobei der Kläger im Antragsformular sowohl als Geburts- als auch als Wohnsitzstaat das „Königreich Bayern“ angegeben habe. Seine Aussagen im Schreiben vom 17. Januar 2017 erschienen angesichts der dargestellten Tatsachen nicht glaubwürdig. Er habe sich auch bei der Wohnungsdurchsuchung am 14. November 2016 nicht von den Aussagen seiner beiden Bekannten distanziert. Durch sein abweisendes Auftreten, wegen seiner Aussagen und der vorgefundenen schriftlichen Nachweise sowie der szenetypischen Verhaltensmuster sei der Kläger als „Reichsbürger“ einzustufen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtstreue. Das bisherige Verhalten lasse befürchten, dass sich der Kläger nicht an die strengen waffenrechtlichen Vorgaben zum Umgang mit Waffen halte. Nach pflichtgemäßem Ermessen sei es daher geboten, ein dauerhaftes Waffenbesitzverbot auszusprechen. Es bestehe die Gefahr, dass der Kläger Waffen ohne Rücksicht auf geltendes Recht gegen Dritte einsetze. Eine weniger einschneidende Maßnahme als ein dauerhaftes Waffenbesitzverbot könne eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht effektiv unterbinden. Das Waffenbesitzverbot sei auch angemessen, das Interesse des Klägers müsse zurückstehen hinter den Interessen der Allgemeinheit (wird weiter ausgeführt).
9
Die Untersagung betreffend erlaubnispflichtige Waffen und Munition stütze sich auf § 41 Abs. 2 WaffG. Das Besitzverbot sei zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit geboten. Dies sei dann der Fall, wenn der fortdauernde Waffenbesitz eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle. Das gleiche gelte für den Fall, dass der Betreffende noch nicht in Besitz einer erlaubnispflichtigen Waffe sei, für den künftigen Besitz. Das Waffenverbot diene vorliegend der Verhütung von Gefahren für die Öffentlichkeit, denn der Kläger biete keine ausreichende Gewähr dafür, dass er mit Waffen in einer Weise umgehe, die Dritte in ihren Rechten nicht gefährde. Wegen der Gefahr eines missbräuchlichen bzw. nicht sachgemäßen Waffengebrauchs aufgrund der Zugehörigkeit zur „Reichsbürger“-Bewegung sei die Verhängung eines Verbots geboten.
10
Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger zunächst in einem Schreiben vom 17. Februar 2017 an das Landratsamt … und führte u.a. aus, dass er sich von Nazis und Faschisten distanziere. Er forderte eine richterliche Anordnung in apostillierfähiger Ausfertigung. Die „Steuerschulden“ seien ein Produkt reiner Fantasie. Kein Mensch sei Untertan eines anderen, auch nicht durch „weltliche“ niedergeschriebene Gesetze von einigen wenigen. Für frei denkende Menschen bestehe keine Pflicht, sich jemandem zu unterwerfen. Es liege ein unglaublich überzogenes, vollkommen überflüssiges Verhalten des „Finanzamts“ und der „Polizei“ wegen angeblicher 6.000 EUR Steuerschulden vor, die es gar nicht geben könne. Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen.
11
Mit Schreiben vom 26. Februar 2017 erhob der Kläger Klage. Mit Schriftsatz vom 11. August 2017 zeigte sich der Bevollmächtigte des Klägers an und stellte den Antrag,
den Bescheid des Landratsamtes … aufzuheben.
12
Die vom Beklagten im Bescheid angeführten Tatsachen rechtfertigten nicht die Annahme, dass der Kläger nicht die für die sachgerechte Verwendung von Waffen erforderliche Zuverlässigkeit habe. Kein Gesetz kenne die Pflicht, dass sich der von einer Wohnungsdurchsuchung Betroffene gegenüber den Durchsuchungsbeamten kooperativ zu verhalten habe. Es sei auch legitim, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu hinterfragen. Eine Zurechnung von Äußerungen Dritter komme nicht in Betracht. Dass der Kläger durch die Angaben bei der Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises ein Bekenntnis zum Königreich Bayern ablege, führe noch nicht dazu, dass er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Gesetze negiere. Damit würde er allenfalls die amtliche Bezeichnung des Bundeslandes Bayern als „Freistaat Bayern“ infrage stellen. Ein spezifisches waffenrechtswidriges Verhalten könne dem Kläger nicht zur Last gelegt werden. Allein die Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung, was der Kläger aber mit Nachdruck bestreite, begründe für sich genommen keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit. Dies sei erst dann gegeben, wenn zu erwarten sei, dass die politische Gesinnung gewaltsam durchgesetzt werde.
13
Das Landratsamt … beantragte mit Schriftsatz vom 29. Januar 2018 für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
14
Der Kläger habe eindeutig nach außen zu erkennen gegeben, dass er sich nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörig ansehe. Neben den bereits ausgeführten Hinweisen habe er in den am 27. Februar und 27. März 2017 bei Gericht eingegangenen Schreiben durch die bewusst in eckige Klammern gesetzte Postleitzahl seines Wohnortes deutlich gemacht, dass er das Postleitzahlensystem der Bundesrepublik Deutschland ablehne. Es sei völlig lebensfremd, bei offiziellen Anträgen „unbewusst“ und ohne Zusammenhang mit der Reichsbürgerbewegung derartige Angaben zu machen. Der Kläger habe in seinem Schreiben vom 17. Februar 2017 aufgezeigt, dass er das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland und damit auch das Waffengesetz grundlegend ablehne und sich nicht verpflichtet sehe, vom Gesetzgeber rechtmäßig erlassene Vorschriften zu befolgen. Außerdem spreche er den Beamten ihre Legitimation ab. Darüber hinaus sei der Kläger unabhängig von seiner Zuordnung zur Reichsbürgerbewegung als waffenrechtlich unzuverlässig einzustufen. Unter Bezugnahme auf einen dem USamerikanischen Recht entlehnten Begriff „UCC“ verdeutliche er, dass aus seiner Sicht das Landratsamt … ein Zivilrechtssubjekt sei und keine Anordnungen in Form von Verwaltungsakten treffen könne (wird näher ausgeführt). Außerdem liege aufgrund der Auffindesituation der Waffen am 14. November 2016 ein Verstoß gegen die waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften vor.
15
Ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wurde mit Beschluss der Kammer vom 20. Februar 2018 abgelehnt, die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Januar 2019 zurückgewiesen (Az. 21 C 18.578).
16
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 25. Januar 2019 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid in Betracht gezogen werde und Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Vortrag der Parteien sowie auf den Inhalt der Behördenakte Bezug genommen (§ 84 Abs. 1 Satz 3, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Entscheidungsgründe
18
1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
19
2. Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
20
Der Bescheid des Landratsamts … vom 26. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Entscheidend für die Rechtmäßigkeit des verfügten Waffenbesitzverbotes ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, da es sich um einen sog. Dauerverwaltungsakt handelt (vgl. BVerwG, U.v. 06.12.1978 - I C 23.76 - juris Rn. 13). Das Gericht schließt sich zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen im Wesentlichen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer gesonderten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 84 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO).
21
Ergänzend ist zur Sache sowie zum Klagevorbringen noch Folgendes auszuführen:
22
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 3. Alt. WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Als Maßstab für die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit in Bezug auf erlaubnisfreie Waffen und dazugehörige Munition kann auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG zurückgegriffen werden (BayVGH, B.v. 22.01.2014 - 21 ZB 13.1781 - juris Rn. 13 m.w.N., dessen Entscheidung explizit zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) und c) WaffG erging). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
23
Bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ist für das Fehlen der Zuverlässigkeit nicht etwa erforderlich, dass der Betroffene den waffenrechtlichen Anforderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht genügen wird. Vielmehr reicht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit aus. Ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 18.07.2017 - 11 ME 181/17 - juris Rn. 8 m.w.N.; BayVGH, B.v. 05.10.2017 - 21 CS 17.1300 - juris Rn. 11). Bei der Prognose, die auf Grundlage der festgestellten Tatsachen anzustellen ist, ist der allgemeine ordnungsrechtliche Zweck des Waffengesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen die Belange der Sicherheit und Ordnung (§ 1 Abs. 1 WaffG) - namentlich die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu schützen - zu wahren (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 51).
24
Im Hinblick auf Personen, die der sog. Reichsbürgerszene zuzuordnen sind oder die sich deren Ideologie zu eigen machen, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen ausgeführt, dass diesen Personen die notwendige waffenrechtliche Zuverlässigkeit abzusprechen ist. Wer der Ideologie der Reichsbürger folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Eine missbräuchliche Verwendung ist insbesondere dann zu befürchten, wenn die Gefahr besteht, dass der Waffenbesitzer „sein Recht“ außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen wird (vgl. BayVGH, U.v. 10.10.2013 - 21 B 12.964 - juris). Dies gilt ebenso für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden. Verhaltensweisen und Einlassungen, die sich typischerweise als solche der sog. „Reichsbürgerbewegung“ darstellten, rechtfertigen daher die auf Tatsachen gestützte Prognose einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn das Gedankengut der sog. „Reichsbürger“ auch die innere Einstellung des Waffenbesitzers widerspiegelt (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.10.2017 - 21 CS 17.1300 -; B.v. 19.12.2017 - 21 CS 17.2029 -; B.v. 10.01.2018 - 21 CS 17.1339 -; B.v. 25.01.2018 - 21 CS 17.2310 -; B.v. 26.01.2018 - 21 CS 17.1668 -; alle juris).
25
Legt man diese Maßstäbe an, liegen hinreichend gewichtige Tatsachen vor, die die Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers begründen. Das Gericht teilt die Einschätzung des Landratsamts …, dass der Kläger der Reichsbürgerbewegung zuzuordnen ist und Verhaltensweisen an den Tag legt, die die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Dabei bezeichnet der Begriff „Reichsbürger“ sowohl die Szene der „klassischen“ Reichsbürger, dient allerdings auch als phänomenbezogener Überbegriff, der das Spektrum sogenannter Selbstverwalter mit umfasst (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2017, S. 170 ff.).
26
Der Kläger hat durch die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises und beim Ausfüllen des Antrags ein eindeutig „reichsbürgertypisches“ Verhalten gezeigt und sich des einschlägigen Vokabulars der Reichsbürgerszene bedient. So hat er insgesamt fünfmal auf seine Person bezogen das „Königreich Bayern“ als Geburts, Wohn- bzw. Aufenthaltsort angegeben und als rechtlichen Bezug auf § 4 RuStAG 1913 verwiesen. Damit hat er eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht der Bundesrepublik Deutschland und ihrem Rechtssystem zugehörig betrachtet. Es ist auch unter keinem Aspekt erklärbar, dass sich eine im Jahr 1956 geborene Person dem Königreich Bayern zugehörig sieht. Eine auch nur ansatzweise plausible Erklärung, weshalb er in dem Formular zur Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises an fünf Stellen das Königreich Bayern angegeben hat, hat weder er selbst gegeben noch kann sie den Ausführungen seines Bevollmächtigten entnommen werden. Die Erklärungsversuch im Schriftsatz vom 2. November 2017, der Kläger wolle damit allenfalls die Bezeichnung „Freistaat Bayern“ in Frage stellen, ist nicht nachvollziehbar; vielmehr knüpft diese eindeutige Angabe an eine negierte Existenz der Bundesrepublik Deutschland an. Die Stellungnahme im Rahmen der Anhörung, wonach er lapidar erklärt, er gehöre nicht der Reichsbürgerbewegung an und er erkenne die Bundesrepublik Deutschland an, erscheint vor diesem Hintergrund als bloße Schutzbehauptung.
27
Hinzu kommen weitere reichsbürgertypische Verhaltensweisen bzw. Erklärungen, die eindeutig Aufschluss darüber geben, dass sich der Kläger außerhalb der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland sieht, so z.B. die Erklärung anlässlich der Wohnungsdurchsuchung, er werde seinen Personalausweis abgeben, die stetige Infragestellung der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung sowie der Existenz der Steuerforderung. Insbesondere in seinem Schreiben vom 17. Februar 2017 führt der Kläger mehrfach aus, dass die Steuerschulden nicht existierten. Er stellt die Rechtmäßigkeit einer Durchsuchung durch staatliche Vollzugsorgane insgesamt und generell in Frage. Indem er das Finanzamt und die Polizei in Anführungszeichen setzt (Bl. 58 der Behördenakte), bringt er zum Ausdruck, dass er diesen keine staatlich legitimierten Rechte zugesteht. Kein Mensch sei weltlich niedergeschriebenen Gesetzen untertan. Über dem Grundgesetz stünden höhere Gesetze. Er führt sinngemäß aus, dass der Mensch als „absoluter Rechteträger“ frei sei zu entscheiden, ob er sich der Rechtsordnung unterwerfe und als Schuldner (einer zivilrechtlichen Gesellschaft namens Staat) betrachtet werden könne. Er zieht die Legitimität der Beamten, die die Wohnungsdurchsuchung durchführten, in Zweifel. Durch den Hinweis auf die „unveräußerlichen Rechte nach UCC 1-103 und 1-308“ benutzt er das Vokabular eines Personenkreises, der sich außerhalb unseres Rechtssystems sieht (vgl. z.B. www.wirsindeins.org; www.endlichfreileben.wordpress.com) und damit die Gesetze und auch die Rechtsprechung der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennt. Formulierungen wie „without prejudice“, „ohne Vorurteil“, „Schlüsselvermutungen der BAR-Gilde“ und „UCC 1-103 und 1-308“ weisen darauf hin, dass der Kläger diesem Gedankengut offensichtlich fest verhaftet ist. Er zeigt, dass er die von ihm für sich selbst definierten Rechte über der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland stehend ansieht. Dies wird auch in seinem Verhalten anlässlich der Durchsuchung seiner Wohnung am 14. November 2016 deutlich. Er hatte sich bereits im Vorfeld der Durchsuchung vom 14. November 2016 einer Durchsuchungsmaßnahme des Finanzamts zur Vollstreckung von Steuerschulden widersetzt. Hinsichtlich der Durchsuchung am 14. November 2016 kann keine Rede davon sein, der Kläger habe sich nur schlicht unkooperativ verhalten. Nicht zuletzt hält er ohne konkreten Anlass für eine diesbezügliche Nachfrage auch die Zuständigkeit des Gerichts für fraglich.
28
Soweit der Klägerbevollmächtigte vorbringt, der Kläger müsse sich Äußerungen seiner bei der Durchsuchung anwesenden Bekannten nicht zurechnen lassen, ist dies angesichts des eigenen Verhaltens des Klägers von untergeordneter Bedeutung. Jedoch ist auch dies ein Indiz dafür, dass der Kläger im Reichsbürgermilieu verkehrt und Bekannte aus diesem Milieu hat, die auch Einfluss auf ihn ausüben können, denn nur durch das Zureden des Herrn O. konnte der Kläger zum Öffnen seiner Terrassentür bewegt werden. Außerdem hat sich insbesondere Herr O. als „Beistand“ bzw. „Vertrauensperson“ des Klägers bezeichnet.
29
Vor diesem Hintergrund liegen aus Sicht des Gerichts keine Umstände vor, die eine weitere Sachaufklärung notwendig erscheinen ließen (so auch BayVGH im Beschluss vom 16. Januar 2019). Auch unter dem Gesichtspunkt, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid um einen Dauerverwaltungsakt handelt, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich bzw. es wurden vom Kläger keinerlei Gründe vorgetragen, weshalb der Kläger zwischenzeitlich wieder als waffenrechtlich zuverlässig angesehen werden müsste, zumal hierbei auch der in § 5 Abs. 2 WaffG normierte Grundgedanke, dass erst nach Verstreichen einer hinreichend langen Frist wieder von einer Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann, mit in den Blick genommen werden müsste.
30
Der Klägerbevollmächtigte kann auch nicht damit durchdringen, dass der Bescheid deshalb rechtswidrig sei, weil dem Kläger kein waffenrechtswidriges Verhalten vorzuwerfen sei. Zunächst hat das Landratsamt zutreffend darauf hingewiesen, dass bei einem nicht getrennten Aufbewahren von nicht erlaubnispflichtigen Waffen und der dazugehörigen Munition ein Verstoß gegen § 36 Abs. 1 WaffG i.d.F.v. 25.07.2009 vorliegt (i.Ü. ist auch nach der Neufassung von § 36 Abs. 1 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 1 AWaffV ein waffenrechtlicher Verstoß gegeben, wenn eine Verwahrung nicht in einem verschlossenen Behältnis erfolgt). Eine fehlende waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt zudem, wie oben dargelegt, keinen Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften (vgl. VG Cottbus, U.v. 20.09.2016 - VG 3 K 305/16 - juris) oder gar ein konkretes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Führen einer Waffe in der Vergangenheit voraus.
31
Soweit dem Kläger auch das Führen erlaubnispflichtiger Waffen untersagt wurde (Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids), gelten die gleichen Grundsätze. Ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 2 WaffG setzt nicht voraus, dass der Betroffene bereits im Besitz erlaubnispflichtiger Waffen ist; es kann auch der künftige Besitz verboten werden. Denn die Behörde ist nicht gehalten, den für sie oftmals nicht bekannten Zeitpunkt abzuwarten, in dem der Betroffene tatsächlich in den Besitz erlaubnispflichtiger Waffen gelangt (vgl. BVerwG, U.v. 22.08.2012 - 6 C 31/11 - juris Rn. 21 f.).
32
Das Landratsamt hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und auch zweckgerecht und im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ausgeübt. Ein milderes Mittel, das gleichermaßen geeignet wäre, den Gefahren zu begegnen, die vom Besitz erlaubnisfreier und evtl. auch erlaubnispflichtiger Waffen durch den Kläger ausgehen, ist nicht ersichtlich. Die Ermessensausübung des Landratsamts …, die das Gericht nur eingeschränkt überprüfen kann (vgl. § 114 VwGO), ist daher nicht zu beanstanden.
33
3. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
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Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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