Autor Thema: VG Göttingen Beschl. v. 25.5.2021, 2 B 81/21 Urkundsbeamtin befangen?  (Gelesen 748 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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Eine Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist staatenlos und somit befangen?   :think:

Ok, nicht wirklich, nur in der Phantasie unserer Kundschaft.   :facepalm:



Zitat
Besorgnis der Befangenheit in einer Kostensache, Urkundsbeamte der Geschäftsstelle

1. Die Entscheidung über ein gegen einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Zusammenhang mit einem Kostenfestsetzungsbeschluss gerichtetes Befangenheitsgesuch ist keine Entscheidung über die Kosten im Sinne von § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO.

2. Es bleibt dahingestellt, ob für ein nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses angebrachtes Befangenheitsgesuch ein Rechtsschutzinteresse besteht.

VG Göttingen 2. Kammer, Beschluss vom 25.05.2021, 2 B 81/21, ECLI:DE:VGGOETT:2021:0525.2B81.21.00

§ 54 VwGO, § 87a Abs 1 Nr 5 VwGO, § 42 ZPO, § 49 ZPO

GRÜNDE
1
Die Antragstellerin lehnt die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, die mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Juni 2021 die von ihr zu erstattenden Kosten auf 20,00 EUR festsetzte, wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 25. Mai 2021 hatte der Berichterstatter der Antragstellerin nach Rücknahme ihres Antrags die Kosten des Verfahrens auferlegt.

II.

2
Nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 49 und 42 ZPO kann auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Entscheidung ergeht durch das Gericht, bei dem er angestellt ist (§ 49 Hs. 2 ZPO). Die Entscheidung trifft der nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Spruchkörper des Gerichts, dem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle angehört (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.6.2007 - 1 BvR 1073/07 -, NJW 2007, 3200 = juris Rn. 4; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 49 Rn. 1). Das ist vorliegend die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts als Kollegialorgan.
Spoiler
3
Eine Zuständigkeit der Berichterstatterin nach § 87a Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 VwGO ist nicht gegeben, da Entscheidungen über die Ablehnung von Gerichtspersonen keine Kostenentscheidung in diesem Sinne darstellen. Zwar ist § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO weit auszulegen und umfasst auch Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 13.3.1995 - 4 A 1.92 -, NVwZ 1995, 991 = juris Rn. 6; Peters, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 87a Rn. 21). Die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch kann jedoch auf Grund des dafür geltenden besonderen Prüfungsmaßstabs nicht als Nebenentscheidung in diesem Sinne eingestuft werden.

4
Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann als unzulässig verworfen werden, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt. Davon ist auszugehen, wenn geeignete Befangenheitsgründe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht werden, vielmehr das Vorbringen des Antragstellers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 12.3.2013 - 5 B 9.13 -, juris Rn. 3 m.w.N.).

5
So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin hat keine objektiven und individuellen Gründe dargelegt, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Gerichtsperson zu rechtfertigen. Sie trägt vor, sie habe zeitgleich zu dem Befangenheitsgesuch gegen die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Strafanzeige gestellt, weil diese staatenlos sei, da die Bundesrepublik Deutschland über kein gültiges Staatsangehörigkeitsrecht verfüge. Die Auffassung der Antragstellerin zum Staatangehörigkeitsrecht, die von einem Kontext zur Reichsbürger-Bewegung zeugt, geht offenkundig fehl (vgl. nur OVG NRW, Beschl. v. 22.11.2016 - 19 A 1457/16 -, juris Rn. 8 m.w.N.). Allein durch das Anbringen einer Strafanzeige kann die Antragstellerin ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Gerichtsperson nicht selbst herbeiführen.

6
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin auch deshalb unzulässig ist, weil die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ihre Tätigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren bereits mit dem zuvor zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Juni 2021 beendet hatte (so SG Bremen, Beschl. v. 3.8.2009 - S 4 E 623/09 -, juris Rn. 2) oder ob ein Rechtsschutzinteresse angesichts der im Rechtsmittelverfahren vorzunehmenden Abhilfeprüfung (§§ 165 Satz 2, 151 Satz 3, 148 Abs. 1 VwGO) fortbesteht (s. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 54 Rn. 17).
[close]
https://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE210002663&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint


Eine staatenlose Urkundsbeamtin hatten wir noch nicht, aber unsere Kundschaft läßt sich immer wieder Neues einfallen.  :doh:
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

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Offline kairo

Sie trägt vor, sie habe zeitgleich zu dem Befangenheitsgesuch gegen die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Strafanzeige gestellt, weil diese staatenlos sei, da die Bundesrepublik Deutschland über kein gültiges Staatsangehörigkeitsrecht verfüge.

Was soll die arme Frau denn nun machen, wenn die Bundesrepublik über gar kein gültiges Staatsangehörigkeitsrecht verfügt? Da muss sie doch notwendigerweise staatenlos sein. Nicht schlecht, wenn man mit dem zweiten Satzteil den ersten abschießt.
 
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Offline Anmaron

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Und da bei einem Gericht ebendieses Gebildes zu jammern. Ah.

Ein Beschluss über die Befangenheit ist kein Beschluss über die Kostenfestsetzung? Ach. Wie könnte man denn auf sowas kommen, wenn das Gericht das nicht erklärt.
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Offline Rabenaas

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Warum hat die gute Frau denn nicht von vornherein die staatenlosen Richter abgelehnt? Verstehe wer will.
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 
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Offline Lonovis

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Woher weiß sie denn das die Urkundenbeamtin keine amerikanische Staatsbürgerin ist? In einer Staatssimulation wäre das doch sinnvoll, wenn die Beamten angehörige des Besatzers wären? Frage für einen Freund...

Das müssen wir mal Kausi stecken, da hat er lange dran zu kauen.
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