Autor Thema: VG Ddorf 22 K 7087/20, Urteil 7.0.2023 Schalley (afd) waffrechtl. unzuverlässig  (Gelesen 235 mal)

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Zacharias Schalley (afd) ist waffenrechtlich nicht zuverlässig und seine WBK bleibt erst einmal weg.


Das VG Ddorf hat sich in seiner Begründung mit 217 RNrr erheblich mühe gemacht.

Schön:
Zitat
bb. Es besteht der tatsachenbegründete Verdacht für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD.


Zitat
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 22 K 7087/20
Datum: 07.03.2023
Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 22. Kammer
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 22 K 7087/20
ECLI: ECLI:DE:VGD:2023:0307.22K7087.20.00
 
Schlagworte:
Widerruf Waffenbesitzkarte wegen Unzuverlässigkeit, Mitgliedschaft und Unterstützung einer Vereinigung, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt, Bundesamt für Verfassungsschutz , Verfassungsschutzbericht , Verdachtsfall, gesichert rechtsextremistisch, AfD, JA, Publicatio e.V., Ein Prozent e.V, Arcadi-Magazin, DISTEL
Normen:
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 3; BVerfSchG §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1; Buchst. c., 16 Abs. 1, 8 Abs. 1
Leitsätze:

Von § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG werden auch solche Vereinigungen erfasst, die (noch) nicht verboten sind.

Die Einstufung einer Vereinigung als Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutzindiziert, dass zugleich die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG erfüllt sind, da die Normebenfalls - allein - voraussetzt, dass ein tatsachenbegründeter Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegt. Es muss hingegen nicht bereits erwiesen sein, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt werden.
 
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Spoiler
1

Tatbestand:
2

Der im Jahr 0000 geborene Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte sowie der darin eingetragenen Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition.
3

Er ist seit 0000 Mitglied im Sportschützenverein Q.          e.V. in N.         . Die Kreispolizeibehörde des S.     -O.     erteilte ihm am 00. 00. 2009 eine Waffenbesitzkarte mit einer Munitionserwerbsberechtigung zu der Registernummer 000000/00 (Bl. 18 BA). Auf dieser Waffenbesitzkarte sind zwei halbautomatische Pistolen des Kalibers 22lr (Hersteller: Smith & Wesson, Herstellernummer: 000000 und Hersteller: DWM, Herstellernummer: 000) eingetragen.
4

Seit 0000 ist der Kläger Mitglied der Partei Alternative für Deutschland (im Folgenden: AfD). Ab 0000 war er Mitglied des Landesvorstandes der Jungen Alternative Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: JA NRW). Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die Junge Alternative für Deutschland (im Folgenden: JA) im Januar 2019 und die AfD im Februar 2021 als Bestrebung im Sinne des § 16 BVerfSchG (sog. Verdachtsfall) ein. Ein Verdachtsfall ist gegeben, wenn hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung vorliegen.
5

In dem Mitgliederprotal des Landesverbandes Nordrhein- Westfalen der AfD (abrufbar unter https://portal.afd.nrw/view/18187/entry/74/) werden folgende vom Kläger wahrgenommenen Ämter und Funktionen in Verbänden der Partei aufgezählt:
6

    7

    Kooptiertes Mitglied im Kreisvorstand der AfD S.     -Kreis O.     2016,
    8

    Beisitzer im Kreisvorstand der AfD S.     - O.     2017, 2018, 2020, 2021,
    9

    Sprecher AfD-Stadtverband N.         2020,
    10

    Mitglied im Landesvorstand der Jungen Alternative 2017/2018, 2018/2019, 2020/2021 als Beisitzer und Schriftführer,
    11

    Mitglied im Landesfachausschuss 7 "Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz".

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Seit dem 0. 0 0000 ist der Kläger Abgeordneter des Landtags Nordrhein-Westfalen und gehört der Fraktion der AfD an.
13

Das Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen machte die Kreispolizeibehörde O.     am 4. August 2020 (Bl. 30 BA) im Rahmen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung darauf aufmerksam, dass der Kläger in seiner Funktion als Leiter der Arbeitsgruppe „Umwelt und Klima“ bei der JA NRW dem neurechten Arcadi-Magazin ein am 00.00.0000 veröffentlichtes Interview gegeben habe (vgl. Bl. 30 ff. GA), an der Gründung des Vereins Publicatio e.V. beteiligt gewesen sei und sich an der 4. Ausgabe des Mitgliedermagazins DISTEL der JA NRW als Autor beteiligt habe. Zugleich wies es darauf hin, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz den Bundesverband der JA am 15. Januar 2019 zum Verdachtsfall erhoben habe und dass die Positionen des Arcadi-Magazins sowie des Vereins Publicatio e. V. nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
14

Die Kreispolizeibehörde des S.     - -O.     hörte den Kläger am 15. September 2020 (Bl. 37 BA) zu dem beabsichtigten Widerruf seiner Waffenbesitzkarte an. Zur Begründung stützte sie sich auf die Funktion des Klägers als Beisitzer im Landesvorstand der JA NRW, auf seine Beteiligung an der Gründung des Vereins Publicatio e. V. sowie auf seine Beiträge für die Magazine Arcadi und DISTEL. Sie führte weitergehend aus, dass das Arcadi-Magazin ein Projekt des Vereins Publicatio e.V. sei und durch den Verein Ein Prozent e.V. unterstützt werde. Das Magazin stehe somit der Identitären Bewegung sehr nahe und werde dem neurechten Spektrum zugeordnet.
15

Der Kläger nahm sodann dahingehend Stellung (Bl. 42 BA), dass er dem Verein Publicatio e.V. seit dem Jahr 2018 nicht mehr angehöre. Dieser befinde sich zudem in Abwicklung. Eine etwaige Quer- und Unterstützungsfinanzierung durch eine gesichert rechtsextreme Bestrebung wie den Verein Ein Prozent e.V. könne kaum einem ehemaligen einfachen Mitglied angelastet werden. Zudem sei fraglich, ob die Finanzierung einen Zeitraum betroffen habe, in den seine Mitgliedschaft gefallen sei. Den Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis auf ein früheres Interview zu stützen, scheine schon mit Blick auf die Presse- und Meinungsfreiheit rechtswidrig zu sein. Seine dort vertretenen Positionen zum Umwelt- und Naturschutz könnten keinen Zweifel an seiner Verfassungstreue erwecken. Sollte er jemals verfassungsfeindliche Thesen vertreten haben, bitte er entsprechend der Begründungspflicht des § 39 VwVfG den Beweis hierfür zu führen. Gleichfalls keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründe seine Mitgliedschaft in der JA NRW. Sie sei kein verfassungsrechtliches Beobachtungsprojekt in NRW. Auch werde der Bundesverband der JA nicht als gesichert rechtsextreme Bestrebung vom Bundesamt für Verfassungsschutz geführt. Er sei lediglich ein Verdachtsfall. Das Waffengesetz sei klassisches Gefahrenabwehrrecht. Gerechtfertigt seien lediglich Gefahrerforschungsmaßnahmen, die keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen könnten.
16

Mit Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2020 (Bl. 47 BA) widerrief die Kreispolizeibehörde des S.     - O.     die dem Kläger erteilte Waffenbesitzkarte Nr. 000000/00 sowie die darin eingetragene Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition (Ziffer 1). Zudem ordnete sie in Ziffer 2 der Ordnungsverfügung – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (vgl. Ziffer 3) – an, dass der Kläger die Waffenbesitzkarte innerhalb eines Monats seit Zustellung zurückgebe und die darin eingetragenen Schusswaffen sowie die in seinem Besitz befindliche erlaubnispflichtige Munition innerhalb der Frist einer berechtigten Person überlasse und ihr die Durchführung dieser Anordnung unter Vorlage der schriftlichen Überlassungsanzeige nachweise oder die Waffen ersatzweise unbrauchbar mache. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 2 aufgeführten Verpflichtungen drohte sie ein Zwangsgeld von 250 Euro an (Ziffer 4). Schließlich setzte sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 160 Euro fest (Ziffer 5). Zur Begründung führte die Kreispolizeibehörde im Wesentlichen aus, dass die seitens des Klägers genannten Argumente ihre Bedenken an seiner persönlichen Zuverlässigkeit, an der es aus den im Anhörungsschreiben genannten Gründen nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG fehle, nicht ausräumen könnten. Ein Restrisiko müsse nicht hingenommen werden.
17

Der Kläger hat am 25. November 2020 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er in Ergänzung zu seinem Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren vor: Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, einer Vorschrift, die bei Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis noch nicht existiert habe, lägen nicht vor. Erforderlich sei die Feststellung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinne der §§ 92 StGB, 4 BVerfSchG. Dabei erfordere der Begriff des Verfolgens einen individuellen, aktiven Beitrag des Betroffenen. Einen solchen werfe die Behörde ihm schon nicht vor. Seine von der Kreispolizeibehörde herangezogene Mitgliedschaft in der JA NRW reiche genauso wenig wie seine Tätigkeiten in verschiedenen Organisationen für die Schlussfolgerung aus, dass die Waffe zukünftig gegen die Rechtsordnung eingesetzt werde. Ebenso wenig genüge sein Interview in der Funktion als Leiter der Arbeitsgemeinschaft „Umwelt und Klima“. Dabei könne dahinstehen, in welcher Publikation das Interview abgedruckt worden sei. Dass die Positionen des Arcadi-Magazins und des Vereins Publicatio e. V. mit dem Grundgesetz nicht vereinbar seien, werde im Übrigen nicht ansatzweise belegt. Das von der Kreispolizeibehörde herangezogene Merkmal des Restrisikos beziehe sich schließlich auf die Widerrufsgründe des § 5 Abs. 1 Nr. 2c WaffG.
18

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
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den Bescheid des Beklagten vom 26. Oktober 2020 aufzuheben.
20

Der Beklagte beantragt,
21

die Klage abzuweisen.
22

Er nimmt Bezug auf die angefochtene Ordnungsverfügung.
23

Am 9. November 2022 hat die Kammer das Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen um Substantiierung der in seiner Erkenntnismitteilung vom 4. August 2020 getroffenen Feststellungen gebeten. Daraufhin (Bl. 72 GA) hat das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen seine Erkenntnismitteilung unter Bezugnahme auf im Einzelnen benannte Verfassungsschutzberichte dahingehend ergänzt, dass es sich bei dem Online- und Printmagazin Arcadi um ein mediales Vorfeldprojekt der rechtsextremistischen Neuen Rechten mit Scharnierfunktion insbesondere zur „Identitären Bewegung“ sowie zum „Völkisch-nationalistischen Personenzusammenschluss innerhalb der AfD“, ehemals „Flügel“ handele. Sowohl die Identitäre Bewegung als auch der ehemalige Flügel seien Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen. Bezüglich des völkisch-nationalistischen Personenzusammenschlusses bestünden hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen. Die Identitäre Bewegung werde ebenso wie das Arcadi-Magazin als gesichert rechtsextremistisch bewertet. Arcadi sei Teil eines bundesweit agierenden neurechten Netzwerkes. Das Magazin sei maßgeblich von dem Verein Ein Prozent e.V. – ein Basisprojekt der Neuen Rechten in Deutschland – beeinflusst und finanziert worden. Inhaltlicher Schwerpunkt von Arcadi – laut Eigendarstellung ein Bildungsprojekt des Vereins Publicatio e.V. – sei der Versuch einer Implementierung rechtsextremistischer Narrative wie beispielsweise des angeblichen Elitenprojekts einer gezielten Unterwanderungsstrategie mittels Migration unter positiver Bezugnahme auf das Konzept des xenophoben „Ethnopluralismus“ in den politischen Diskurs zielgruppenspezifischer Erlebniswelten. Die JA sei kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen. Seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz werde die JA jedoch als Verdachtsfall einer rechtsextremistischen Bestrebung bewertet und beobachtet. Eine dagegen gerichtete Klage der AfD sei vom Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 8. März 2022 (13 K 208/20) zurückgewiesen worden.
24

In der Terminverfügung vom 5. Januar 2023 hat die Kammer den Kläger gemäß § 87b Abs. 1 und 2 VwGO aufgefordert bis zum 26. Februar 2023 etwaige neue Tatsachen und Beweismittel anzugeben, sowie Urkunden vorzulegen, auf die er sich zur Begründung der Klage stützen möchte, insbesondere zu solchen Umständen, aus denen sich seine Distanz zu den politischen Zielen der AfD, des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der AfD, der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative NRW sowie zu den Vereinen „Publicatio e.V.“ und „Ein Prozent e.V.“ und/oder eine Distanz der Klägers zu den publizistischen Inhalten der Magazine „Arcadi“, „Distel“ und „Die Kehre“ ergeben könnte. Mit Schreiben vom 26. Januar 2023 hat der Kläger ausgeführt, dass er als Mitglied der JA NRW, deren Mitgliedermagazin Distel sowie der AfD NRW keine Dokumente beibringen könne, die eine Distanz erkennen ließen. Die Komplexe Ein Prozent e.V. und „Die Kehre“ seien schon nicht Gegenstand des Verfahrens, da sie nicht in der Begründung des Bescheids aufgeführt seien. Im Übrigen sei er weder Mitglied noch Förderer von Ein Prozent. Er habe lediglich einmal Herrn K.     T.      , der bei ihm als persönlicher Mitarbeiter angestellt sei, im Rahmen eines Podcasts für „Ein Prozent“ ein Interview gegeben. Dieser Sachverhalt stelle keinen hinreichenden Grund dar, von ihm eine Distanzierung zu erwarten.
25

Unter dem Briefkopf des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat Rechtsanwalt S1.    am 7. März 2023 um 9:01 Uhr beantragt, den für 14:00 Uhr anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der alleinige Sachbearbeiter T1.     , arbeits- und verhandlungsunfähig erkrankt sei. Auf die Aufforderung der Vorsitzenden Richterin, die Hinderungsgründe unverzüglich schlüssig und substantiiert darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente glaubhaft zu machen, hat Rechtsanwalt S1.    den Terminaufhebungsantrag um 11:45 Uhr ergänzend begründet. Mit Verfügung der Vorsitzenden vom 7. März 2023 (Bl. 103 GA) hat das Gericht den Antrag sodann abgelehnt. Das verfügte Schreiben ist gegen 12:30 Uhr per EGVP an das besondere elektronische Anwaltspostfach des klägerischen Prozessbevollmächtigten abgesandt worden.
26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Kammer konnte trotz Ausbleibens des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, weil sie die Beteiligten in der Ladungsverfügung vom 5. Januar 2023 auf diese Möglichkeit hingewiesen hat (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die – auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11. Januar 2023 erfolgte – Umladung, die auf die Aufforderungen und Belehrung in der früheren Ladung Bezug genommen hat, ist dem Kläger am 11. Januar 2023 zugestellt worden (Bl. 91 GA).
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Der am 7. März 2023 um 9:01 Uhr gestellte Antrag, den für 14:00 Uhr anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben, war abzulehnen, da – trotz Aufforderung zur Darlegung des vorgetragenen Hinderungsgrundes und Glaubhaftmachung bis zur Urteilsverkündung – kein erheblicher Grund i. S. v. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht worden ist. Zur weiteren Begründung wird Bezug genommen auf die Verfügung der Vorsitzenden vom 7. März 2023, mit der der Terminaufhebungsantrag abgelehnt worden ist (Bl. 103 GA).
30

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
31

Der Bescheid der Kreispolizeibehörde des S.     - O.     vom 26. Oktober 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
32

A. Der Widerruf der dem Kläger in der Form der Waffenbesitzkarte erteilten waffenrechtlichen Erlaubnis in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig.
33

I. Er findet seine Rechtgrundlage in § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis – wie hier die dem Kläger am 00.00.0000 ausgestellte Waffenbesitzkarte Nr. 000000/00 – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
34

II. Formelle Mängel sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist der Kläger nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden.
35

III. Der Widerruf ist auch materiell rechtmäßig.
36

Es sind nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung der dem Kläger erteilten waffenrechtlichen Erlaubnis hätten führen müssen. Eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Letzteres ist im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses,
37

vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 6 C 24.06 -, juris Rn. 35,
38

nicht mehr der Fall.
39

Aus § 5 WaffG ergibt sich, wann eine Person als unzuverlässig anzusehen ist. Während § 5 Abs. 1 WaffG die sogenannten absoluten Unzuverlässigkeitsgründe normiert, bei deren Vorliegen eine Person ohne die Möglichkeit einer Widerlegung als unzuverlässig anzusehen ist, beinhaltet § 5 Abs. 2 WaffG die sogenannte Regelunzuverlässigkeit, welche zwar grds. die Unzuverlässigkeit des Betroffenen indiziert, diese aber nicht zwingend zur Folge hat (widerlegbare Vermutung).
40

Vgl. Gade, in: Gade, WaffG, 3. Auflage 2022, § 5 Rn. 1.
41

Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in der – hier anzuwendenden – Fassung vom 17. Februar 2020 – besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren Bestrebungen einzeln verfolgt haben (a), die unter anderem gegen die verfassungsmäßige Ordnung (aa) oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (bb), gerichtet sind, Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt haben (b), oder eine solche Vereinigung unterstützt haben (c).
42

Danach ist der Kläger unzuverlässig, weil die Voraussetzungen der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG erfüllt sind (vgl. dazu unter 1.), ohne dass Gründe vorliegen, die eine abweichende Beurteilung von der Vermutung der Unzuverlässigkeit zulassen (vgl. dazu unter 2.).
43

1. Es rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Kläger in den letzten fünf Jahren Mitglied von Vereinigungen gewesen ist – AfD (dazu unter a.), JA (dazu unter b.), Publicatio e.V. (dazu unter c.) –, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen bzw. verfolgt haben und er diese sowie darüber hinaus auch die Vereinigung Ein Prozent e.V. (dazu unter d.) unterstützt hat.
44

a. Der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG ist aufgrund der Mitgliedschaft des Klägers in der AfD und seiner Unterstützungsbeiträge zu Gunsten der Partei erfüllt. Bei der AfD handelt es sich um eine Vereinigung (dazu unter aa.), bei der der tatsachenbegründete Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen besteht (dazu unter bb.). Der Kläger gehörte der AfD in dem fünfjährigen Bezugszeitraum an und hat sie zudem auch unterstützt (dazu unter cc.).
45

aa. Bei der AfD handelt es sich um eine Vereinigung im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG.
46

Der Begriff der Vereinigung im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG erfasst nach dem Willen des Gesetzgebers als Oberbegriff sowohl Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes als auch Parteien im Sinne des Parteiengesetzes.
47

Vgl. BT-Drs. 19/15875, S. 36.
48

Die AfD stellt als eine Partei im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG eine Vereinigung dar.
49

Anlass zu einer abweichenden Beurteilung bietet auch nicht, dass die AfD nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten worden ist. Anders als in § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG werden von § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG auch solche Vereinigungen erfasst, die (noch) nicht verboten sind. Hierunter fallen nach dem Willen des Gesetzgebers sämtliche Parteien und Vereine, die nicht verboten sind, also auch solche, bei denen das Bundesverfassungsgericht im Parteiverbotsverfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG festgestellt hat, dass sie auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzielende Bestrebungen verfolgen, deren Verbot mangels Anhaltspunkten, die die Zielerreichung zumindest möglich erscheinen lassen, jedoch nicht ausgesprochen wurde.
50

Vgl. VG Köln, Urteile vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 65 unter Bezugnahme auf BT-Drs. 19/15875, S. 36 und Urteil vom 11. August 2022 - 20 K 2177/21 -, juris, Rn. 34; VG Dresden, Beschluss vom 14. Oktober 2022 - 6 L 658/22 -, juris, Rn. 14; Gade, in: Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 5 Rn. 29c.
51

Dies begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit eines Parteimitglieds stellt kein Parteienverbot und keine dem Parteienverbot vergleichbare Maßnahme dar, die nach dem Maßstab des Art. 21 GG zu beurteilen wäre. Vielmehr handelt es sich um eine einzelfallbezogene Voraussetzung, die für die Erlaubnis zum Umgang mit Waffen, und damit zur Verfolgung einer privaten Freizeitbetätigung, vorliegen muss.
52

bb. Es besteht der tatsachenbegründete Verdacht für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD.
53

Bei dem Tatbestandsmerkmal der Bestrebungen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der uneingeschränkten Prüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt.
54

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C 9.18 -, juris, Rn. 23; VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 70.
55

Für die Auslegung kann auf die Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 GG zurückgegriffen werden, nach dessen zweiter Tatbestandsvariante solche Vereinigungen verboten sind, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten.
56

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C 9.18 -, juris, Rn. 23; VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 72 m. w. N.
57

Das Schutzgut der verfassungsmäßigen Ordnung umfasst die freiheitliche demokratische Grundordnung in Art. 21 Abs. 2 GG, die elementaren Grundsätze der Verfassung, namentlich die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit.
58

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 -, juris, Rn. 107; BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C 9.18 -, juris Rn. 23; Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 74.
59

Bestrebungen gehen über bloße politische Meinungen hinaus. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ist zwar erlaubt, ebenso wie die Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist jedoch staatlichen Behörden nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls sicherheitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Wenn Äußerungen Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, darf die Sicherheitsbehörde das zum Anlass nehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
60

Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 25. April 2019 - AN 16 K 17.01038 -, juris, Rn. 35 unter Verweis auf die Rspr. des BVerfG.
61

Weiter müssen die Bestrebungen gegen diese "gerichtet sein". Hierfür reicht es nicht aus, dass sie sich kritisch oder ablehnend gegen diese Grundsätze wenden oder für eine andere Ordnung eintreten. Anders als bei Art. 21 Abs. 2 GG, der fordert, dass eine Partei "darauf ausgeht", die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen, muss nicht bereits eine konkrete Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung eingetreten sein. Entscheidend ist, ob die Vereinigung als solche nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung einnimmt. Dazu genügt, dass sie die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend untergraben will, wie dies für eine mit dem Nationalsozialismus wesensverwandte Vereinigung kennzeichnend ist. Sie muss ihre Ziele hingegen nicht durch Gewaltanwendung oder sonstige Rechtsverletzungen zu verwirklichen suchen.
62

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C 9.18 -, juris, Rn. 23.
63

Wer das Ziel verfolgt, die Geltung des Grundsatzes der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG für Teile der Bevölkerung außer Kraft zu setzen sowie elementare Bestandteile des Demokratieprinzips zu beseitigen, und zur Erreichung dieses Ziels auf unterschiedlichen Ebenen Aktivitäten entfaltet, die neben der Teilnahme am regulären politischen Meinungskampf auch Diffamierungen und Agitation umfassen, nimmt nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung ein. Ein kämpferisch-aggressives Vorgehen gegen die verfassungsmäßige Ordnung setzt keine Gewaltanwendung oder sonstige Rechtsverletzungen voraus.
64

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C 9.18 -, juris, Rn. 26.
65

Für die Beurteilung der Frage, ob verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG vorliegen, kann auch auf die Einschätzung der Verfassungsschutzämter abgestellt werden.
66

Vgl. BT-Drs. 19/15875, S. 36; VG Köln, Urteil vom 11. August 2022 - 20 K 2177/21 -, juris, Rn. 47, wonach die Berichterstattung in den Verfassungsschutzberichten des Bundes eine hinreichende Tatsachengrundlage im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG darstellt, VG Ansbach, Urteil vom 25. April 2019 - AN 16 K 17.01038 -, juris, Rn. 30 m. w. N.; Papsthart, in: Steindorf, Waffenrecht, 11. Aufl. 2022, § 5 WaffG, Rn. 54; v. Grotthuss/Soens, in: Lehmann, Aktuelles Waffenrecht, Stand: 167. Aktualisierung, Oktober 2022, § 5, Rn. 156.
67

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen hinreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD vor. Sie folgen aus der Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall (1), die rechtlich nicht zu beanstandenden (2) und vorliegend auch mit Blick auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt zu berücksichtigen ist (3).
68

(1) Die Einstufung der AfD als Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vom 25. Februar 2021
69

– vgl. VG Köln, Urteil vom 8. März 2022 - 13 K 326/21 -, juris, Rn. 107; https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/verfassungsschutz-erklaert-afd-zum-rechtsextremistischen-verdachtsfall
70

indiziert, dass zugleich die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG erfüllt sind.
71

Voraussetzung für die – auf § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG i. V. m. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gestützte – Einstufung einer Partei als Verdachtsfall ist, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. Liegen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, besteht ein Verdacht solcher Bestrebungen. Die Anhaltspunkte müssen mithin geeignet sein, einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen. Die dann einsetzende Beobachtung dient (erst) der Klärung des Verdachts.
72

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. März 2022 - 13 K 326/21 -, juris, Rn. 181 m. w. N.
73

§ 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG setzt ebenfalls – allein – voraus, dass ein tatsachenbegründeter Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegt. Es muss hingegen nicht bereits erwiesen sein, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt werden.
74

So auch VG Köln, Urteile vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 88 und vom 11. August 2022 - 20 K 2177/21 -, juris, Rn. 47; VG Ansbach, Urteil vom 25. April 2019 - AN 16 K 17.01038 -, juris, Rn. 30; a.A. aber VG Magdeburg, Beschluss vom 28. Februar 2023 - 1 B 212/22 MD -, S. 5 des Beschlussabdrucks, bislang n. V.; VG Regensburg, Beschluss vom 7. März 2022 - RO 4 S 22.28 -, juris, Rn. 37.
75

Dafür streitet bereits der Wortlaut des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, wonach – wie auch schon i. R. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG vor die Klammer gezogen – „Tatsachen die Annahme rechtfertigen“ müssen, dass Personen Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder eine solche Vereinigung unterstützt haben.
76

Damit einhergehend entspricht es auch dem Willen des Gesetzgebers, dass der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG bereits dann erfüllt ist, wenn Tatsachen die Annahme verfassungsfeindlicher Bestrebungen rechtfertigen.
77

Der Gesetzgeber hat § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG im Zweiten Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2133) dahingehend erweitert, dass er die Wörter „bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen“ eingefügt hat. In der Gesetzesbegründung hat er erläutert, dass bislang der Nachweis erforderlich gewesen sei, dass die betroffene Person derartige Bestrebungen tatsächlich verfolgt oder unterstützt bzw. in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt habe. Dies werde dem Schutzzweck der Regelung nicht gerecht, Risiken des Waffenbesitzes möglichst weitgehend auszuschließen. Künftig solle deshalb mit einem risikointoleranteren Ansatz ein verbesserter Schutz der Allgemeinheit gewährleistet werden, indem – wie in anderen Zuverlässigkeitsüberprüfungsverfahren – bereits Zuverlässigkeitszweifel weitergehend „erlaubnisschädlich“ seien (vgl. etwa § 7 Absatz 6 des Luftsicherheitsgesetzes oder § 5 Absatz 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes). Lasse sich ein Sachverhalt nicht abschließend klären, bestehe aber ein tatsachengegründeter Verdacht, dass ein Regelunzuverlässigkeitstatbestand vorliege, dann wiege das damit verbleibende Risiko eines unzuverlässigen Umgangs mit tödlichen Waffen und den daraus resultierenden Folgen für Leib und Leben Dritter höher als die Freiheit, solche Waffen besitzen zu dürfen. Es sei daher geboten, die Anforderungen an die Annahme der Unzuverlässigkeit entsprechend abzusenken. Anhaltspunkte, die im Verdachtsgehalt vage blieben und nicht auf Tatsachen beruhten, genügten allerdings nicht.
78

Vgl. BT-Drs. 18/12397, S. 13; vgl. auch Brunner, in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand 01/2020, § 5 WaffG Rn. 77 zu der Vorgängervorschrift.
79

Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 17. Februar 2020 (BGBl I S. 166) sollte eine Regelungslücke im geltenden Recht geschlossen werden, indem künftig auch die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit begründe. In der Gesetzesbegründung heißt es weiter:
80

„Auch zu ihrem Nachweis soll daher, wie bisher schon bei der Verfolgung der aufgezählten Bestrebungen, ausreichend sein, dass Tatsachen die entsprechende Annahme rechtfertigen, d.h. schon der tatsachengegründete Verdacht ist versagungsbegründend (bereits risikovermeidender Ansatz).“
81

Vgl. BT-Drs. 19/15875, S. 36.
82

Schließlich spricht der Sinn und Zweck der Norm dafür, dass ein tatsachenbegründeter Verdacht (auch) bezogen auf die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Vereinigung ausreichend ist.
83

Zentrales Anliegen des Waffengesetzes ist es, den Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Waffenbesitzern zu verstärken, d.h. das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen. Schutzlücken, die dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken, sind zu vermeiden.
84

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C 9.18 -, juris, Rn. 16 m. w. N.
85

Eine derartige Schutzlücke, die der Gesetzgeber – wie soeben ausgeführt – gerade hat schließen wollen, entstünde jedoch dann, wenn bereits feststehen müsste, dass eine Vereinigung verfassungsfeindliche Belange verfolgt. Bis zu einer solchen – oftmals mehrere Jahre dauernden – Feststellung müssten das Risiko eines unzuverlässigen Umgangs mit tödlichen Waffen und die daraus resultierenden Folgen für Leib und Leben Dritter hingenommen werden, da insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG diese Schutzlücke nicht hinreichend schließen kann.
86

Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. Juli 2022 - 6 S 988/22 -, juris, Rn. 12 ff., wonach (selbst) der Umstand, dass jemand vom Landesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft wird, allein keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begründet; so auch OVG LSA, Beschluss vom 6. Oktober 2022 - 6 B 240/22 -, juris, Rn 21.
87

(2) Die Einstufung der AfD als Verdachtsfall begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
88

Das Verwaltungsgericht Köln hat die auf Unterlassung der Hochstufung der AfD zum Verdachtsfall gerichtete Klage mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 8. März 2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass bei den der Partei zuzuordnenden Teilorganisationen JA und „der Flügel“, der sich zwar formal aufgelöst hat, dessen Anhänger aber als Parteimitglieder verblieben sind, jeweils tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen von hinreichendem Gewicht vorliegen und diese Gruppierungen innerhalb der Partei einen Einfluss von nennenswertem Gewicht besitzen.
89

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. März 2022 - 13 K 326/21 -, juris, Rn. 205 ff. (Im Einzelnen zur JA Rn. 216 ff. und zum Flügel Rn. 529 ff.); vgl. zum Flügel auch VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 88 ff.
90

Den ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Köln, denen der Kläger nicht weiter entgegengetreten ist, schließt sich die Kammer an.
91

(3) Dass die behördliche Einstufung der AfD als Verdachtsfall erst nach dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis des Klägers erfolgt ist, ist unschädlich. Denn die dafür maßgeblichen Tatsachen lagen auch schon im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung vor. So folgte ein gewichtiger Anhaltspunkt dafür, dass der JA ein ethnisches Volksverständnis zugrunde liegt aus ihrem im Jahr 2018 verabschiedeten und 2019 geänderten politischen Programm (sog. „Deutschlandplan“).
92

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. März 2022 - 13 K 326/21 -, juris, Rn. 227.
93

Bei der Prüfung, ob tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen des Flügels vorlagen,
94

vgl. VG Köln, Urteil vom 8. März 2022 - 13 K 326/21 -, juris, Rn. 529 ff.,
95

hat das Verwaltungsgericht Köln in der vorstehenden Entscheidung ausschließlich Äußerungen berücksichtigt, die vor dem Widerrufszeitpunkt erfolgt waren.
96

cc. Der Kläger war im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt Mitglied der AfD und hat die Partei zudem auch unterstützt.
97

(1) Der Kläger ist seit 0000 Mitglied der AfD.
98

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) WaffG in der Fassung vom 20. Februar 2020 begründet bereits die bloße Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung bzw. der entsprechende tatsachenbegründete Verdacht die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Anders als nach der Vorgängerregelung bedarf es nach der aktuellen Gesetzeslage über die Mitgliedschaft hinaus keiner nachweislichen Erkenntnisse mehr über eine darüberhinausgehende individuelle verfassungsfeindliche Betätigung der Betroffenen. Ein aktiver Förderungsbeitrag in der Vereinigung ist nicht mehr nötig; es genügt bereits die (passive) Mitgliedschaft in einer entsprechenden Vereinigung, da sie eine persönliche Bindung und Identifizierung des Mitglieds mit der Vereinigung ausdrückt.
99

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 170 m. w. N.
100

Zur Begründung führt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung aus, dass dies auch sachgerecht sei, weil die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung typischerweise einschließe, dass diese Person nachhaltig die verfassungsfeindlichen Ziele der Vereinigung teile, also die Ablehnung der Grundsätze der Verfassungsordnung zum Ausdruck bringe. Die mitgliedschaftliche Einbindung in die Vereinigung sei dazu sogar eher gewichtiger aussagekräftig als eine bloße Unterstützung von außen und daher zumindest ebenso geeignet, Zweifel daran zu begründen, dass eine Person mit Waffen verantwortungsvoll umgehe.
101

Vgl. BT-Drs. 19/15875, S. 36.
102

Ausgehend hiervon ist der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3b WaffG allein aufgrund der Mitgliedschaft des Klägers in der AfD erfüllt.
103

(2) Zudem hat der Kläger die AfD auch i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 c) WaffG unterstützt, indem er für sie diverse Funktionen wahrgenommen hat. Unter anderem war er 0000 Vorstandsmitglied im Kreisverband S.     - O.     der Partei und in den Jahren 0000 bis 0000 Beisitzer im Kreisvorstand der AfD S.     - O.     . Zudem war er 0000 Sprecher des AfD-Stadtverbands N.         .
104

Zu weiteren Tätigkeiten des Klägers für die AfD vgl. seine Biografie im vgl. Landtag NRW, Detailansicht des Abgeordneten XY, abrufbar unter https://.............................
105

b. Daneben ist der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG auch aufgrund der Mitgliedschaft des Klägers in der JA und seiner Unterstützungsbeiträge zu Gunsten der JA erfüllt.
106

aa. Die JA ist ein Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG.
107

bb. Es liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der JA vor.
108

Diese ergeben sich daraus, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die JA am 15. Januar 2019 als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufte und sie unter nachrichtendienstliche Beobachtung stellte, womit – wie bereits ausgeführt – indiziert wird, dass auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG erfüllt sind.
109

Die Einstufung der JA als Verdachtsfall begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
110

Zur Begründung der Einstufung der JA als Verdachtsfall führt das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat in dem Verfassungsschutzbericht des Bundes für das Jahr 2020 aus, dass bei der JA tatsächliche Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht dafür feststellbar seien, dass ihre zentrale politische Vorstellung die Erhaltung des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand sowie den Ausschluss von ethnisch „Fremden“ beinhalte. Ein derart völkisch-abstammungsmäßiger Volksbegriff verstoße gegen die Menschenwürde. Insbesondere der behauptete „Große Austausch“ des deutschen Volkes, dessen „Abschaffung“ und „Umvolkung“ durch „Messermigranten“ sei erkennbar darauf gerichtet, Migranten die Menschenwürde abzusprechen.
111

Vgl. Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, Verfassungsschutzbericht 2020, S. 98, abrufbar unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb-2020-gesamt.pdf?__blob=publicationFile&v=7.
112

Die auf Unterlassung der Einstufung der JA gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Köln mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 8. März 2022 (13 K 208/20) ab. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht zuvorderst darauf abgestellt, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestünden, dass eine zentrale politische Vorstellung der JA der Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand ist und ethnisch "Fremde" nach Möglichkeit ausgeschlossen bleiben sollten. Ein dergestalt völkisch-abstammungsmäßiger Volksbegriff verstoße gegen die Menschenwürde.
113

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. März 2022 - 13 K 208/20 -, juris, Rn. 162 ff.
114

Zuvor hatte bereits das Verwaltungsgericht Berlin im Eilverfahren entschieden, dass das Bundesinnenministerium die JA als Verdachtsfall in den Verfassungsschutzbericht des Bundes 2019 aufnehmen dürfe.
115

Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 28. Mai 2020 - VG 1 L 95/20 -, BeckRS 2020, 50933
116

Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 19. Juni 2020 (OVG 1 S 55/20) zurück. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe, dass der behauptete „große Austausch“ der Bevölkerung, deren „Abschaffung“ und „Umvolkung/betreutes Aussterben“ durch „Messerzuwanderung“, „Messermigranten“ und „Messerstichkultur“ in Wortwahl, Diktion und Inhalt erkennbar darauf gerichtet sei, Asylbewerbern und Migranten ihre Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) abzusprechen.
117

Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 19. Juni 2020 - OVG 1 S 55/20 -, juris, Rn. 37.
118

Die Kammer schließt sich den umfangreichen und überzeugenden Ausführungen der Verwaltungsgerichte Köln und Berlin sowie des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in den vorstehend zitierten Entscheidungen an.
119

cc. Der Kläger war in den letzten fünf Jahren auch Mitglied der JA NRW und damit auch des Bundesverbandes. Aus § 10 Abs. 5 der Satzung & Statuten der JA
120

– abrufbar unter https://netzseite.jungealternative.online/wp-content/uploads/2022/10/JADE_Bundessatzung-und-Statuten.pdf
121

folgt, dass eine einheitliche Mitgliedschaft im Bundesverband und in den Landesverbänden besteht und ein Auseinanderfallen der Mitgliedschaft nicht möglich ist; durch den Aufnahmeakt wird die Mitgliedschaft im Bundesverband, im entsprechenden Landesverband und etwaigen Untergliederungen des Landesverbandes erworben.
122

Zudem hat der Kläger die JA unterstützt, indem er in ihrem Landesvorstand NRW als Beisitzer und Schriftführer 2017/2018, 2018/2019, 2020/2021 tätig gewesen ist und sich u.a. an der 4. Ausgabe des Mitgliedermagazins der JA NRW (DISTEL) als Autor beteiligt hat.
123

……………………….
124

c. Weiter ist der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG auch aufgrund der früheren Mitgliedschaft des Klägers in dem Verein Publicatio e.V. und seiner Unterstützung dieses Vereins erfüllt.
125

aa. Der Verein Publicatio e.V. stellt eine Vereinigung im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG dar, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt.
126

In Bezug auf den Verein Publicatio e.V. kann dahinstellen, ob bereits feststehen muss, dass die Vereinigung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt, oder insoweit – wie bereits ausgeführt – allein der tatsachenbegründete Verdacht genügt. Denn der Verein Publicatio e.V. wird in dem Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2020 – ausweislich der durch Fettdruck erfolgten Kennzeichnung auf S. 394 – als erwiesen verfassungsfeindlich eingestuft.
127

Zur Kennzeichnung verfassungsfeindlicher Strukturen und Organisationen vgl. Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2020, S. 390, abrufbar unter https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2020.pdf.
128

Diese Einschätzung des Verfassungsschutzes für das Land Nordrhein-Westfalen begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
129

Zur Begründung führt der Verfassungsschutz für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 aus, dass sich der im Sommer 2016 in M.          gegründete Verein Publicatio e.V. zur Aufgabe gemacht habe, das Onlinemagazin Arcadi herauszubringen. Unterstützt werde das Magazin von Ein Prozent e.V., einem Verein, der sich zur Aufgabe gemacht habe, Projekte der Neuen Rechten zu fördern (dazu sogleich unter d.).
130

Vgl. Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2020, S. 137, abrufbar unter https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2020.pdf.
131

Der Verfassungsschutz für das Land Nordrhein-Westfalen bewertet das Arcadi-Magazin ebenfalls als gesichert rechtsextremistisch.
132

Vgl. Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2020, Kennzeichnung auf S. 390, abrufbar unter https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2020.pdf.
133

Nach der im gerichtlichen Verfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Ministeriums des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. November 2022 (Bl. 72 GA) handele es sich bei dem Online- und Printmagazin Arcadi um ein mediales Vorfeldprojekt der rechtsextremistischen „Neuen Rechten“ mit Scharnierfunktion insbesondere zur „Identitäteren Bewegung“ sowie zum Völkisch-nationalistischen Personenzusammenschluss innerhalb der AfD“, ehemals „Flügel“ gehandelt. Inhaltlicher Schwerpunkt von Arcadi sei der Versuch einer Implementierung rechtsextremistischer Narrative wie beispielsweise des angeblichen Elitenprojekts einer gezielten Unterwandungsstrategie mittels Migration unter positiver Bezugnahme auf das Konzept des xenophoben „Ethnopluralismus“ in den politischen Diskurs zielgruppenspezifischer Erlebniswelten. Damit einhergehend heißt es in dem vorstehend aufgeführten Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2020, dass das Arcadi-Magazin sich in den vergangenen Jahren vor allem als Magazin für das Umfeld der Identitären Bewegung darstelle, die – sowohl aus Sicht des Bundesamtes für Verfassungsschutz als auch aus der des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen – als gesichert rechtsextremistisch bewertet wird.
134

Vgl. zur Identitären Bewegung Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, Verfassungsschutzbericht 2020, S. 108, abrufbar unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb-2020-gesamt.pdf?__blob=publicationFile&v=7; Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2020, S. 98, abrufbar unter https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2020.pdf.
135

Diesen Feststellungen des Ministeriums des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen, an deren inhaltlicher Richtigkeit kein Anlass zu zweifeln besteht, ist der Kläger nicht im Einzelnen entgegengetreten.
136

bb. Der Kläger war Mitglied des Vereins Publicatio e.V. und hat ihn zudem auch unterstützt.
137

Nach Auskunft des Ministeriums des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen an die Kreispolizeibehörde O.     vom 4. August 2020 ist der Kläger an der Gründung des Vereins Publicatio e.V. beteiligt gewesen. Der Kläger stellte diese Auskunft nicht hinreichend substantiiert in Frage, sondern räumte vielmehr ein, dass er dem Verein bis zum Jahr 0000 angehört habe.
138

Vgl. zudem Antifaschistisches Infoblatt vom 00.0.0000, abrufbar unter https://www..........................., wonach der Kläger die Gründungsversammlung von Publicatio e.V. geleitet haben soll; sowie Schmitt/Breuer, Versorgung im Parlament, veröffentlicht am 12. Februar 2020 in: Lotta, abrufbar unter https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/78/versorgung-im-parlament; Correctiv, Artikel vom 16. August 2018, abrufbar unter https://correctiv.org/ruhr/2018/08/16/afd-funktionaere-unterstuetzen-offenbar-identitaere-bewegung-in-nrw/.
139

Da dieser Zeitpunkt noch in den fünfjährigen Bezugszeitraum des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG fällt, ist die ehemalige Mitgliedschaft des Klägers mit Blick auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt – Erlass des Widerrufs im Oktober 2020 – auch zu berücksichtigen.
140

Im Übrigen hat der Kläger nach (formaler) Beendigung seiner Mitgliedschaft den Verein Publicatio e.V. zumindest weiterhin unterstützt, indem er dem Arcadi-Magazin am 11. November 2019 ein Interview gegeben hat.
141

Abrufbar unter https://web....................
142

d. Schließlich ist – worauf die Kammer ebenfalls selbstständig tragend abstellt – der Regeltatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 c) WaffG aufgrund der Unterstützung des Vereins Ein Prozent e.V. durch den Kläger erfüllt.
143

aa. Bei dem Verein Ein Prozent e.V. handelt es sich um eine Vereinigung, bei der der tatsachenbegründete Verdacht vorliegt, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebung verfolgt.
144

Sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz als auch der Verfassungsschutz für das Land Nordrhein-Westfalen stufen Ein Prozent e.V. als einen Verdachtsfall ein. Auch diese – vom Kläger nicht in Zweifel gezogene – Einstufung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
145

In dem Verfassungsschutzbericht des Bundes 2020 wird – auszugsweise – Folgendes ausgeführt:
146

„Die Gruppierung „Ein Prozent“ wurde im Herbst 2015 ins Leben gerufen und im April 2016 im Vereinsregister eingetragen. Der Name spiegelt die Annahme wider, dass die Unterstützung von „einem Prozent der Deutschen“ ausreiche, um die gesetzten Ziele – eine „patriotische Wende“ – zu erreichen. „Ein Prozent“ ist sowohl auf lokaler Ebene als auch überregional und bundesweit tätig und betreibt in intensiver materieller und ideeller Form die Unterstützung, Bewerbung und Förderung verschiedener Organisationen, Gruppierungen und Einzelpersonen der Neuen Rechten. Nach eigenen Angaben zählen „Vernetzung, Finanzierung und Organisation“ zu den maßgeblichen Aufgaben des Vereins. In diesem Sinne unterstützt „Ein Prozent“ Aktionen, Protestformen sowie Anlaufpunkte, bewirbt und vernetzt sie miteinander. Teilweise initiiert der Verein diese auch selbst und führt eigene Kampagnen durch.
147

[...]
148

Der Verein „Ein Prozent“ verortet sich im sogenannten Widerstandsmilieu und sieht sich als „organisatorischen Motor“ in der selbst ernannten „Mosaik-Rechten“, die durch arbeitsteilige Aufgliederung und Entgrenzung im rechtsextremistischen Spektrum gekennzeichnet ist. Hervorzuheben ist insbesondere die enge Verbindung von „Ein Prozent“ zur IBD. Diese ergibt sich zum einen aus direkten persönlichen Beziehungen, zum anderen umfassen die Kontakte auch die Unterstützung verschiedener Aktionen und Projekte, an denen aktive oder ehemalige Aktivisten der IBD maßgeblich beteiligt sind.
[close]

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2023/22_K_7087_20_Urteil_20230307.html

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149

Überdies wird die ideologische Ausrichtung des Vereins „Ein Prozent“ auch anhand eigener inhaltlicher Positionierungen deutlich. So enthalten Beiträge auf der vereinseigenen Website pauschale Herabwürdigungen von Migranten und/oder Muslimen. So wird nicht nur „Kriminalität“ als Folge von Migration ausgegeben, sondern auch behauptet, dass sich Krankheiten „durch die nahezu unkontrollierte Einwanderung in Windeseile“ verbreiteten. Es wird ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen Zuwanderung einerseits und Kriminalität sowie der Verbreitung von gefährlichen Infektionskrankheiten andererseits behauptet. Flüchtlingen aus arabischen Ländern spricht „Ein Prozent“ grundsätzlich ab, legitime Gründe für ihre Flucht zu besitzen. In der Konsequenz wird jegliche Migrationsbewegung als illegaler Akt dargestellt. Den betroffenen Personengruppen wird damit ein abgewerteter rechtlicher Status zugeschrieben. Sie werden einer demütigenden Ungleichbehandlung ausgesetzt, was mit der Garantie der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit den Gleichheitsverbürgungen des Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbar ist.“
150

Vgl. Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, Verfassungsschutzbericht 2020, S.82 f., abrufbar unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb-2020-gesamt.pdf?__blob=publicationFile&v=7.
151

In dem Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2020 heißt es ebenfalls, dass es sich der Verein Ein Prozent e.V. zur Aufgabe gemacht habe, Projekte der Neuen Rechten zu fördern.
152

Vgl. Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2020, Kennzeichnung auf S. 137, abrufbar unter https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2020.pdf; Zur rechtsextremen Vernetzung des Vereins „Ein Prozent“ vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1486 –, abrufbar unter https://www.juris.testa-de.net/jportal/docs/anlage/gportal/bilder/drs/1901921.pdf.
153

bb. Der Kläger hat den Verein Ein Prozent e.V. unterstützt.
154

Ob eine Person verfassungswidrige Bestrebungen einer Vereinigung im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 c) WaffG unterstützt (hat), ist danach zu beurteilen, ob die Unterstützung zur bewussten Förderung der Vereinigung in Kenntnis und einer gewissen Billigung ihrer Ziele und Zwecke stattfindet.
155

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 193 m. w. N.
156

Nicht ausreichend ist lediglich das schlichte Sympathisieren mit einer Vereinigung.
157

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 195 m. w. N.; Gade, in: Gade, Waffengesetz, 3. Aufl. 2022, § 5, Rn. 29 f.; Heller/Soschinka/Rabe WaffR Rn. 771a.
158

Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen relevanten Unterstützungshandlungen und lediglich untergeordneten Aktivitäten ist auch nach der Neuregelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG das Kriterium der Außenwirkung der konkreten Betätigung. Dazu zählen jedenfalls konkrete Betätigungen, durch die die Existenz der Vereinigung gesichert wird. Von einer Betätigung in Form des Unterstützens ist somit jedenfalls dann auszugehen, wenn jemand innerhalb der Vereinigung oder für die Vereinigung nach außen erkennbar Funktionen wahrnimmt und dadurch in der Öffentlichkeit zu erkennen gibt, dass er hinter den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Vereinigung steht und diese mit tragen will. Dies ist beispielsweise bei Personen der Fall, die für die Vereinigung bei deren Veranstaltungen Aufgaben wahrnehmen, sei es als Veranstaltungsleiter oder als Redner. Aber auch innerorganisatorische Betätigungen kommen in Betracht, etwa wenn das Mitglied Technik zur Verfügung stellt, sich um die Finanzen kümmert, Plakate oder Flugblätter gestaltet, Werbekampagnen organisiert usw. Bei niederschwelligen Aktivitäten spielt auch die Nachhaltigkeit eine Rolle. Wer beispielsweise nicht nur einmalig, sondern des Öfteren wiederholt an Veranstaltungen der Vereinigung teilnimmt, gibt ebenfalls nach außen zu erkennen, dass er hinter den Zielen der Vereinigung steht. Auch damit unterstützt er die Vereinigung, denn je mehr Mitglieder und sonstige Interessenten an einer Veranstaltung der Vereinigung teilnehmen, desto mehr Gewicht kommt ihr in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit im Rahmen der politischen Willensbildung zu.
159

Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 197 m. w. N.
160

Ausgehend hiervon hat der Kläger Ein Prozent e.V. unterstützt, indem er als Mitglied von Publicatio e.V. dazu beigetragen hat, dass in dem von diesem Verein herausgegebenen Arcadi-Magazin für den Verein Ein Prozent e.V. geworben wird. In dem von Publicatio e.V. herausgegebenen Arcadi-Magazin wurde die öffentliche Wahrnehmung von Ein Prozent e.V. mittels des – auf dem besonders öffentlichkeitswirksamen – Deckblatt enthaltenen Hinweises „Mit freundlicher Unterstützung von Ein Prozent.de“ gefördert.
161

Vgl. nur Ausgabe 01/2020, S. 4, abrufbar unter https://www.yumpu.com/de/document/read/63437315/Arcadi-magazin-01-2020.
162

Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, dass einem ehemaligen einfachen Mitglied des Vereins Publicatio e.V. eine etwaige Quer- und Unterstützungsfinanzierung durch den Verein Ein Prozent e.V. wohl kaum angelastet werden könne, ist dem entgegen zu halten, dass die „freundliche[r] Unterstützung von Ein Prozent.de“ auf dem Deckblatt jeder Ausgabe des Arcadi-Magazins offensichtlich war. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dem Kläger entsprechende Hinweise auf Ein Prozent.de in den Ausgaben des Arcadi-Magazins bekannt gewesen sind, da er nach der Erkenntnismitteilung des Ministeriums des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. August 2020 – wie bereits ausgeführt – an der Gründung des Vereins Publicatio e.V., dem Herausgeber von Arcadi, beteiligt war.
163

Dafür, dass der Kläger schon zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufs Ein Prozent e.V. bewusst förderte, spricht ferner, dass er ihn auch noch in der jüngeren Vergangenheit aktiv unterstützt hat, indem er am 14. Mai 2022 bei Ein Prozent Telegram zur Wahlbeobachtung aufgerufen,
164

abrufbar unter …………………….,
165

und am 16. April 2022 – wie er mit Schriftsatz vom 26. Januar 2023 einräumt – an der „Lagebesprechung“, einem von seinem persönlichen Mitarbeiter K.     T.      moderierten Podcast von Ein Prozent e.V., zum Thema Konservative Umweltpolitik teilgenommen hat,
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abrufbar unter https://deutschepodcasts............................
167

Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die Verbindungen zwischen Publicatio e.V. und Ein Prozent e.V. trotz der Hinweise in den Ausgaben des Arcadi-Magazins verborgen geblieben sein konnten und er erst nach Erlass des Widerrufsbescheids begonnen hätte, den Verein Ein Prozent e.V. zu fördern, sind weder vom Kläger dargelegt noch im Übrigen erkennbar.
168

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass die Vereinigung Ein Prozent e.V. nicht Gegenstand des Verfahrens sei, da er nicht in der Begründung des Bescheids aufgeführt werde, übersieht er, dass der Beklagte in seiner Ordnungsverfügung ausdrücklich berücksichtigt hat, dass das Arcadi-Magazin durch den Verein Ein Prozent e.V. unterstützt wurde. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht bei der Überprüfung einer – wie hier – gebundenen Entscheidung alle einschlägigen Rechtsvorschriften und – nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO – alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht.
169

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2022 - 18 B 632/22 -, juris, Rn. 9.
170

2. Gründe, die eine abweichende Beurteilung von der Vermutung der Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) oder c) zuließen, sind nicht erkennbar.
171

Strafrechtlich und waffenrechtlich beanstandungsfreies Verhalten in der Vergangenheit genügt zur Widerlegung der Vermutung der Unzuverlässigkeit allein nicht.
172

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.06.2019 - 6 C 9.18 -, juris, Rn. 34 zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG in der Fassung vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) - WaffG a.F. -.
173

Maßgeblich ist vielmehr, ob im Einzelfall der vom Gesetzgeber typisierend vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der relevanten Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen und dem Schutzzweck des Waffengesetzes ausnahmsweise fehlt, also ob die generalisierende Annahme eines waffenrechtlich relevanten Sicherheitsrisikos, die an die legale Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen anknüpft, im konkreten Fall tatsächlich tragfähig ist.
174

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C 9.18 - juris, Rn. 34 in Bezug auf § 5 Abs. 2 Nr. 3 a WaffG a.F.
175

Atypische Umstände, die bei einer Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die Bestrebungen gegen die verfassungsgemäße Ordnung verfolgt, geeignet sind, die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG zu widerlegen, sind daher bei den in Rede stehenden Personen grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn – neben einem in waffenrechtlicher Hinsicht beanstandungsfreien Verhalten – feststeht, dass sie sich von hetzenden Äußerungen sowie gewaltgeneigten, bedrohenden oder einschüchternden Verhaltensweisen von Mitgliedern und Anhängern der Vereinigung unmissverständlich und beharrlich distanziert haben. Wer sich zur Widerlegung der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG auf derartige in seiner Sphäre liegende Umstände beruft, dem obliegt im Verfahren vor der Waffenbehörde oder dem Verwaltungsgericht zudem eine besondere Darlegungspflicht.
176

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 C9.18 -, juris, Rn. 36 in Bezug auf § 5 Abs. 2 Nr. 3 a WaffG a.F.; OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2022 - 20 B 1184/21 -, S. 5 BA, n. V.
177

Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben hat der Kläger die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG nicht wiederlegt.
178

Der Kläger hat sich zum einen nicht von der AfD und JA distanziert. Im Gegenteil: Obgleich die Kammer den Kläger in der Ladungsverfügung vom 5. Januar 2023 zur Angabe von Umständen aufgefordert hat, aus denen sich seine Distanz zu den politischen Zielen der AfD, des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der AfD und der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative NRW ergeben könnte, hat er mit Schriftsatz vom 26. Januar 2023 lediglich angegeben, dass er bezüglich der Jungen Alternative NRW, deren Mitgliedermagazin DISTEL sowie der AfD NRW als Mitglied dieser Organisationen naturgemäß keine Dokumente beibringen könne, die eine Distanz erkennen lasse. Eine Distanzierung des Klägers von der AfD, wo er weiterhin aktives Parteimitglied ist und der Fraktion der AfD im Landtag Nordrhein-Westfalens angehört, und/oder der JA, für deren Landesverband er sich – u.a. als Chefredakteur der im Februar 2022 erschienenen 7. Ausgabe des Mitgliedermagazin DISTEL – weiterhin betätigt,
179

abrufbar unter ………………………..,
180

ist auch sonst nicht erkennbar.
181

Genauso wenig hat sich der Kläger von den Vereinigungen Publicatio e.V. und Ein Prozent e.V. distanziert, obwohl ihm die Kammer auch hierzu ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
182

B. Gegen die in Ziffer 2 des Bescheids des Beklagten angeordneten und auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG beruhenden Pflichten, die erlaubnispflichtigen Waffen und Munition unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies durch Vorlage von Nachweisen zu belegen, bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist die behördliche Entscheidung frei von Ermessensfehlern. Die Kreispolizeibehörde O.     hat im angefochtenen Bescheid den Ermessensspielraum erkannt und das Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
183

C. Gleiches gilt für die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, §§ 60, 63 VwVG NRW. Rechtsfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
184

D. Auch hinsichtlich der Gebührenforderung in Ziffer 5 der Ordnungsverfügung ist die Klage unbegründet. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren für den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist § 50 Abs. 1 WaffG, §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 und 2 GebG NRW i. V m § 2 Abs. 1 AVerwGebO NRW und den Tarifstellen 26.36 und 26.32 Buchst. f). Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Gebührenentscheidung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
185

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
186

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO, 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
187

Rechtsmittelbelehrung:
188

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
189

Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
190

Die Berufung ist nur zuzulassen,
191

1.              wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
192

2.              wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
193

3.              wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
194

4.              wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
195

5.              wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
196

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
197

Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
198

Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
199

Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
200

Beschluss:
201

Der Streitwert wird auf 5.910,00 Euro festgesetzt.
202

Gründe:
203

Nach der ständigen Streitwertpraxis des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist in Fällen, in denen um die Erlaubnis zum Erwerb bzw. Besitz von Waffen gestritten wird, das Besitzinteresse in Anlehnung an Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai / 1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (Streitwertkatalog 2013) im Ausgangspunkt mit dem Auffangwert von 5.000,00 Euro aus § 52 Abs. 2 GKG zu bewerten, und zwar unabhängig davon, in wie vielen Waffenbesitzkarten die streitigen Waffen eingetragen sind oder eingetragen werden sollen. Dieser Wert ist im Ansatz um 750,00 Euro für jede weitere Waffe, um die in demselben Verfahren gestritten wird, zu erhöhen. In Fällen, in denen eine besonders große Anzahl von Waffen in Rede steht, hält das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eine angemessene Begrenzung für angezeigt, die im Regelfall bei dem fünffachen Betrag des Auffangwertes liegt oder erreicht ist.
204

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2009 ‑ 20 E 923/09 ‑, vom 23. Juni 2010 ‑ 20 B 45/10 ‑, juris Rn. 27, und vom 26. Juni 2019 - 20 E 6/18 -.
205

Die mit dem Widerruf verbundene Anordnung, die Waffen und Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen, und die Anordnung, alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde zurückzugeben, wirken nicht streitwerterhöhend, da diese zur Vollstreckung erforderlichen Nebenentscheidungen im Zusammenhang mit dem Widerruf waffenrechtlicher Genehmigungen regelmäßig einhergehen.
206

Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 25. Februar 2002 - 21 B 00.370 -, juris Rn. 47; OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 20 A 4157/06 -.
207

Ebenso wirkt die Zwangsgeldandrohung nicht streitwerterhöhend, da die Androhung neben einer Grundverfügung erfolgt ist und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nicht höher als der für die Grundverfügung selbst zu bemessende Streitwert ist (vgl. Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs 2013).
208

Nach diesen Maßstäben ist für den Widerruf ein Streitwert in Höhe von 5.750,00 Euro festzusetzen, da in der streitgegenständlichen Waffenbesitzkarte insgesamt 2 Waffen eingetragen sind.
209

Daneben ist der für die streitige Gebührenentscheidung zu berücksichtigende Betrag von 160,00 Euro (vgl. § 52 Abs. 3 GKG) einzubeziehen.
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Rechtsmittelbelehrung:
211

Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
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Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
213

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
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Die Beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
216

War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und
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die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Frage an die Juristen: Die Lügenpresse wertet es so, daß alleine die afd-Mitgliedschaft ausreicht.

Kann man das so stehen lassen oder sind die Aktivitäten für Ein Prozent und die andere Vereinigung wichtiger? Oder gleich zu bewerten?


https://rp-online.de/nrw/landespolitik/urteil-in-nrw-afd-mitgliedschaft-ist-grund-fuer-waffenentzug_aid-87589627
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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