Autor Thema: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 05.07.18 - 20 B 1624/17  (Gelesen 1397 mal)

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline Gelehrsamer

Und nun auch noch das OVG NW: Antrag auf Staatsangehörigkeitsausweis ("Reichsbürgerausweis") unter Bezugnahme auf RuStAG 1913 und "Königreich Preußen" reicht für (vorläufige) Entziehung waffenrechtlicher Erlaubnisse aus; well done, "Verband deutscher Rechtssachverständiger"  :clap: :clap: :clap:

Spoiler
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. Juli 2018 – 20 B 1624/17 –


Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse wegen Unzuverlässigkeit bei Person der "Reichsbürger-Szene" - hier: vorläufiger Rechtsschutz erfolglos

Leitsatz:
Bei Personen, die der sogenannten "Reichsbürgerbewegung" zuzuordnen sind und deren Ideologie folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negieren und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennen, kann Anlass für die Besorgnis bestehen, dass sie die geltenden Bestimmungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen werden.

„... Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

...

Die Beschwerde des Antragsgegners mit dem sinngemäßen Antrag, unter Änderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (VG Arnsberg 8 K 9058/17) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12. Oktober 2017 abzulehnen, hat Erfolg.

...

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2017 gerichteten Klage hinsichtlich des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse (Waffenbesitzkarten vom 8. Mai 1989 und 1. September 1993) des Antragstellers und der Gebührenerhebung angeordnet und hinsichtlich der daran anknüpfenden Regelungen zur Abgabe der Waffenbesitzkarten und Waffen wiederhergestellt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: In materieller Hinsicht falle die Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Klageverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Geltung der behördlichen Anordnung zugunsten des Antragstellers aus. Es spreche nach summarischer Prüfung Überwiegendes dafür, dass der angefochtene Widerruf in dem Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben werde. Das Verwaltungsgericht schließe sich dem Verwaltungsgericht Düsseldorf an, das  zu einem vergleichbaren Fall ausgeführt habe, der Schluss, man mache sich verfassungsfeindliche Argumentationen der sogenannten "Reichsbürger" bereits durch das Ausfüllen des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit und insbesondere durch den Zusatz und Verweis auf das "Königreich Preußen" und das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStaG) von 1913 konkludent zu eigen, sei nicht gerechtfertigt. Gegen den Antragsteller lägen keine weiteren Erkenntnisse des Staatsschutzes vor. Es seien keine Tatsachen erkennbar, welche die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller die Gültigkeit von Regelungen negiere, welche dem Schutz der Allgemeinheit zu dienen bestimmt seien. Damit entbehrten auch die Folgeanordnungen der Rechtsgrundlage. Vor diesem Hintergrund sei dem privaten Interesse des Antragstellers Vorrang einzuräumen.

Das wird unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) den Gegebenheiten nicht gerecht. Vielmehr fällt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Interessenabwägung [eingefügt: zum Nachteil] des Antragstellers aus.

Allerdings fällt die Interessenabwägung nicht deshalb zum Nachteil des Antragstellers aus, weil seiner Klage offensichtlich die Erfolgsaussichten fehlten. Es lässt sich bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage jedoch ebenso wenig feststellen, dass der Erlaubniswiderruf nebst seinen Folgeanordnungen offensichtlich rechtswidrig ist. Mit Rücksicht darauf kommt es nicht in Betracht, dem Aufschubinteresse des Antragstellers wegen eines sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit abzeichnenden Erfolgs der Klage den Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheides einzuräumen. Die vor diesem Hintergrund unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage vorzunehmende Interessenabwägung fällt zum Nachteil des Antragstellers aus.

... Gemäß § 5 Abs. 1Nr. 2 Buchstabe b WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Die zur Feststellung der (absoluten) Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG erforderliche Prognose ist anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können. Sie hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2017 - 20 B 339/17 -, juris, m. w. N.).

Der Mangel der Zuverlässigkeit setzt nicht den Nachweis voraus, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen und Munition nicht sorgsam (verantwortungsbewusst) umgehen wird. Vielmehr genügt, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen besteht (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2017 - 20 B 339/17 -, a. a. O., m. w. N.). Wird im Rahmen der anzustellenden Prognose von einem gezeigten Verhalten als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen geschlossen, muss im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2017 - 20 B 339/17 -, a. a. O., m. w. N.).

Personen, die ihren Äußerungen und/oder ihrem sonstigen Verhalten nach erkennbar die Existenz und staatliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland und/oder ihrer Bundesländer und damit die geltende Rechtsordnung offensiv ablehnen und/oder ignorieren, bieten keine hinreichende Gewähr dafür, dass sie die bestehenden waffenrechtlichen Vorschriften beachten und insbesondere mit Waffen und Munition sorgsam umgehen und diese Gegenstände sorgfältig verwahren werden. Wer erklärtermaßen bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften nicht als für sich verbindlich anerkennt und sich deshalb nicht verpflichtet sieht, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Regelungen zu beachten, gibt Anlass zu der Besorgnis, dass er die geltenden Bestimmungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2017 - 20 B 339/17 -, a. a. O., m. w. N.). Ein solches kann bei Personen anzunehmen sein, die der sogenannten "Reichsbürgerbewegung" zuzuordnen sind und deren Ideologie folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negieren und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennen (Vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2018  21CS17.1964 , juris, m. w. N., und vom 25. Januar 2018 - 21 CS 17.2310 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2017 - 11 ME 181/17 -, NJW 2017, 3256; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 1 S 1470/17 -, VBlBW 2018, 150).

Der Verfassungsschutzbericht 2016 des Bundes (S. 90) beschreibt unter der Sammelbezeichnung "Reichsbürger" eine organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogene Szene, der die fundamentale Ablehnung des Staates, seiner Repräsentanten und der gesamten Rechtsordnung gemein ist. Nach dem Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2016 (S. 112 ff.) sind "Reichsbürger" Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland bzw. deren Rechtsordnung ablehnen; diese Auffassung hat zur Folge, dass Reichsbürger den demokratisch gewählten Repräsentanten des Staates die Legitimation absprechen und Rechtsverstöße begehen. Überdies sind die Anhänger der Reichsbürgerbewegung der Überzeugung, nach einem erklärten Austritt aus der angeblichen "BRD GmbH" nicht weiter an bestehende Gesetze gebunden zu sein. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Die Reichsbürgerbewegung wird als Bestrebung mit erheblichem Gewaltpotential und als verfassungsfeindlich eingestuft  (Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2016, S. 113 f.). Wer die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird (Vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2018  21CS17.1964 , a. a. O., und vom 25. Januar 2018 - 21 CS 17.2310 -, a. a. O.). Ausgehend von dem Vorstehenden liegen Tatsachen vor, die dafür sprechen, dass der Antragsteller künftig im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG mit Waffen und Munition nicht sorgsam umgehen wird.

Bereits der Umstand, dass der Antragsteller unter dem 21. Februar 2017 die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises beantragt hat, und die dabei von ihm gemachten Angaben deuten mit Gewicht darauf hin, dass er der sogenannten Reichsbürgerbewegung zuzuordnen ist. Personen, die der "Reichsbürger-Szene" zuzuordnen sind, sind dafür bekannt, dass sie sich gegenüber Behörden explizit auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 oder die Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 ("Weimarer Reichsverfassung") beziehen und sich beispielsweise als Staatsbürger des Freistaats oder Königreichs Preußen bezeichnen. Außerdem beantragen "Reichsbürger" vielfach die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Dieses amtliche Dokument der Bundesrepublik Deutschland, mit dem der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit dokumentiert wird, wird im (Rechts-)Verkehr nur in seltenen Fällen als ein über den Personalausweis hinausgehender Beleg der deutschen Staatsangehörigkeit benötigt. Die Beantragung eines solchen Staatsangehörigkeitsausweises durch sogenannte "Reichsbürger" beruht darauf, dass in der Reichsbürger-Szene die Behauptung kursiert, das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in seiner Fassung vom 22. Juli 1913 sei unverändert gültig und daher müsse man, um der Staatenlosigkeit und dem damit einhergehenden "Sklavenstatus" zu entgehen, nach den damaligen Gesetzen einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragen (Vgl. die - auch auf der Homepage des Ministeriums abrufbare - Broschüre des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, "Reichsbürger und Selbstverwalter - erkennen, einordnen, richtig handeln", Stand: September 2017, Seite 8 f.).

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse spricht für die Zuordnung des Antragstellers zu dieser Reichsbürgerbewegung, dass dieser unter dem 21. Februar 2017 beim Landrat des N. Kreises die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises beantragt hat, ohne dass ein Interesse an der Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit dargelegt oder ersichtlich wäre. Ein solches ergibt sich insbesondere nicht aus den Ausführungen des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner mit Schreiben vom 25. Juni und 8. August 2017, es sei ihm bei der "beantragten Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises nach Abstammung vor 1914" "lediglich um den Nachweis" seiner "Abstammung" gegangen und es habe "hiermit" seine "Staatsangehörigkeit festgestellt werden" sollen. Daraus ist nicht zu entnehmen, dass und gegebenenfalls welche weitergehenden Zwecke der Antragsteller mit der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises verfolgt (hat). Hinzukommt, dass der 1969 in M. geborene Antragsteller bei seiner Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises Angaben gemacht hat, die nach den dargestellten Erkenntnissen ebenfalls typischerweise Anhängern der Reichsbürgerbewegung zuzuordnen sind. So hat er als seinen Geburtsstaat wie auch denjenigen seines Vaters mit "Kgr.-Preußen (Deutschland - als - Ganzes)" benannt: Mit den gleichen Angaben hat er seinen - aktuellen - Wohnsitzstaat bezeichnet: Den Staat seiner Eheschließung im Jahre 1995 hat er ebenso mit "Kgr. Preußen" angegeben wie den Staat der Eheschließung seines Vaters im Jahre 1965. Unter der Rubrik "weitere Staatsangehörigkeiten" neben der deutschen Staatsangehörigkeit hat er unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913 die Angabe "Preußen" gemacht. Unter der Rubrik "Meine Aufenthaltszeiten seit Geburt" hat er als Staat ausschließlich "Kgr. Preußen" aufgeführt.

Im Weiteren hat der Antragsteller nach den Feststellungen der vom Antragsgegner hinzugezogenen Kriminalinspektion Staatsschutz des Polizeipräsidiums I. , in seinem Schreiben vom 8. August 2017 Textpassagen verwendet, die von einer Internetseite des "Verbandes Deutscher Rechtssachverständiger" stammen, die nach Darstellung und Einschätzung des Polizeipräsidiums I. der Reichsbürgerbewegung nahe stehen.

Hat der Antragsteller nach alledem ein für sogenannte "Reichsbürger" typisches Verhalten gezeigt, deutet dies darauf hin, dass er der Ideologie dieser Bewegung anhängt, dem folgend die Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennt und demzufolge nicht bereit ist, sich strikt an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Regelungen des Waffengesetzes zu halten. Dies ist auch nicht ohne Weiteres deshalb auszuschließen, weil er in Abrede gestellt hat, Reichsbürger zu sein bzw. dieser Bewegung anzugehören. Denn bei dem Begriff "Reichsbürger" handelt es sich - wie ausgeführt - um eine Sammelbezeichnung für eine heterogene Szene, der Gruppierungen, aber auch Einzelpersonen mit Blick auf bestimmte ihnen gemeinsame Verhaltensweisen zuzuordnen sind, ohne dass es auf eine entsprechende Willensbekundung der Betreffenden ankäme.

Dass der Antragsteller  bislang - weitere für "Reichsbürger" charakteristische Verhaltensweisen nicht gezeigt haben mag, führt zu keinem anderen Ergebnis. Für eine Zuordnung zu den Personen, die unter der Sammelbezeichnung "Reichsbürger" zusammengefasst werden, müssen nicht alle typischen Merkmale zugleich erfüllt sein (Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Februar 2018  21CS17.1964 , a. a. O.). Dabei mögen die vom Antragsteller insofern geltend gemachten Gesichtspunkte, er habe keine Gesetzesverstöße begangen, zahle Steuern, bestreite die Legitimität von Behörden nicht, habe er noch im April 2017 die Erteilung einer Baugenehmigung beantragt und habe erst kürzlich einen Nachweis über die Gemeinwohlverträglichkeit für die Versickerung von Niederschlagswasser gegenüber dem N. Kreis geführt, auf seine Rechtstreue hindeuten. Bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage vermag dies aber diesbezügliche Zweifel, die durch die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises und die dabei von ihm gemachten Angaben entstanden sind, nicht zu entkräften. Entsprechendes gilt auch im Hinblick darauf, dass er der Folgeanordnung, seine Waffen einem Berechtigten zu überlassen, nachgekommen ist. Entgegen der Darstellung des Antragstellers trifft es gerade nicht zu, dass er zu keinem Zeitpunkt die Existenz der Bundesrepublik Deutschland verneint oder gar die Rechtsordnung offensiv abgelehnt habe. Denn mit seinen Angaben bei der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises zu seiner Staatsangehörigkeit ("Preußen"), zu seinem Wohnsitzstaat und zu seinem Geburtsstaat ("Kgr.-Preußen  Deutschland als Ganzes") negiert er eindeutig die Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Dies bildet einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür, dass der Antragsteller die bestehende Rechtsordnung für sich nicht als verbindlich erachtet.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich nichts anderes, wenn der Antragsteller nicht tatsächlich der Reichsbürgerbewegung zuzuordnen sein sollte. Auch unabhängig davon weisen seine dargestellten Angaben im Rahmen der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises darauf hin, dass er die bestehende Rechtsordnung nicht akzeptiert. Wie ausgeführt, negiert er damit eindeutig die Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Dies gibt Anlass für die Annahme, dass er die bestehende Rechtsordnung einschließlich der geltenden waffenrechtlichen Bestimmungen für sich nicht als verbindlich erachtet. Auch dies wird durch das dargestellte Vorbringen des Antragstellers bei der hier gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ausgeräumt.

Sprechen nach alledem gewichtige Gründe dafür, dass der Antragsteller unzuverlässig im Sinne von §5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG ist, muss indes letztlich der Tatsachenfeststellung und Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleiben, ob die in dem aufgezeigten Verhalten des Antragstellers zum Ausdruck gekommene Haltung gegenüber der bestehenden Rechtsordnung seiner Grundeinstellung entspricht und damit die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auch unter Berücksichtigung der von ihm dagegen angeführten Aspekte rechtfertigt. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass bislang weder seitens des Antragstellers dargetan noch sonst ersichtlich ist, ob und gegebenenfalls welche weitergehenden Zwecke er mit der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises verfolgt (hat). Ebenso wenig ist dargelegt oder sonst ersichtlich, was ihn dazu veranlasst hat, in den Antragsformularen die besagten Angaben zur Staatsangehörigkeit, zum Wohnsitzstaat und zum Geburtsstaat zu machen.

Ist nach dem Vorstehenden der verfügte Erlaubniswiderruf zumindest nicht offensichtlich rechtswidrig, so ist es ausgeschlossen, dem Aufschubinteresse des Antragstellers allein mit Rücksicht auf etwaige Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren den Vorzug vor dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Erlaubniswiderrufs zu geben. Die deshalb unabhängig von den Erfolgsaussichten erfolgende Interessenabwägung fällt zulasten des Antragstellers aus. Wegen der mit dem Umgang mit Waffen verbundenen Gefahren für überragende Schutzgüter wie das Leben und die körperliche Unversehrtheit überwiegt das in § 45 Abs. 5 WaffG als besonders gewichtig anerkannte öffentliche Interesse daran, sofort vor einem  potentiell - waffenrechtlich nicht zuverlässigen Waffenbesitzer geschützt zu werden, das gegenläufige Interesse des Antragstellers, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Waffen weiter benutzen zu dürfen. Der Antragsteller hat nichts konkret dazu vorgetragen, beruflich oder aus sonstigen existentiellen Gründen darauf angewiesen zu sein. Es ist ihm zuzumuten, einstweilen über seine Waffen nicht verfügen zu können.

Ausgehend davon, dass der Erlaubniswiderruf nicht offensichtlich rechtswidrig ist, gilt Entsprechendes für die Anordnungen, die ausgestellten Erlaubnisurkunden zurückzugeben (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG) und die betreffenden Waffen an einen Berechtigten zu überlassen oder der Polizei zur Vernichtung zu übergeben (§ 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG). Auch insoweit fällt die Interessenabwägung unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zum Nachteil des Antragstellers aus. Dies gilt ebenso mit Blick auf die gebotene sofortige Abwehr von Gefahren, die mit dem Besitz von Waffen durch - potentiell - unzuverlässige Personen ausgehen. Die Folgeanordnungen stellen sicher, dass der sofort vollziehbare Erlaubniswiderruf tatsächlich umgesetzt wird. ...
[close]
« Letzte Änderung: 20. Juli 2018, 15:26:12 von Gelehrsamer »