Autor Thema: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17  (Gelesen 2194 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« am: 23. Januar 2018, 11:35:58 »
Der folgende Beschluß zeigt, daß wir in einem Rechtsstaat leben, auch, wenn mir die Entscheidung nicht unbedingt gefällt. Denn eigentlich gehört den Reichis die Fahrerlaubnis sofort entzogen. Stichwort: Mangelnde Persönliche Eignung. Steuerzahlungen, Versicherungsprämien und so  ...   :whistle:

Zitat
Mannheim (jur). Sogenannte Reichsbürger gelten allein wegen abstruser politischer und rechtlicher Äußerungen noch nicht als psychisch krank. Für die Allgemeinheit völlig abwegige Aussagen geben für sich genommen noch keinen Anlass für Zweifel an der Fahreignung von „Reichsbürgern“, entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in einem am Montag, 22. Januar 2018, veröffentlichten Beschluss (Az.: 10 S 2000/17). Die Mannheimer Richter stellten damit die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs her, den ein „Reichsbürger“ gegen die sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis eingelegt hatte.

Spoiler
Hintergrund des Rechtsstreits war ein Polizeieinsatz, bei dem die Beamten per Durchsuchungsbeschluss den Führerschein der Tochter des Mannes beschlagnahmen wollten. Als diese dies unter „ohrenbetäubendem“ Geschrei zu verhindern versuchte, kam auch der Vater hinzu und störte „massiv“ den Einsatz.

„Reichsbürger“ bestreitet die Existenz der Bundesrepublik Deutschland

Dieser gehört der sogenannten „Reichsbürger“-Szene an, eine Gruppierung von schätzungsweise mehr als 10.000 Menschen in Deutschland. „Reichsbürger“ bestreiten die Existenz der Bundesrepublik und gehen davon aus, dass Deutschland weiter besetzt ist. Staatlichen Institutionen und deren Beamten wird die Legitimität abgesprochen.

Vater zeigte der Polizei seinen Ausweis als „Reichsbürger“ vor

Hier hatte der Vater vor den Polizisten und in verschiedenen Schreiben angeführt, dass das Grundgesetz außer Kraft sei und alle erlassenen Gesetze nichtig seien. Er zeigte zudem einen Ausweis als „Reichsbürger“ vor und erklärte, dass der bundesdeutsche Personalausweis keine Gültigkeit habe. Den Polizeibeamten drohte er, diese beim russischen Staat anzuzeigen, da das sowjetische Besatzungsstatut nach wie vor gültig sei. Er verwies zudem auf sein Widerstandsrecht. Letztendlich überredete der Vater dennoch seine Tochter, den Führerschein herauszugeben.

Fahrerlaubnisbehörde forderte zur Einholung eines ärztlichen Gutachtens auf

Doch die Einmischung in den Polizeieinsatz blieb für den Mann nicht ohne Folgen. Die Fahrerlaubnisbehörde hatte wegen der abstrusen Äußerungen des Vaters Zweifel an dessen psychischer Gesundheit. Sie forderte den Mann zur Einholung eines ärztlichen Gutachtens auf.

Behörde ordnete die sofortige Einziehung des Führerscheins an

Da der „Reichsbürger“ dem nicht nachkam, ordnete die Behörde wegen Zweifeln an der Fahreignung die sofortige Einziehung des Führerscheins an. Dagegen legte der Mann Widerspruch ein.

Widerspruch des "Reichsbürgers" hat aufschiebende Wirkung laut VGH

In seinem Beschluss vom 2. Januar 2018 entschied der VGH, dass dieser Widerspruch bis zur Entscheidung in der Hauptsache aufschiebende Wirkung hat. Nur weil politische und rechtliche Auffassungen geäußert werden, die der Allgemeinheit völlig realitätsfern und wirr erscheinen, bestünden noch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung und damit einhergehende Zweifel an der Fahreignung.

Weitere „hinreichend gewichtiger Anhaltspunkte“ zur Klärung der geistigen Gesundheit nötig

Um bei einem „Reichsbürger“ eine Untersuchungsanordnung zur Klärung der geistigen Gesundheit rechtfertigen zu können, bedürfe es noch weiterer „hinreichend gewichtiger Anhaltspunkte“, beispielsweise „bei gänzlich unzusammenhängenden, völlig verworrenen Aussagen, die zudem eine Vielzahl gravierender sprachlicher Unstimmigkeiten enthalten“, forderte der VGH. Hier habe der Vater zum Schluss jedoch deeskalierend auf seine Tochter eingewirkt, so dass ihr Führerschein übergeben wurde.
[close]

https://www.juraforum.de/recht-gesetz/ansichten-als-reichsbuerger-stellen-noch-keinen-hinweis-auf-psychische-krankheit-dar-614381

Link zur Entscheidung:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=VGH+Baden-W%FCrttemberg&Art=en&Datum=2018&nr=23057&pos=1&anz=2
« Letzte Änderung: 23. Januar 2018, 11:38:02 von Reichsschlafschaf »
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

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Re: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« Antwort #1 am: 23. Januar 2018, 20:16:26 »
Ich finde die Reaktion gut und richtig! Nur weil jemand seltsame politische Ansichten vertritt heißt das noch lange nicht, dass er auch psychisch krank ist und derjenige kann durchaus für den Straßenberkehr tauglich sein.
Der Punkt ist doch ob derjenige sich an die StVO hält bzw. nicht negativ im Straßenverkehr in Erscheinung getreten ist. Falls dem so ist gibt es mMn* auch keinen Grund einen Führerschein zu entziehen.
Ja ich bin auch kein Freund davon den Füherscheinentzug als Strafmaßnahme außerhalb des Straßenverkehr zu entziehen!
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Re: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« Antwort #2 am: 17. Februar 2018, 17:43:43 »
Das entspricht der Rechtslage, weil diese nicht als Eignungsmangel kennt, wenn zu erwarten ist, dass jemand die Verkehrsregelungen für unverbindlich hält. Die FE kann erst entzogen werden, wenn erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen wurde. Das Ablehnen der Rechtsordnung ist halt normalerweise keine Krankheit.

Für sinnvoll halte ich diese Regelung nicht. Und mir geht es nicht um die Leute, die abstruse Meinungen äußern, sondern um solche, die tatsächlich danach leben.
soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
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Re: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« Antwort #3 am: 17. Februar 2018, 21:15:00 »
Darüber kann man letztlich geteilter Meinung sein. Die Frage ist doch, wieso jemand, der sich als Reichsbürger outet und die Bundesrepublik sowie ihre Gesetze und Rechtsverordnungen ablehnt, ausgerechnet bei der StVO, der StVZO und der FeV Ausnahmen machen sollte.
Man kann schließlich von der Straßenverkehrsbehörde nicht verlangen zu explorieren, welcher Rechtsstand dem Dödel denn nun gerade genehm sei, denn das kann ja durchaus im Fluß begriffen sein. Sollte man ihm die Fahrerlaubnis belassen, wenn er sich im Jahre 1914 wähnt und sich wenigstens an das "Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen" in der Fassung vom 3. Mai 1909 halten will? Wenn es ihm irgendwann einfällt, sich doch lieber im Jahr 1871 zu wähnen, würde es kritisch ...
 
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Offline Gelehrsamer

Re: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« Antwort #4 am: 26. Februar 2018, 23:06:22 »
Die Entscheidung des VGH Ba.-Wü. erscheint als wenig überzeugend. Wer die Existenz der Bundesrepublik leugnet, kann nach seiner eigenen (Wahn-) Vorstellung im Grunde einen Führerschein weder haben noch benötigen (der König hat seinen denn ja auch zurückgegeben). Und die StVO ist dann natürlich auch ungültig. Da kann daher nichts anderes gelten, als im Waffenrecht: Wer nach Gutdünken Regeln akzeptiert oder auch nicht, bietet nicht die Gewähr für die grundsätzliche Einhaltung von Regeln und ist daher unzuverlässig, so dass er auch nicht am Straßenverkehr teilnehmen dürfte.
 
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Offline Don

Re: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« Antwort #5 am: 28. Februar 2018, 00:50:03 »
So spinnert so manche Ansicht auch sein mag: Aber die Weltanschauung hat an sich erstmal nichts mit dem Straßenverkehr zu tun. Es kann jemand die abstrusesten Ansichten haben, aber wer nüchtern mit 80 die Landstraße runterdüst wenn da 80 erlaubt ist und niemanden gefährdet und sich auch sonst unauffällig verhält, der mag das tun und der mag dann auch Reichsbürger sein. Die Fähigkeit eine Karre zu bewegen bemisst sich nicht entlang der Weltanschauung, auch wenn die uns nicht passen mag.
Wer sich an Gesetze und Verordnungen hält muss diese nicht gleichzeitig auch anerkennen, solange er/sie sich daran hält. Er/ sie muss sie nicht mal akzeptieren oder tolerieren. Aber sich dran halten. Nur das. Mehr wird gar nicht verlangt.
Wer das nicht macht, kriegt eben den Rechtsstaat ab. Wie jeder andere auch. Nicht mehr, nicht weniger.

Oder andersrum: Es ist mir egal, ob jemand die StVO anerkennt oder nicht oder ob jemand es sinnvoll findet, mit 3 Promille fahren zu könnendürfenwollen. Es geht nur darum, was der-/diejenige tatsächlich tut.
« Letzte Änderung: 28. Februar 2018, 00:55:43 von Don »
 
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Re: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« Antwort #6 am: 28. Februar 2018, 11:16:19 »
Oder andersrum: Es ist mir egal, ob jemand die StVO anerkennt oder nicht oder ob jemand es sinnvoll findet, mit 3 Promille fahren zu könnendürfenwollen. Es geht nur darum, was der-/diejenige tatsächlich tut.

Ich stimme dir voll zu. Eigentlich wollte ich etwas ähnliches schreiben, habs dann aber gelassen weil mir die Zeit gefehlt hat.

Dennoch, will ich vielleicht ergänzen, dass man durchaus argumentieren könnte, dass schon das Handel im Rahmen der Weltanschauung, etwa das beantragen eines gelben Scheins irgendwo darauf hindeute das die Person zukünftig gewillt ist gesetzliche Bestimmungen zu verletzen, wenn auch die tatsächlichen Handlungen erst einmal nicht im Rahmen des Straßenverkehrs stattfinden. :salut:
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Re: VGH Baden Württemberg 10 S 2000/17
« Antwort #7 am: 28. Februar 2018, 14:55:58 »
An diesem Punkt muss ich mal anmerken, dass es nach meinen Informationen in diesem Fall nicht um jemanden ging der nicht seine Ausweisdokumente abgegeben hat und der Vorfall der dem Entschluss hier zugrunde liegt ereignete sich auch nicht im Straßenverkehr.
Hier spielte sich der Vater jediglich auf als eine Zwangsmaßnahme bei der Tochter erfolgte.

Dass jene die ihre Ausweisdokumente samt Führerschein abgeben haben nicht Autofahren dürfen darum geht es in diesem Fall gar nicht und diese dürfen natürlich auch nicht am Straßenverkehr teilnehmen - einfach weil sie ihre Fahrerlaubnis zurückgegeben haben. Aber wenn jemand seinen Führerschein noch hat und sich an die StVO hält, dann sehe ich auch keinerlei Grund ihm für seine Ansichten den Führerschein zu entziehen - gelber Schein hin oder her.
Man kann jetzt natürlich deren zu erwartendes Verhalten gegenüber Polizei und Co aufführen aber ich denke hier muss man reagieren wenn es dann soweit ist. Sobald solche Leute anfangen den Straßenverkehr zu gefährden werden sie früher oder später an die Polizei geraten und dann ist der Führerschein auch mal weg besonders wenn sie sich entsprechend aufführen.
Hier "vorsorglich" bevor jemand überhaupt gegen die Regeln im Straßenverkehr verstößt den Führerschein zu entziehen halte ich für vermessen. Wir leben einfach in einem Rechtsstaat und müssen uns an dessen Regeln halten, auch wenn sie uns manchmal nicht gänzlich gefallen und ein Rechtsstaat wie in Deutschland schützt nunmal Andersdenkende vor Maßnahmen aufgrund ihrer Ansicht solange diese nicht gegen Gesetze verstoßen.
« Letzte Änderung: 28. Februar 2018, 14:59:27 von Schattendiplomat »
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