Gründe
I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen verschiedene waffenrechtliche Maßnahmen und die Einziehung seines Jagdscheines.
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Anlass für die Maßnahmen war ein anonymes Schreiben, das am 23. Dezember 2020 bei dem Antragsgegner einging, u.a. mit folgendem Inhalt: „Wir schreiben Ihnen als Anwohner des Dorfes O, …. Wir weisen auf das Folgende anonym hin, da wir Angst vor etwaigen Konsequenzen haben. Seit einiger Zeit stehen vor der Einfahrt zum Grundstück an der Ecke … 1 in O Warnschilder mit dem Text: „…“. Es folgten weitere Ausführungen zur Person des Antragstellers, dem das Grundstück gehöre, der das Schild aufgestellt habe und der als Jäger auch Waffen besitze. In das Schreiben war ein Bild des besagten Schildes eingefügt:
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Der Antragsteller unterhält auf besagtem Grundstück mit der Haus-Nr. 1a einen Gartenbaubetrieb und ist alleiniger Eigentümer des Grundstücks.
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Am 17. Februar 2021 suchte eine Mitarbeiterin des Antragsgegners das Grundstück auf, traf jedoch nur die Ehefrau des Antragstellers an (die Antragstellerin im Eilverfahren
4 MB 18/21). Am 18. Februar 2021 erschien sie erneut. Anwesend waren die Ehefrau des Antragstellers, deren Prozessbevollmächtigter und die Prozessbevollmächtigte des Antragsstellers, welcher ein Bescheid vom 17. Februar 2021 übergeben wurde. Mit diesem Bescheid widerrief der Antragsgegner 1. sämtliche waffenrechtlichen Erlaubnisse (Waffenbesitzkarten … und …), erklärte 2. den Jagdschein … für ungültig und zog diesen ein, untersagte 3. den Erwerb und Besitz erlaubnisfreier und erlaubnispflichtiger Waffen, Waffenteile und Munition (allgemeines Waffenbesitzverbot), stellte 4. sämtliche im Besitz des Antragstellers befindlichen Waffen, Waffenteile und Munition, sowie die Erlaubnisurkunden, den Jagdschein und einen europäischen Feuerwaffenpass sofort sicher und ordnete 5. die sofortige Vollziehung der Ziffern 2 bis 4 an. Von einer vorherigen Anhörung wurde gemäß § 87 Abs. 2 Nr. 1 LVwG im öffentlichen Interesse abgesehen. Zur Begründung berief sich der Antragsgegner vor allem auf eine fehlende waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers. Die bekannt gewordene Aufstellung des Schildes stelle eine Tatsache dar, die die Annahme rechtfertige, dass er Waffen oder Munition leichtfertig oder missbräuchlich einsetzen könnte.
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Am 1. März 2021 legte der Antragsteller dagegen Widerspruch ein.
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Ebenfalls am 1. März 2021 hat er beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 29. März 2021 hat das Verwaltungsgericht den Antrag vollumfänglich abgelehnt; hiergegen richtet sich die am 8. April 2021 erhobene und am
27. April 2021 begründete Beschwerde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II.
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Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. März 2021 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.
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1. Das Verwaltungsgericht hält den angegriffenen Verwaltungsakt vom 17. Februar 2021 für offensichtlich rechtmäßig und kommt deshalb im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung. Dies wird von der Beschwerde nicht in Frage gestellt. Auch Bedenken gegen die Annahme seiner formellen Rechtmäßigkeit erhebt die Beschwerde nicht. Das Verwaltungsgericht sieht einen etwaigen Anhörungsmangel jedenfalls als geheilt an (§ 114 Abs. 1 Nr. 3 LVwG).
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2. Materiell-rechtlich hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Voraussetzungen einer Unzuverlässigkeit i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG vorlägen. Diese Annahme sei gerechtfertigt durch die Tatsache, dass der Antragsteller ein Schild aufgestellt habe, mit welchem er anderen Personen konkret mit einem Angriff gegen ihre körperliche Unversehrtheit oder sogar ein Angriff gegen ihr Leben gedroht habe. Schon das unmissverständliche Drohen mit Waffen könne eine Gefahr i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG begründen. Vorliegend sei der Drohung zu entnehmen, dass beim Antragsteller grundsätzlich eine Bereitschaft zur Konfliktlösung mit Gewalt bestehe und er keine Gewähr dafür biete, dass er mit Waffen und Munition, die er im Rahmen der Erlaubnisse besitzen dürfe, jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werde.
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Dazu rügt die Beschwerde eine fehlerhafte Bewertung der jagd- und waffenrechtlichen Zuverlässigkeiti.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG, wie sie dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gemäß §§ 45 Abs. 2 Satz 1, 4 Abs. 1 Satz 2 WaffG (Ziffer 1), der Ungültigkeitserklärung nebst Einziehung des Jagdscheines gemäß §§ 18 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG (Ziffer 2) und dem allgemeinen Waffenbesitzverbot gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 WaffG (Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides) zugrunde liegt. Geltend gemacht wird, dass das Verwaltungsgericht es bei der Prognoseentscheidung im Hinblick auf Zuverlässigkeit des Antragstellers versäumt habe, die Vorgeschichte, die vor fünf Jahren (im Jahre 2016) zum Aufstellen des Schildes geführt habe, den Textinhalt des Schildes sowie die gesamte Persönlichkeit des Antragstellers zu würdigen und die Zurechnung des Schildtextes kritisch zu hinterfragen. Es sei unzulässig, allein die Schildbeschriftung für die negative Prognose heranzuziehen, wenn man die lange Frist der Schildverwendung, den textlichen und zeichentechnischen Inhalt und die konkrete Verwendungssituation berücksichtige. Vor allem reiche dies als einziger Anknüpfungspunkt für eine Würdigung der Gesamtpersönlichkeit nicht aus. Nicht gerügt wird die verwaltungsgerichtliche Annahme, dass das für das Waffenverbot vorgesehene behördliche Ermessen beanstandungsfrei ausgeübt worden ist und dass insoweit auch eine Folgenabwägung – bei Verneinung einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit – zulasten des privaten Aufschubinteresses des Antragsstellers ausginge.
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Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist trotz der umfangreichen Erklärungen des Antragstellers nachvollziehbar und steht im Ergebnis nicht in Frage.
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a. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden. § 5 Abs. 2 WaffG umreißt Fallgruppen eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, die als so gravierend eingestuft werden, dass zwingend auf die Unzuverlässigkeit zu schließen ist. Dabei knüpft speziell Abs. 1 Nr. 2 nicht an ein konkretes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten in der Vergangenheit, sondern an die Befürchtung regelwidrigen Verhaltens in der Zukunft, gestützt auf Tatsachen, die die Annahme eines unsachgemäßen Umgangs mit Waffen oder Munition rechtfertigen (Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 5 WaffG Rn. 2, 6).
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b. Tatsächlicher Anknüpfungspunkt ist hier die Aufstellung des beschriebenen Schildes im Sommer 2016 durch den Antragsteller in der Einfahrt zu seinem Betriebsgrundstück und dessen Beibehaltung bis zum Einschreiten des Antragsgegners im Februar 2021.
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aa. Mit diesem Schild droht der Antragsteller mit einer missbräuchlichen Verwendung von Schusswaffen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG. Eine missbräuchliche, d.h. mindestens bedingt vorsätzliche Verwendung kann u.a. dann zu befürchten sein, wenn die Gefahr besteht, dass der Erlaubnisinhaber mit der (Schuss-)Waffe nicht verantwortungsbewusst und im Rahmen der Rechtsordnung umgeht, etwa weil er "sein Recht" außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen wird, indem es zu einem Notwehr-, Nothilfe- oder Selbsthilfeexzess kommt, eine den Gebrauch einer Schusswaffe rechtfertigende Notsituation also nicht vorliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 1993 – 1 S 995/93 –, NJW 1994, 107; LS in juris, BayVGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 21 B 12.964 –, Rn. 20, beide in juris; Heinrich in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl., § 5 Rn. 9).
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bb. Die Drohung lässt sich durch die Vorgeschichte nicht relativieren. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut richtet sie sich für einen unbefangenen Betrachter nicht nur gegen Treibstoffdiebe oder auch allgemeiner gegen Personen, die das Grundstück „mit deliktischen Absichten betreten“, sondern gegen (alle) Personen, die das Grundstück (nur) unbefugt betreten. Dass dieser Eindruck entsteht, muss der Antragsteller in Kenntnis des von ihm selbst verfassten Textes zumindest billigend in Kauf genommen haben. Die auf den ersten Blick auffallende Überschrift „Schusswaffengebrauch“ vermittelt in Verbindung mit dem Piktogramm auch eine ernstzunehmende Drohung. Weder erscheint das Piktogramm als kindliche Zeichnung eines Strichmännchens noch die Formulierung des Textes als „holzschnittartig“. Das Piktogramm macht vielmehr den Eindruck eines seriösen Hinweiszeichens, wie es auch bei sportlichen o.a. Veranstaltungen verwendet werden könnte. Die Ernsthaftigkeit lässt sich durch den Satz „Dies ist kein Spaß“ und den Zusatz „Videoüberwachung“ auch nicht in ihr Gegenteil verkehren. Die Interpretation des Antragstellers, wonach aus der Aussage, dass man bei unbefugtem Betreten (lediglich) das Pfeifen von Kugeln hören werde, kein Notwehrexzess abgeleitet werden könne, weil damit ebenso gut Softair- oder Luftgewehrmunition oder aber auch die Abgabe von Warnschüssen in die Luft gemeint sein könnten, erscheint im Gesamtzusammenhang realitätsfern, zumal die auf dem Schild erkennbare Waffe mit einem Zielfernrohr ausgestattet ist und auch nicht vertikal (in die Luft), sondern horizontal angelegt und ausgerichtet ist. Der Hinweis auf eine strafrechtliche Rechtfertigung von Warnschüssen im Falle eines Diebstahls oder Hausfriedensbruchs ist daher von vornherein irrelevant.
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Anders als der Antragsteller meint, wäre der angedrohte Einsatz nicht mehr durch die Inanspruchnahme eines Notwehrrechts gedeckt. Auf die Möglichkeit eines Notwehrrechts bei Abgabe von Warnschüssen kommt es – wie dargelegt – nicht an. Die Abgabe von Schüssen hingegen, mit denen eine Gefahr für Leib und Leben einhergeht und mit denen ein unbefangener Betrachter rechnen muss, wäre vom Notwehrrecht nicht mehr umfasst; sie stünde in einem krassen Missverhältnis zu den Rechtsgütern, die mit der Abwehr einer Sachgefahr (z.B. für das Hausrecht) geschützt werden sollten (vgl. zu dieser Fallgruppe:Rönnau/Hohn in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 13. Aufl. 2019, § 32 Rn. 230 f. m.w.N.). Schließlich überzeugt auch der Vergleich zu militärischen Sicherheitsbereichsschildern nicht, weil die zitierte Beschilderung gerade anders formuliert ist und das Militär zudem ganz andere (hoheitliche) Befugnisse hat als eine Privatperson.
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cc. Die Drohung ist ein zulässiger Anknüpfungspunkt für die Befürchtung, dass es in der Zukunft zu einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen kommen wird. Die Drohung ist waffenrechtlich zumindest bedenklich; ob sie ihrerseits bereits eine missbräuchliche Verwendung i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG darstellt, kann dahinstehen. Jedenfalls und offenbar hatte der Antragsteller keine Hemmung, den allein zu Jagdzwecken erlaubten Besitz und Gebrauch von Waffen zum Aufbau einer Drohkulisse gegenüber Dritten zu instrumentalisieren und sich so ein (Notwehr-) Recht anzumaßen, das ihm – wie ausgeführt – nicht zusteht. Dabei handelte es sich auch nicht um eine einmalige Fehleinschätzung. Durch das Stehenlassen des Schildes über das Jahr 2016 hinaus muss sich der Entschluss des Antragstellers, mit einem Schusswaffengebrauch zu drohen, vielmehr über die Jahre nach Art eines Dauerdeliktes fortdauernd erneuert haben. Die Einlassung, dass er das Schild im Laufe der Zeit „aus seinem täglichen Wahrnehmungsfeld verloren“ bzw. die „sprachlich-bildliche Entäußerung“ bei Aufstellung des Schildes seitdem „ohne jegliche Bekräftigung … hingenommen und letztlich vergessen“ haben will, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen, weil das Schild ausweislich der vorliegenden Fotos deutlich sichtbar in der Einfahrt zum Betriebsgrundstück stand, die der Antragsteller ohne Zweifel regelmäßig nutzt. Zum anderen, weil der Antragsteller in der Beschwerdebegründung (S. 5) vortragen lässt, dass er auf Nachfrage seiner Frau entgegnet habe, dass das Schild doch als Abschreckung gute Dienste geleistet habe. In seiner eidesstattlichen Versicherung vom 20. April 2021 wird dies noch deutlicher: „Seitdem ich aber das Schild aufgestellt habe, ist es zu keinen Einbrüchen oder Diebstählen mehr gekommen. Insofern sah ich meine Idee als erfolgreich an, weitere Diebstähle dadurch zu vermeiden. Das meinte ich auch zu meiner Frau als sie später sagte, ich solle doch das blöde Schild abnehmen. „Es hat uns solche Typen bisher doch gut vom Halse gehalten“.“
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c. Diese Rechtsanmaßung im Zusammenhang mit seinem Waffenbesitz lässt befürchten, dass der Antragsteller keine Gewähr dafür bietet, dass er mit Waffen oder Munition, die er im Rahmen der erteilten Erlaubnis besitzen darf, jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird.
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Die erforderliche Prognose hat sich dem Zweck des Waffengesetzes entsprechend danach auszurichten, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, zu minimieren und diese nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 – 6 C 9.18 –, BVerwGE 166, 45-64, Rn. 16, juris). Ein solches Vertrauen kann in den Antragsteller auch dann nicht mehr gesetzt werden, wenn er tatsächlich nie beabsichtigt haben sollte, im Falle eines unbefugten Betretens seines Grundstückes eine Schusswaffe gegen Menschen zu richten. Denn die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird; ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Mai 2021 – 6 S 2193/19 –, Rn. 23, juris; BayVGH, a.a.O.).
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Derartige Verhaltensweisen lassen sich hier nicht ausreichend sicher ausschließen. Das Selbstverständnis, mit dem der Antragsteller im Sommer 2016 für sich ein vermeintliches Notwehrrecht reklamierte und dabei seine Waffen „zweckentfremdete“, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch Regelungen über den Besitz und Gebrauch von Waffen nicht stets befolgen wird, sondern diese bei vermeintlichem Bedarf nach seinen eigenen Maßstäben auslegt und anwendet. Ein plausibles Risiko künftiger missbräuchlicher Verwendung der Waffen kann nach alledem nicht ausgeschlossen werden.
22
d. Die Kritik der Beschwerde, wonach das Verwaltungsgericht es bei der Beurteilung des Antragstellers versäumt habe, im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung die Persönlichkeit des Antragstellers und seinen Leumund zu betrachten, bleibt ohne Erfolg. Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Verhaltensprognose ist auf objektivierbare Tatsachen und Ereignisse zu stützen. Ebenso, wie subjektive Einschätzungen der Behörde deshalb nicht ausreichen (vgl. Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 5 WaffG Rn. 18), vermögen subjektive Einschätzungen über die Person des Betroffenen und dessen Wesensmerkmale die auf konkreten Verhaltensweisen basierte Prognose nicht in Frage zu stellen. Erst recht ist sie nicht widerlegbar. Führt die Prognose zur Annahme der Unzuverlässigkeit, ist diese Annahme – anders als bei § 5 Abs. 2 WaffG – „absolut“ (so BayVGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 21 B 12.964 –, Rn. 16, juris; VG Würzburg, Beschluss vom 27. Oktober 2015
– W 5 S 15.1007 –, Rn. 34, juris; Heinrich in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl., § 5 Rn.
oder auch „obligatorisch“ (Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018 § 5 WaffG Rn. 2).
23
Auch die vom Antragsteller zitierte Rechtsprechung (ab S. 19 der Beschwerdebegründung, GA Bl. 111) führt zu keinem anderen Ergebnis. Soweit die Entscheidungen sich überhaupt mit Fällen des § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG befassen und auf eine “Gesamtwürdigung der Person“, die „Gesamtpersönlichkeit“ o.Ä. abstellen, betrifft dies durchweg Personen, die in „reichsbürgertypischer“ Weise aufgefallen waren und bei denen „unter Berücksichtigung der Persönlichkeit …und … (des) bisherigen Verhaltens“ zunächst geklärt werden sollte, ob sie der Reichsbürgerbewegung zuzurechnen sind (so BayVGH, Beschluss vom 14. Januar 2019 – 21 CS 18.701 –, Rn. 22 f. juris, vgl. auch Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 21 CS 18.264 –, Rn. 15, juris). Steht dies fest, nimmt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an, dass – der Ideologie der Reichsbürger folgend – die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert sowie die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkannt wird und deshalb eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Fehlverhaltens in Bezug auf Waffen oder Munition prognostiziert werden kann (BayVGH, Beschluss vom 07. Oktober 2020 – 24 ZB 20.1096 –, Rn. 13 m.w.N., juris). Die Gesamtwürdigung betrifft folglich eine Tatsachenfrage und nicht die anschließende Prognose (vgl. VG München, Urteil vom 17. September 2019 – M 7 K 17.4451 –, Rn. 24 und Urteil vom 01. Juli 2020 – M 7 K 17.4275 –, Rn. 33, beide in juris).
24
Die dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Fälle sind mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Bei dem Antragsteller wird kein „reichsbürgertypisches“ Verhalten angenommen, auf dessen Grundlage seine Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung erst noch geklärt werden müsste. Er hat vielmehr ein Verhalten mit konkret waffenrechtlichem Bezug gezeigt, dass schon für sich betrachtet zu der Annahme seiner Unzuverlässigkeit führt. Hierzu äußern sich die zahlreich vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen von Nachbarn und Bekannten im Übrigen nicht bzw. stellen sie nicht in Frage. Dass einige von ihnen die Aussage des Schildes nicht ernst genommen haben wollen, ändert nichts an dem Aussagegehalt, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter, also einen Außenstehenden, darstellen muss.
25
e. Auf die sonstigen Vorwürfe, die in dem anonymen Schreiben vom 23. Dezember 2020 enthalten sind, stellt weder der angegriffene Bescheid vom 17. Februar 2021 noch der verwaltungsgerichtliche Beschluss ab. Dass der Antragsteller als cholerisch gelte, hat der Antragsgegner nicht zur Begründung seines Bescheides angeführt, sondern erst im Rahmen der Antragserwiderung.
26
f. Dass der Antragsgegner schließlich erst zwei Monate nach der anonymen Mitteilung tätig geworden ist, ändert nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nichts an der Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers. Dem tritt die Beschwerde nicht substantiiert entgegen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).