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Die Generalstaatsanwaltschaft Celle und Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg, die die Ermittlungen koordinierten, gaben in einer Pressemitteilung bekannt: „Die heutigen Maßnahmen dienten daher auch der Abschöpfung illegal erzielter Gewinne. „Der vermutliche Erlös aus den Plattenverkäufen wird nach derzeitigem Stand der Ermittlungen auf 199.000 Euro geschätzt.“, heißt es in der Pressemitteilung.
Die Polizei sieht den Einsatz als bedeutenden Schritt
Inwiefern die Rechtsrock-Szene in Baden-Württemberg betroffen ist, steht noch offen. Das Landeskriminalamt und das Innenministerium dürfen sich aktuell dazu nicht äußern. Wie bedeutsam dieser Schritt international allerdings war, betonte Polizeipräsident Johann Kühme: „Den Ermittlern der ZKI Oldenburg ist es zu verdanken, die tief verzweigten Strukturen dieses rechten, hasserfüllten Netzwerks aufgedeckt und ihm nun einen empfindlichen Schlag versetzt zu haben. Hier wurde Musik statt zur Unterhaltung als politisches Instrument für menschenfeindliche Ideologien missbraucht.“
Die Politiker aus Baden-Württemberg fanden klare Worte zu den Untersuchungen. Maximilian Moser, Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, sagte dazu: „Diese Razzia zeigt: Keinen Millimeter gegen Hass und Hetze“. Das CDU-geführte Innenministerium in Baden-Württemberg sei „auf keinem Auge blind“ und „voller Tatendrang“. Oliver Hildenbrand, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, will im Nachgang zu der Razzia eine Anfrage in den Landtag einbringen, um die Hintergründe der Durchsuchungen zu erfahren: „Mit dieser Kleinen Anfrage sollen die Durchsuchungsmaßnahmen in Baden-Württemberg genauer beleuchtet und aktuelle Entwicklungen innerhalb der rechtsextremistischen Musikszene in Baden-Württemberg in den Blick genommen werden“, heißt es in der Begründung zur Anfrage, die unseren Zeitungen vorliegt. Der rechtspolitische Sprecher der FDP im Landtag, Nico Weinmann, meint, dass Rechtsrock die „Einstiegsdroge“ zu Rechtsextremismus sei. „Insofern begrüße ich die Rechtsrock- Razzia ausdrücklich. Wir müssen mit aller Härte des Gesetzes dafür sorgen, dass der rechtsextreme Sumpf trocken gelegt wird“, erklärt er. In einen ähnlichen Wortlaut verfällt auch Boris Weirauch, Verfassungsschutzexperte der SPD-Fraktion. Die AfD-Fraktion ließ die Anfrage unserer Zeitungen bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Was ist Rechtsrock?
Bei Rechtsrock handelt es sich um eine identitäre Bewegung, die rassistisches Gedankengut verbreitet. Es existieren ganze Festivals, wie das „Schild & Schwert“-Festival in Sachsen, welches 2019 rund 700 Besucher und Besucherinnen anlockte.
Der Verfassungsschutz kategorisiert im Verfassungsschutzbericht 2022 Rechtsrock als Teil des nicht parteigebundenen Rechtsextremismus – hierfür wird der Begriff subkulturell geprägter Rechtsextremismus genutzt. Vor allem Musik bietet sich für das Vorhaben neue Mitglieder zu akquirieren an: „Die Musik dient durch ihre identitätsstiftende Funktion dabei als ,Lockmittel´, um insbesondere Jugendliche an die rechtsextremistische Szene sowie deren Ideologie heranzuführen und an sie zu binden“, schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz auf ihrer Website. Weiter beschreibt der Verfassungsschutz rechtsextremistische Musik als das wichtigeste Propagandamittel der subkulturellen Szene.
Rechtsrock in Baden-Württemberg entstanden?
Baden-Württemberg wird als die Geburtsstätte des modernen deutschen Rechtsrocks betitelt. Laut einer Infobroschüre der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg entstammt die erste Band, die extreme rechte Inhalte mit moderner Rockmusik verband, aus Baden-Württemberg: „Ragnaröck“ wurde 1977 gegründet.
In Baden-Württemberg sitzen mehrere Vertreiber, die neben Tonträgern rechter Musik, auch andere Dinge, wie Textilien mit rechtsextremen Sprüchen, verbreiten. Im Jahresbericht des Verfassungsschutzes Baden-Württembergs 2022 steht allerdings: „Generell und schon seit Jahren ist der nicht parteigebundene Neonazismus in Baden-Württemberg von einer ausgeprägten Schwäche und Isolation geprägt. Die wenigen, relativ festen Neonazi-Strukturen waren im Berichtszeitraum weitgehend inaktiv. Trotzdem kann auch von dieser Szene grundsätzlich Gewalt ausgehen.“