Autor Thema: Befangenheit, Anhörungsrüge, Unterschriften / VGH München 13 A 14.1109, 13 A 15.  (Gelesen 1566 mal)

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Offline Gutemine

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Der Rechtsstreit unseres Reichsbürger (wahrscheinlich ein Karl-Heinz Bude) schwelt jetzt also seit 2008/2009. Jetzt dürfte "Ende der Fahnenstange" sein.

Spoiler
Tenor
I.
Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. M., den Richter am Verwaltungsgerichtshof G. und den Beisitzer Leitender Baudirektor Dipl.-Ing. W. wird verworfen.
II.
Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. K.-R., den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. N. und den Beisitzer Leitender Baudirektor a.D. Dipl.-Ing. B. wird verworfen.
III.
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
IV.
Der Kläger trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 15 € erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
Gründe
I.
1
Der Kläger hat mit Schreiben vom 16. Juli 2015 im Zusammenhang mit einer am 6. Juli 2015 erhobenen Anhörungsrüge (13 A 15.1422) ein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. M., den Richter am Verwaltungsgerichtshof G. und den Beisitzer Leitender Baudirektor Dipl.-Ing. W. gerichtet. Er rügt, dass der Beschluss des Senats vom 1. Juli 2015 (13 A 14.1109), zugestellt am 3. Juli 2015, nicht die Unterschriften der an der Entscheidung beteiligten Richter aufweise und deshalb keine Rechtskraft entfalte. Außerdem hätten die genannten Richter in ein und demselben Verfahren zwei gegensätzliche Entscheidungen jeweils gegen ihn getroffen.
2
Das gegen den Senat im Ganzen gerichtete Ablehnungsgesuch ist unzulässig.
3
Nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 54 VwGO, § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, „wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.“ Die Besorgnis der Befangenheit ist dann gegeben, wenn ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis hat, der Richter werde sich in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt (BVerfG, B. v. 5.4.1990 - 2 BvR 413/88 - BVerfGE 82, 30). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der „böse Schein“, d. h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (BVerfG, B. v. 5.10.1977 - 2 BvL 10/77 - BVerfGE 46, 34/41).
4
Gemessen hieran sind bei den genannten Richtern keine Gründe für ein Misstrauen im Sinn des § 42 Abs. 2 ZPO ersichtlich. Ein Ablehnungsgesuch kann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn sich der Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt. Davon ist auszugehen, wenn ein zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit geeigneter Grund weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht wird, vielmehr das Vorbringen des Klägers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (BVerwG, B. v. 30.12.1993 - 1 B 154.93 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 50; B. v. 14.12.2012 - 2 KSt 1.11 - NVwZ 2013, 225). Der Ablehnungsgrund müsste durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert werden. Wertungen ohne Tatsachensubstanz genügen hierfür nicht (BVerwG, B. v. 7.8.1997 - 11 B 18.97 - BayVBl 1998, 59). Die höchstrichterlichen Voraussetzungen einer Verwerfung des Ablehnungsgesuchs sind hier gegeben. Die Begründung des Ablehnungsgesuchs enthält keinen Anhaltspunkt für die Besorgnis, dass die abgelehnten Richter voreingenommen sein könnten. Der schon mehrmals geltend gemachten Auffassung des Klägers, dass die bisher ergangenen Urteile und Beschlüsse des Flurbereinigungsgerichts wegen fehlender Unterschriften angeblich unwirksam seien und der Senat deshalb gegen die Rechtsordnung verstoße, ist der Hinweis des Senats an den Kläger im Beschluss vom 4. Januar 2010 (13 S 09.2384) entgegenzuhalten, demgemäß nach § 329 Abs. 1 Satz 2, § 317 Abs. 4 ZPO die Ausfertigungen von Urteilen und Beschlüssen nicht der eigenhändigen Unterschrift der Richter bedürfen (s. auch BVerwG, B. v.7.8.1998 - 6 B 69.98 - juris). Der richterliche Hinweis vom 7. Juli 2015 auf den Wortlaut des § 152a Abs. 1 Satz 2 VwGO, auf den der Kläger inhaltlich eingegangen ist, enthält keinen Anhaltspunkt für das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit. Die Rüge widersprüchlicher Entscheidungen geht fehl. Im Klageverfahren 13 A 14.1109 hat der Senat durch Urteil vom 22. Oktober 2014 der Klage antragsgemäß stattgegeben. Die anschließenden Anträge auf Tatbestands-berichtigung und Urteilsergänzung hat der Senat durch Beschlüsse vom 18. März 2015 abgelehnt.
II.
5
Der Kläger hat mit Schreiben vom 16. Juli 2015 ein Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. K.-R., den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. N. und den Beisitzer Leitender Baudirektor a.D. Dipl.-Ing. B. gerichtet (s. Beschluss vom 1.7.2015 - 13 A 14.1109). Er rügt, dass ihm die namentliche Besetzung des Spruchkörpers nicht vorab mitgeteilt worden sei. Er bezweifle, dass die abgelehnten Richter „amtliche Richter der Firma BRD GmbH“ seien. Keiner dieser Richter habe sich legitimiert, ob er ein amtlicher Richter der „Firma BRD GmbH“ ist. Es gebe in der Bundesrepublik Deutschland seit 1950 keine amtlichen Richter.
6
Auch dieses Ablehnungsgesuch ist unzulässig, weil es einen offenbaren Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt. Das Ablehnungsgesuch enthält keinen Anhaltspunkt für die Besorgnis, dass die abgelehnten Richter voreingenommen sein könnten. Die vom Kläger im Schreiben vom 9. Juni 2015 erhobene Forderung, dass sich die zur Entscheidung berufenen Richter ihm gegenüber nicht nur durch einen Dienstausweis, sondern durch einen „Amtsausweis“ zu legitimieren hätten, brauchte nicht behandelt zu werden. Abgesehen davon, dass sich hieraus kein ernsthafter Anhaltspunkt für eine Befangenheit ergibt, ist die Auffassung des Klägers, dass ein Richter verpflichtet sei, den Prozessbeteiligten seine Ernennungsurkunde vorzulegen, ohnehin rechtsirrig und abwegig.
III.
7
Der Kläger hat mit Schreiben vom 3. Juli 2015, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am 6. Juli 2015, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Nichtablehnungsbeschluss vom 1. Juli 2015 (13 A 14.1109) gerügt. Diese Entscheidung beruhe auf Verfahrensfehlern. Der Beschluss sei unwirksam, weil die ihm zugestellte Ausfertigung nicht die Unterschriften der an der Entscheidung beteiligten Richter aufweise. Außerdem hätte nicht die vorgeschriebene Zahl an Richtern mitgewirkt; bei dem Urteil vom 22. Oktober 2014 seien es fünf Richter gewesen, bei dem Beschluss vom 1. Juli 2015 hingegen nur drei. Im Übrigen würden die Gerichtsentscheidungen der „BRD-GmbH“ ohnehin keine Rechtskraft entfalten, weil der Bundesrepublik Deutschland die Staatlichkeit fehle, so dass „sämtliche Gerichte im BRD-System als BRD-Unterfirmen lediglich private Schiedsgerichte seien“. Man könnte sie auch als „Ausnahme- oder Sondergerichte beziehungsweise als Standgerichte“ bezeichnen, als Verstoß gegen Art. 101 GG. Es gebe „im BRD-System logischerweise keine staatlichen Richter“. Hinzu komme, dass das Flurbereinigungsgericht im Verfahren 13 A 14.1109 eine Teilfläche des Abfindungsflurstücks 2308 falsch bewertet habe. Die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss vom 1. Juli 2015 seien Unfug; die Bewertung eines Flurstücks sei keine Rechtsfrage.
8
Die Anhörungsrüge ist zulässig. Sie betrifft eine gerichtliche Entscheidung, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist (§152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO, § 152 Abs. 1 VwGO). Die Rüge ist auch nach § 152a Abs.1 Satz 2 VwGO statthaft (vgl. BVerfG, B. v. 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - BVerfGE 119, 292/299).
9
Sie ist aber unbegründet, weil dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt war (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
10
Das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist ein prozessuales Grundrecht und außerdem ein rechtsstaatlich konstitutives Verfahrensprinzip, das mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in funktionalem Zusammenhang steht. Es sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 - 1 PBvU - BVerfGE 107, 395/409). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass wesentliches tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Gegebenenfalls kommt es darauf an, ob dem Gesamtzusammenhang des Urteils bei verständiger Würdigung unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung des urteilenden Gerichts entnommen werden kann, dass es das Vorbringen zwar erwogen, aber als unwesentlich beurteilt hat (BVerfG, B. v. 25.2.1994 - 2 BvR 50/93 - NJW 1994, 2279; BVerfG, B. v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133/146; BVerfG, B. v. 24.2.2009 - 1 BvR 188/09 - NVwZ 2009, 580). Das Gericht muss sich aber nicht mit einem Klagevortrag auseinandersetzen, der nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert ist (BVerfG, B. v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - a. a. O.; BVerfG, B. v. 23.7.2003 - 2 BvR 624/01 - NVwZ-RR 2004, 3)
11
Gemessen an diesen höchstrichterlichen Kriterien war die Anhörungsrüge zurückzuweisen.
12
Das Gericht hat sich in dem Beschluss vom 1. Juli 2015 mit den vom Kläger in den Schreiben vom 3. April, 9. Juni und 18. Juni 2015 angeführten Ablehnungsgründen befasst. In den genannten Schreiben hatte der Kläger gerügt, dass Gerichtsbeschlüsse aufgrund fehlender richterlicher Unterschriften immer unrechtmäßig seien, dass das Flurbereinigungsgericht eine Teilfläche des Abfindungsflurstücks 2308 zu seinem Nachteil falsch bewertet habe und dass die Bundesrepublik Deutschland kein Staat im völkerrechtlichen Sinn sei. Letzteres bedurfte schon deshalb keiner näheren Würdigung, weil diese Meinungsäußerung des Klägers bar jeglicher Begründung und überdies abstrus ist. Die in der Anhörungsrüge aufgeworfene Frage nach der vorgeschriebenen Zahl an Richtern war im Ablehnungsgesuch nicht enthalten und somit nicht entscheidungserheblich. Die Auffassung des Klägers, die auf einer Sachverhaltserforschung beruhende richterliche Überzeugungsbildung sei kein Akt der Rechtsfindung, geht fehl. Auch im Übrigen gibt es keinen Anhaltspunkt für eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 147 Abs. 1 FlurbG.
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